Start-ups, die Elektromotorräder herstellen, gibt es viele. Metorbike aus Hamburg sticht durch besonders originelles Design hervor – und durch Recycling. Die beiden Gründer Marvin Rau und Michael Szpitalny haben sich die 50er-Jahre-Mopeds aus den 70er-Jahren zum Vorbild genommen. Das Metorbike besticht durch viel Liebe zum Detail. Der Kunde kann sich sein Elektromotorrad individuell gestalten lassen.
Werbung
Drei Versionen
Das Metorbike ist optisch identisch und mit unterschiedlichen Leistungsstufen erhältlich. Es startet als „Classic 50“ und erreicht mit sieben kW Spitzenleistung knapp 50 km/h, bei einer Nennleistung von zwei kW. Alternativ ist es auch mit vier kW Nennleistung und neun kW Spitzenleistung erhältlich. Auch die Variante „70 Pro“ leistet maximal elf kW und kommt auf 70 km/h, und das „Max 100“ schafft bei gleicher Spitzenleistung 100 km/h. Demnach darf das Classic 50 bereits ab 15 Jahren mit einem Führerschein der Klasse AM gefahren werden. Es muss auch nie beim TÜV vorgeführt werden, lediglich jedes Jahr ist ein neues Versicherungskennzeichen nötig. Das 70 Pro und das Max 100 dürfen mit einem Führerschein der Klasse A1 bzw. B196 gefahren werden.
(Bild: Metorbike)
Zellen aus gebrauchten VW-Batterien
Für viele ist die Reichweite die entscheidende Frage und die hängt beim Metorbike davon ab, wie viel der Kunde bereit ist auszugeben. Serienmäßig ist ein 1,63 kWh Akku verbaut, dessen Zellen aus alten VW-Akkus stammen. Wie lange die Akkus in ihrem zweiten Leben halten, sei dahingestellt, aber das Thema Recycling wird hier sinnvoll angegangen. Der Akku befindet sich im runden Dummytank. Das Classic 50 soll eine Reichweite von 60 km haben, was den Einsatz auf urbane Gebiete beschränkt. Gegen Aufpreis gibt es einen 2,5 kWh Akku, der bis zu 100 km Reichweite bringen soll und die teuerste Variante mit 3,8 kWh soll bis zu 145 km Reichweite haben.
Metorbike gibt für die Classic 50 ein Leergewicht von 72 kg an, für die beiden anderen Modelle von 75 kg – das wäre extrem leicht. Der hochglanzpolierte Elektromotor zeigt scheinbar Kühlrippen, wie man sie früher auch bei luftgekühlten Verbrennungsmotoren fand. Der Antrieb des Metor erfolgt über eine Kette zum Hinterrad, das Ritzel ist gut sichtbar und wird von einer hübschen Aluminiumabdeckung geschützt. Der Stahlrahmen weist einen schwungvollen Schwung auf und lässt unterhalb der Tankattrappe ein großes Loch entstehen, das sich mit einem Beutel aus dem Zubehör befüllen lässt. Ein Zugeständnis an die Moderne ist der LED-Scheinwerfer, der in einem klassischen, runden Gehäuse untergebracht ist. Darauf befindet sich eine kleine Halterung, an der die für den schlüssellosen Start benötigte Chipkarte befestigt wird.
Hölzerner Hintern
Sehr markant ist das Heck mit dem kleinen Heck, welches aus Holz gefertigt ist und hinten ein kleines LED-Rücklicht eingelassen hat. Zur Auswahl stehen Eiche Natur, Eiche Räuchereiche und Mahagoni. An dieser Stelle wird deutlich, dass der Metor sehr auf Lifestyle ausgerichtet ist. Die Sitzpolster sind mit gestepptem Kunstleder in Braun oder Schwarz bezogen.
Wer möchte, kann das Heck sogar mit Leder verkleiden lassen. Alternativ kann der Käufer den Sitz auch ohne Heck oder als Doppelsitz für 299 Euro haben. Serienmäßig spendierten die Designer ihrem Elektrobike einen Stummellenker, wie er in den 1970er-Jahren oft an Mopeds verbaut war, für den der Fahrer allerdings weit nach unten greifen muss. Gegen Aufpreis kann der Kunde auch einen höheren Lenker ordern. In die elegante Gabelbrücke eingelassen ist das Instrument, mit dem der Pilot Informationen einholt. Die Schalteranordnung sitzt links am Lenker.
(Bild: Metorbike)
Zierliche Felgen
Überraschend modern, ein Zeichen dafür, dass trotz aller Retro-Designs auch gutes Handling klar im Vordergrund stand: eine zeitgemäße Upside-down-Gabel statt der damals üblichen konventionellen Teleskopgabel. Metorbike wählte eine konservative Felgenbreite von 3,5 Zoll, beide Drahtspeichenräder messen 18 Zoll. Zwei Federbeine streben an einer für moderne Verhältnisse dünnen Schwinge aus Rundrohren nach Komfort. Sie lassen sich in drei Positionen am Hinterrahmen fixieren, was auch Einfluss auf die Sitzhöhe hat, die zwischen 770 und 854 mm variiert.
Gebremst wird vorn über eine einzelne 260-mm-Bremsscheibe mit Zweikolben-Bremssattel, hinten misst die Bremsscheibe 210 mm. Beim Bremsen rekuperiert der Metor angeblich bis zu fünf Kilowatt in den Akku. Die Ladezeit gibt der Hersteller beim Classic 50 mit drei bis vier Stunden an. Beim 70 Pro dauert es an der 230-Volt-Steckdose neun Stunden oder mit einem optionalen Ladegerät gerade einmal drei Stunden. Der Max 100 benötigt zwölf beziehungsweise vier Stunden, um den Akku aufzuladen.
Kein billiger Spaß
Das umstrittenste Zubehör ist die von Metorbike selbst entwickelte Soundbox für 399 Euro. Manchen Motorradfahrern ist Sound zwar wichtig, doch Elektromotorräder geben meist nur ein uninspiriertes, hochfrequentes Brummen von sich. Die Soundbox in Form eines Zweitaktkrümmers mit einer kurzen, unter dem Motor hängenden Auspuffattrappe kann acht verschiedene Klänge von Verbrennern erzeugen, darunter ein V8, ein V12 und ein Zweitakter. Ein Luftstrom aus der Boxmembran soll sogar hinten austreten. Ganz neu ist die Idee nicht: Das Start-up 2Electron zeigte im Sommer die Emula, die verschiedene Verbrennungsmotoren nahezu perfekt simulieren können soll.
Günstig ist der Spaß allerdings nicht – die Classic 50 startet bei 6.990 Euro, die 70 Pro kostet 8.490 Euro, die Max 100 sogar 9.490 Euro. Die Preise lassen sich allerdings mit einer ganzen Reihe von Extras deutlich in die Höhe treiben. Wer ein Metor möchte, kann auf der Website des Herstellers sein Motorrad konfigurieren und eine Anfrage stellen. Über Lieferzeiten wird der Interessent zunächst nicht informiert. Als Alternative könnte man das aus Süddeutschland stammende und in Leistung und Stil ähnliche Black Tea in Betracht ziehen. Das Leichtkraftrad im Elektromoped-Stil war auf der IAA 2023 in modernisierter Form zu sehen.
Mehr Elektromotorräder
(fpi)