Mehrheitseigentümer ergreift Maßnahmen
MFE ernennt neue Mitglieder des gesamten ProSiebenSat.1-Vorstands
21. Oktober 2025, 16:03 Uhr
Der italienische Medienkonzern MFE löst als neuer Mehrheitseigentümer die Geschäftsführung der TV-Sendergruppe ProSiebenSat.1 ab. CEO Habets und CFO Mildner müssen gehen. Das könnte teuer werden. Der neue CEO kommt von der italienischen Holding.
Als neuer Eigentümer von ProSiebenSat.1 erneuert der italienische Medienkonzern MFE die Führungsmannschaft des deutschen Fernsehsenders komplett. Der bisherige MFE-Finanzvorstand Marco Giordani übernimmt mit sofortiger Wirkung den Vorstandsvorsitz von Bert Habets, wie das Unternehmen aus Unterföhring bei München zu den Beschlüssen des Aufsichtsrats mitteilte.
Der 63-jährige Giordani ist seit 2000 CFO von MFEMediaForEurope und gilt als rechte Hand von MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi. Habets, Finanzvorstand Martin Mildner und ProSiebenSat.1-Vorstand Markus Breitenecker, der für das operative Geschäft verantwortlich ist, verlassen den TV-Konzern alle mit sofortiger Wirkung – jeweils im gegenseitigen Einvernehmen, wie es hieß. Neuer CFO wird vorübergehend der Restrukturierungsexperte Bob Rajan.
Die MFE-Holding der Familie des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hält nach ihrem Übernahmeangebot gut 75 Prozent an der bayerischen Senderkette. Die Italiener hatten zuletzt dafür gesorgt, dass ihre Vertreter eine Mehrheit im Aufsichtsrat erhielten. Es war in der Branche kein Geheimnis, dass MFE früher oder später die Führungsspitze wechseln würde, um sich durchsetzen zu können.
Dieser Schritt dürfte nun teuer werden. Mildners Vertrag wurde erst Anfang September um weitere drei Jahre bis Mai 2029 verlängert. Im April verlängerte der Konzern den Vertrag von Habets bis Oktober 2028. Der Niederländer und ehemalige RTL-Chef Habets soll seinen Nachfolger Giordani bei ProSiebenSat.1 bis Jahresende beraten, „insbesondere um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten“.
„Unternehmensrentabilität steigern“
Das neue Management dürfte daran arbeiten, die hohe Verschuldung abzubauen und weitere Randaktivitäten zu verkaufen – etwa den Online-Kosmetikanbieter Flaconi und die Dating-Sparte ParshipMeet Group. Gleichzeitig sorgt der Gegenwind durch die Konjunkturschwäche dafür, dass das Werbegeschäft weiterhin schwach bleibt. ProSiebenSat.1 hat im vergangenen Monat seine Gewinn- und Umsatzziele für 2025 gesenkt und erwartet einen Rückgang der Entertainment-Werbeeinnahmen im mittleren einstelligen Prozentbereich im Vergleich zum Vorjahr.
Sanierungsexperte Rajan solle „in erster Linie den Sanierungsprozess vorantreiben und die Profitabilität des Unternehmens steigern“, sagte ProSiebenSat.1. In der Branche hieß es, der Experte von Alvarez & Marsal, einem auf Restrukturierungen spezialisierten Unternehmensberater, werde „Aufräumarbeiten“ durchführen. Aufsichtsratsvorsitzende Maria Kyriacou sagte, Rajan werde einen wichtigen Beitrag leisten, „damit sich ProSiebenSat.1 künftig wieder voll auf Wachstum konzentrieren kann.“ Ob es zu einem weiteren Stellenabbau kommt, bleibt unklar. Rund 800 Vollzeitstellen gingen bei ProSiebenSat.1 in den letzten Jahren verloren.
An der Börse notierten die ProSiebenSat.1-Aktien am Nachmittag gut zwei Prozent im Minus bei 5,45 Euro. Ende August notierte das Papier noch bei rund 8,40 Euro – im April 2021 sogar bei über 18 Euro. Giordani bleibt laut MFE vorerst Finanzchef des italienischen Unternehmens. Es würden aber auch weitere mögliche Änderungen in der Organisationsstruktur geprüft. Unterdessen wird Breiteneckers Vorstandsposten bei ProSiebenSat.1 nicht neu besetzt. Der gebürtige Wiener war rund 30 Jahre bei der Gruppe und baute ProSiebenSat.1 in Österreich auf.