Nach Kritik an seiner „Stadtbild“-Aussage sagt Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), er wolle das distanzieren sich stärker von der AfD. „Wir werden die Unterschiede zwischen uns und der AfD viel deutlicher hervorheben“, sagte Merz gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Forderungen, die sogenannte Firewall-Strategie, also ein striktes Nein zur Zusammenarbeit mit der AfD, zu überdenken, lehnte er ab.
Der CDU-Chef sagte: Das falsche Narrativ wurzelt in der öffentlichen WahrnehmungMit der AfD könnte man alles erreichen, wenn man diese Mauer einreißt. „Dieses Narrativ ist falsch“, sagte Merz.
Die AfD hinterfragt die Bundesrepublik Deutschland, wie sie seit Adenauer geprägt wurde und wie sie die CDU mitgeprägt hat.
Kanzler Friedrich Merz (CDU)
Die AfD stellt nicht nur die Politik der Altkanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel in Frage. „Die AfD hinterfragt die Bundesrepublik Deutschland, wie sie seit Adenauer geprägt wurde und wie sie die CDU mitgeprägt hat“, sagte Merz. Die „ausgestreckte Hand“ der AfD wolle eigentlich „uns zerstören, das sagen sie selbst“, sagte er und fügte hinzu, dass dies der Grund sei Die AfD werde in den nächsten Wahlkämpfen der „Hauptgegner“ sein.
Gleichzeitig verteidigte Merz erneut die Tatsache, dass im Januar ein Vorschlag der damaligen oppositionellen Unionsfraktion zur Migrationspolitik mit den Stimmen der AfD vom Bundestag angenommen worden sei. „Wenn wir denken, dass etwas richtig ist, dürfen wir nicht in eine Abhängigkeit von der AfD geraten“, sagte er.
Merz, der vor seiner Wahl angekündigt hatte, die AfD „halbieren“ zu wollen, machte die Vorgängerregierungen für den Aufstieg der Partei verantwortlicheinschließlich Merkel. „Im Jahr 2015 wurden Entscheidungen getroffen, die dazu beigetragen haben, dass die AfD 2017 in den Bundestag einzog“, sagte er in Anspielung auf Merkels Flüchtlingspolitik. Mit Blick auf die Ampelregierung sagte er: „In den Jahren nach 2021 wurden Entscheidungen getroffen, die wesentlich zur Verdoppelung dieser Partei innerhalb einer Wahlperiode beigetragen haben.“
Neben Merz haben sich auch andere führende Unionspolitiker dafür ausgesprochen, die „Firewall“ für die AfD aufrechtzuerhalten. CDU-Vizechef Karl-Josef Laumann bezeichnete die rechtsextreme Partei in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe als „Nazi-Partei“. Ihre „Inhalte und Positionen“ seien „unvereinbar (…) mit den Werten der Christdemokratie und damit auch der CDU“. CSU-Generalsekretär Martin Huber Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte er, dass für seine Partei „jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen“ sei.
„Die AfD ist eine Gefahr für Deutschland“, fügte Huber im Interview mit dem RND hinzu. Die Partei sei „von Kreml-Dienern geprägt“ und wolle „aus der Nato, raus aus der EU, raus aus dem Euro“. Die „Entwicklungen in anderen europäischen Ländern“ hätten „immer gezeigt, dass dort, wo Christdemokraten mit rechtsextremen Parteien kooperiert haben, die Christdemokraten am Ende verschwunden sind.“ Die CSU werde daher weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit der AfD „auf allen Ebenen“ verzichten.
Kritik nach Stadtbild-Bemerkung
Den Äußerungen zur stärkeren Distanzierung von der AfD machte Merz nach Äußerungen zur Migration im Stadtbild lösten beim Koalitionspartner SPD sichtbare Irritationen aus hatte.
Bei einem Termin in Potsdam am Dienstag wurde die Kanzlerin von einem Reporter zum Aufstieg der AfD befragt. Anschließend sagte er unter anderem, dass bisherige Versäumnisse in der Migrationspolitik nun behoben würden und Fortschritte erzielt würden. „Aber natürlich haben wir immer noch dieses Problem im Stadtbild, und deshalb ist der Bundesinnenminister jetzt dabei, Rückführungen in sehr großem Umfang zu ermöglichen und durchzuführen.“
„Migration ist nicht erlaubt verkürzte oder populistische Schnellschüsse stigmatisiert werden – das spaltet die Gesellschaft noch mehr und führt am Ende dazu, den Falschen zu helfen, anstatt Lösungen zu fördern“, erklärte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD). Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) beschreibt dies Merz‘ Aussage als „sehr, sehr, sehr kurz“. Vor allem im Handel und Gewerbe sind viele Menschen mit Migrationshintergrund erwerbstätig. „Ein attraktives Stadtbild bedeutet, dass wir ein buntes Stadtbild haben.“
Scharfe Kritik von Linken und Grünen
Linke und Grüne hatten CDU-Chef Merz und einen scharf kritisiert Entschuldigung gefordert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer unterstützte seinen Parteikollegen hingegen. In der „Top-Diskussion“ im „Spiegel“ sagte Kretschmer, es gehe nicht um Einwanderung an sich, sondern um das Festhalten an gemeinsamen Werten.
Mehrere Dutzend Grünen-Politiker gingen auf einen Schlag zu Merz offener Brief scharf. „Ihre Aussage ist rassistisch, diskriminierend, verletzend und unanständig“, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag. Sie steht für eins Sprache der Ausgrenzung führt zu Gewalt.
Auch der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl reagierte empörtKarl Kopp. Merz stärke die Rechtsextremisten „mit übelwollenden Sprüchen“. „Als Kanzler eines Einwanderungslandes ist das unentschuldbar. Merz‘ Welt bzw. ‚Straßenbild‘ scheint in den 1970er Jahren gedanklich irgendwo im Sauerland stehen geblieben zu sein – die sichtbare Flucht – und die Einwanderungsgesellschaft im ‚Stadtbild‘ ist für ihn offensichtlich ein Problem.“ (epd/dpa)