A Als ein Messerstecher am 29. Juli in Southport, England, drei kleine Mädchen abschlachtete, war das Narrativ des rechten Täters schnell zur Hand: Der am Tatort festgenommene Täter war ein Muslim, ein illegaler Einwanderer, eine Summe von allem, was die britische Rechte zu bieten hatte. Flügelextremismus wird als Feindbild fortgeführt. Der Hassmob griff umgehend die Southport-Moschee an, und einige Tage lang fegten rechtsextremistisch inspirierte Aufmärsche und Pogrome über das halbe Land.
Der Täter sei Brite gewesen, sagte die Polizei damals – eine Halbwahrheit, wie klar wurde, als ein Richter aufgrund des öffentlichen Interesses die Aufhebung seiner Anonymität anordnete: Axel Rudakubana, 17 Jahre alt, aus einer legalen Einwandererfamilie aus Ruanda und aufgewachsen als Christ. Ein Migrant also, aber ansonsten stimmte das rechte Täternarrativ immer noch nicht; es wurden Fake News von rechten Influencern zugeschrieben.
Drei Monate später geschah Folgendes: Bei der Durchsuchung der Wohnung des Täters und der Auswertung seiner elektronischen Geräte wurde laut einer Mitteilung der Greater Liverpool Police vom Dienstag eine Studie mit dem Titel „Militärstudien im Dschihad gegen die …“ durchgeführt Tyrannen: Das Al-Qaida-Trainingshandbuch“ wurde ebenso entdeckt wie Ricin, ein äußerst gefährliches verbotenes Gift, das mehrfach von islamistischen Terroristen, auch in Deutschland, eingesetzt wurde.
Irreführung der Öffentlichkeit
Rudakubana wird nun nicht nur wegen dreifachen Mordes, zehnfachen versuchten Mordes und des Besitzes eines verbotenen Messers angeklagt, sondern auch wegen des Besitzes verbotener biologischer Arbeitsstoffe und des Besitzes von Informationen, die zur Durchführung oder Vorbereitung eines Terrorakts verwendet werden könnten.
Die Messermorde selbst gelten nicht als terroristische Tat, da das dafür erforderliche ideologische Motiv noch nicht bewiesen ist – aber dass aus dem jungen Christen ruandischer Herkunft plötzlich ein gewalttätiger Islamist wird und zwei Terroranklagen gegen ihn erhoben werden, ist ein kommunikatives und kommunikatives Argument politisches Desaster.
„Vielleicht hatte ich die ganze Zeit recht“, sinnierte der rechtspopulistische Führer Nigel Farage am Dienstagabend in einem kurzen Video, das bis Mittwochmittag bereits 2,5 Millionen Mal auf X gesehen wurde. Führende konservative Politiker erheben schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Ihr wird vorgeworfen, die Öffentlichkeit irregeführt zu haben: Die Hausdurchsuchung habe nur wenige Tage nach den Morden stattgefunden und sei laut gewesen Täglicher TelegraphH Der Regierung ist der Terrorverdacht seit Wochen bekannt.
Das alles ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich Ende Juli und Anfang August gegen den rechten Mob gewehrt, Muslime verteidigt und sich den gezielten Falschinformationen von rechts widersetzt haben – und nun vorgeworfen werden müssen, dass sie es getan haben auf falsche Informationen oder zumindest Halbwahrheiten hereingefallen sind.
Rudakabana hörte per Videolink zu
Und für Labour-Premierminister Keir Starmer, der erst seit dem 5. Juli im Amt ist, geht das letzte, noch positive Kapitel seiner kurzen Amtszeit zu Ende. Die harte Sparpolitik und anhaltende Affären zur persönlichen Bereicherung haben bereits dazu geführt, dass die Beliebtheitswerte des Premierministers schneller eingebrochen sind als die aller seiner Vorgänger. Das entschiedene Vorgehen gegen die rechten Randalierer im August war bislang ein Pluspunkt.
Doch wenn selbst unpolitische Anhänger der Randalierer in einem Schnellverfahren von wenigen Wochen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden – warum werden dann die Hintergründe des Southport-Täters monatelang verschwiegen?
Das Verfahren gegen ihn wurde an diesem Mittwoch eröffnet – die Hauptverhandlung wird erst 2025 stattfinden. Der heute 18-jährige Rudakabana hörte der Verlesung der Anklage per Videoschalte aus der Untersuchungshaft zu und schwieg. Es seien Notfallpläne ausgearbeitet worden, „damit die Bekanntgabe neuer Anklagen gegen Rudakubana nicht zu einer Wiederholung der Unruhen nach dem Anschlag im Juli führt“, heißt es TimEs unter Berufung auf „Quellen im Innenministerium“.
Heute ist Halloween, gefolgt von der traditionellen Feuerwerksnacht am 5. November. In diesem Jahr sorgt die Polizei selbst für den Treibstoff.