Peyman Jamshidi
Aktualisiert am 6. November 2025, 13:21 Uhr
Schauspieler Peyman Jamshidi nimmt an einer Pressekonferenz beim 43. Fajr Film Festival in Teheran teil. Ihm wird Vergewaltigung vorgeworfen.
© dpa/ISNA/Morteza Zangene
Eine junge Frau bezichtigt einen iranischen Filmstar der Vergewaltigung. Der Fall entfacht eine landesweite Debatte über Macht, Misstrauen und das Risiko, überhaupt zu sprechen.
Wer sexuelle Gewalt im Iran anprangert, muss mit Gegenwind rechnen. Vielleicht beschließt eine junge Frau deshalb zunächst, eine anonyme Anzeige zu erstatten, in der sie Pejman Jamshidi, einen der erfolgreichsten Schauspieler des Landes, sexuelle Übergriffe vorwirft.
Doch statt Empathie für das mutmaßliche Opfer zeigen viele Solidarität mit dem Promi. Von Rufmord, von Neid, von Verschwörung ist die Rede. Aber unter der Oberfläche brodelt es.
Pejman Jamshidi spricht von „Lügen und Erfindungen“
Der Fall beherrschte nach der vorläufigen Festnahme des TV-Stars zwei Wochen lang die Schlagzeilen. Welche Reaktion folgen würde, war zunächst unklar – bis die Investigativjournalistin Elaheh Mohammadi ein Interview mit der Klägerin und ihrer Mutter veröffentlichte. Darin berichtet die junge Frau von der mutmaßlichen Vergewaltigung in Jamshidis Wohnung. Und sie erklärt, dass ihr viel Geld angeboten wurde, wenn sie die Anzeige zurückzog. Als Jamshidi gegen Kaution freigelassen wird, verlässt er das Land, offiziell aus familiären Gründen.
In einem emotionalen Statement wandte sich der 48-Jährige schließlich an die Öffentlichkeit und wies die Vorwürfe entschieden zurück. Er spricht von „schmutzigen Verleumdungen“, von „Lügen und Erfindungen“, verteidigt seine Abreise und kündigt eine Rückkehr in den Iran an. Die Kinowelt reagiert gespalten. Die Regisseure bekundeten privat ihre Solidarität mit dem TV-Star, der ebenfalls ein ehemaliger Profifußballer war. „Er ist nicht ganz unschuldig“, sagt ein Filmemacher in Teheran. Aber er konnte sich eine Vergewaltigung nicht vorstellen.
Vorsichtige MeToo-Bewegung im Iran
Der Fall ist Teil einer globalen Debatte, die mit dem Fall Harvey Weinstein im Herbst 2017 begann und seitdem die Macht- und Schweigestrukturen in vielen Ländern in Frage stellt. Auch im Iran gibt es seit einigen Jahren eine vorsichtige MeToo-Bewegung. Doch der öffentliche Umgang mit sexueller Gewalt ist von Misstrauen, Tabus und rechtlichen Hürden geprägt.
Doch seit den bundesweiten Protesten unter dem Motto „Frau, Leben, Freiheit“ vor drei Jahren hat sich etwas verändert. Seitdem werden Frauenrechte offener verhandelt – auch wenn die Reaktionen ambivalent bleiben.
Psychologin: Frauen haben im Iran eher einen „Ruf zu verlieren“.
Eine Psychologin aus der Hauptstadt Teheran, die ihren Namen nicht nennen will, sieht in der Behandlung des Falles ein Muster vergangener Debatten. „Der missbräuchliche Mann wird so dargestellt, als wäre er das wahre Opfer – jemand, der durch den Neid und die Intrigen seiner Rivalen oder durch weibliche Verführung zu Fall gebracht wurde“, erklärt sie. In der iranischen Gesellschaft sei es vielmehr so, dass Frauen einen „Ruf zu verlieren“ hätten. Im Zuge der Frauenbewegung wird Ungleichheit viel offener diskutiert.
„Die Bekämpfung des Zerbrechens von Idolen ist keineswegs auf patriarchalische Gesellschaften oder Länder wie den Iran beschränkt“, sagt sie. „Die Zerschlagung dieser Idole zerstört tatsächlich die gemeinsame Welt, die zwischen ihren Anhängern existiert.“ Jamshidis Fans hingegen sprechen von Rufmord und sehen den Schauspieler als Opfer einer Kampagne.
Kläger meldet sich zu Wort: „Verteidige mein Recht bis zum Ende“
Nur wenige Prominente unterstützen den Kläger. Eine von ihnen ist die Schauspielerin Mariam Chodarahmi. „In einer frauenfeindlichen Gesellschaft gilt das Sprechen über Schmerzen als Verbrechen“, schrieb sie in einer Instagram-Story. „Schweigen“, fügt sie hinzu, sei der „einzig sichere Weg“. Auch die staatlichen Behörden setzen Grenzen: Kurz nach Veröffentlichung des Interviews wurde die Website der Zeitung „Hammihan“, für die Mohammadi arbeitet, gesperrt.
Nun meldete sich die Schauspielerin zu Wort – ausgelöst durch Posts, die Jamshidis Schwester in den sozialen Medien verbreitet hatte. Sie verteidigt ihren Bruder seit Tagen.
„Ich möchte nicht, dass das Leben eines Mädchens oder einer Frau durch ähnliche Erfahrungen bedroht wird“, schrieb die 20-jährige Klägerin Melika Parsadust auf Instagram, wie iranische Medien berichteten. „Deshalb werde ich meine Rechte bis zum Ende verteidigen – nicht aus Rachsucht, sondern damit ein solches Verhalten nicht zur Regel wird und andere nicht gezwungen werden, Ähnliches zu ertragen.“
Eine weitere Iranerin erhebt Vorwürfe gegen Jamshidi
Wann Jamshidi in den Iran zurückkehren wird, ist noch nicht bekannt. Unterdessen hat eine andere in Frankreich lebende Iranerin Vorwürfe gegen den Superstar erhoben. Auch zu einem möglichen Prozess gibt es noch keine Details.
Redaktionelle Empfehlungen
Im Extremfall sieht das islamische Recht im Iran sogar die Todesstrafe für Vergewaltiger vor – allerdings kann das Opfer dem Angeklagten im Falle einer Verurteilung auch vergeben. Das Land freut sich nun auf die Justiz. Und auf die Frage, ob Anklage erhoben wird. (dpa/bearbeitet von ari)
Hilfsangebote
- Wenn Sie von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Hotline „Gewalt gegen Frauen“ (116 016 oder online), die Hotline „Gewalt gegen Männer“ (0800/1239900 oder online), die Hotline „Sexueller Missbrauch“ (0800/225 5530) und in Österreich an die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar, 01/3340). 437) und in der Schweiz zur Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana, 031/3131 400)
- Wenn Sie sexuelle Gewalt gegen Dritte vermuten oder davon wissen, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
- Wenn Sie bei sich oder anderen pädophile Tendenzen bemerken, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“.
- Eine Übersicht über Anlaufstellen für verschiedene Krisensituationen finden Sie hier.
