Stand: 23.09.2024 12:10
Der deutsche Handball-Rekordmeister THW Kiel hat mit dem überzeugenden Sieg über Titelverteidiger SC Magdeburg gezeigt, was in dieser Saison möglich ist. Mit den beiden Punkten wurde die Auftaktniederlage gegen die Rhein-Neckar Löwen wettgemacht – die „Zebras“ sind im Titelrennen wieder voll in der Spur.
Wenige Minuten nachdem die Spieler des THW Kiel ihren Sieg über Meister SC Magdeburg mit einem Freudentanz gefeiert hatten, ernteten sie Komplimente – sowohl vom eigenen Trainer als auch von der gegnerischen Mannschaft. „Der THW ist ein absolut verdienter Sieger! In der ersten Halbzeit waren wir zumindest in Schlagdistanz. Nach dem Seitenwechsel haben wir allerdings nur noch neun Tore geschossen. Daher kann ich mit dem 24:29 noch sehr gut leben“, sagte SCM-Trainer Bennet Wiegert in der Pressekonferenz.
Tatsächlich hatten die „Zebras“ im von allen anderen Clubs der Handball-Bundesliga (HBL) wegen seiner extremen Atmosphäre gefürchteten Heimstadion des Deutschen Meisters eine herausragende Figur gemacht. Kiel hatte ruhig gespielt, und das schon lange vor dem Abpfiff.
Nach dem 3:0-Lauf zum 28:20 (54. Minute) war von den 6600 Zuschauern in der ausverkauften Arena nichts mehr zu hören. Nur ein paar Dutzend schwarz-weiß gekleidete Menschen unter dem Dach sangen und jubelten ihren THW-Spielern zu.
„Wir wollten Magdeburg ein bisschen ärgern – das ist uns gelungen.“
THW-Trainer Filip Jicha
„Wir sind mit einem klaren Plan angereist“, sagte Kiels Trainer Filip Jicha im ARD-Interview. „Ich freue mich, dass alles geklappt hat und meine Spieler sich belohnen konnten. Sie wussten genau, was wir machen wollten. Wir wollten Magdeburg ein bisschen ärgern – und das ist uns gelungen.“
Seine Spieler hatten den Gegnern auf dem Platz und dem Publikum nichts entgegenzusetzen. Sie ließen sich nicht zu überstürzten Aktionen hinreißen, die einen riesigen, fast überwältigenden Andrang hätten erzeugen können. Die Kieler spielten mit kühlem Kopf und warmem Herzen.
Weitere Informationen
Das Rückzugsverhalten der Norddeutschen war ebenso überragend wie ihre Bereitschaft, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Kurz vor Schluss, als die Partie de facto schon entschieden war, sprang der 36 Jahre alte kroatische Spielmacher Domagoj Duvnjak einem über das Feld rollenden Ball hinterher, als könne die nächste Aktion über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Wolff in der THW-Abwehr überragend, Madsen vorne
Und hinter einer extrem kompakten Defensive war Rückkehrer Andreas Wolff (14 Paraden) die Stütze, die dem Team in der vergangenen Saison zu oft gefehlt hatte. Hinten wie vorne hat einfach alles gepasst. Im Angriff bewies der 23-jährige, aber extrem druckvolle Däne Emil Madsen mit neun Toren einmal mehr, dass er ein Top-Transfer für den Rekordmeister ist.
„Die Schlagkraft im Angriff und in der Defensive war heute sehr gut. Wir standen wie ein Mann“, sagte Jicha. „Auch die mentale Ebene war wichtig. Wir wollten Magdeburg ein wenig zum Nachdenken bringen.“ Auch das ist gelungen.
Magdeburg zuvor mit 28 Heimsiegen in Folge
Seit dem 19. November 2022 hatte Magdeburg in der Liga zu Hause nicht mehr verloren und dabei 28 Spiele in Folge gewonnen. Am Sonntagabend dann reisten Wolff und seine noch immer von Verletzungen dezimierten Kieler an. „Wenn alle gesund sind, ist mit dieser Mannschaft noch viel mehr möglich“, sagte der Nationaltorhüter. Nach der ersten titellosen Saison seit sechs Jahren dürften die „Zebras“ diesmal im Kampf um die Meisterschaft ein Wort mitreden.
„In der zweiten Halbzeit haben wir ein unglaubliches Bollwerk aufgebaut.“
THW-Abwehrchef Hendrik Pekeler
Abwehrchef Hendrik Pekeler war voll des Lobes für die Mannschaft. „Wir haben als Mannschaft ein unglaublich starkes Spiel gemacht. Andi hat sensationell gehalten und ich fand, dass wir in der ersten Halbzeit besser waren, als es der eine Tor-Vorsprung vermuten lässt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann ein unglaubliches Bollwerk aufgebaut, so dass Magdeburg keine Lösung mehr gegen unsere Defensive fand. Der SCM hat vieles probiert, aber wir haben sie immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt“, wurde der Kreisläufer auf der THW-Homepage zitiert.
Weitere Informationen
Auch Patrick Wiencek lobte das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft. „Die Abwehr war überragend“, sagte er der ARD. „Und der Andi ist ein ganz besonderer Torwart. Er hat die Bälle gehalten, die er halten sollte. Und dann hat er noch ein paar unhaltbare gehalten – das gibt uns einen Riesenschub“, sagte Wiencek, der auch Kiels Vorteile in der Vorbereitung auf das Spitzenspiel nicht verheimlichte.
Zehn Tage Zeit hatte der THW, sich auf diese Partie vorzubereiten. Magdeburg hingegen spielte am vergangenen Donnerstag in der Champions League beim norwegischen Meister Kolstad HB (33:25).
THW empfängt am Donnerstag die MT Melsungen
So großartig der Erfolg in Magdeburg auch war, Grund zu allzu euphorischer Stimmung gab es weder für Jicha noch für Wolff. Die beiden sind sich in dieser Hinsicht sehr ähnlich. Seine eigene Leistung beurteilte der deutsche Nationaltorhüter sehr zurückhaltend: „Dank einer guten Defensive war es meiner Meinung nach eine passable Leistung. Es gibt sicher noch ein paar Verbesserungsmöglichkeiten, aber darauf können wir aufbauen.“
Und auch Jicha wirkte nach dem Spiel in Magdeburg etwas überrascht, als er gefragt wurde, ob sich seine Spieler auf eine Belohnung freuen dürften. „Klar, sie können morgen gut gelaunt zum Training kommen“, sagte der Tscheche und grinste.
Am Donnerstag (19 Uhr) gastiert der Tabellendritte MT Melsungen in Kiel. Der THW geht mit 4:2 Punkten in den vierten Spieltag – nach dem Nach der Auftaktniederlage bei den Rhein-Neckar Löwen sind die „Zebras“ durch den Sieg beim SCM wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt.
Weitere Informationen