Die geplante Apothekenreform nimmt Gestalt an. Gesundheitsminister Warken will die Rolle der Apotheken in der Gesundheitsversorgung stärken und ihr Angebot erweitern. Doch die Pläne stoßen sowohl bei Ärzten als auch bei Apothekern auf Kritik.
Nach den Plänen von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sollen Kunden in Apotheken künftig eine größere Auswahl finden können. Das Ministerium hat nun zwei Entwürfe zur regierungsinternen Abstimmung vorgelegt. Sie sehen vor, dass es in Apotheken künftig mehr Dienstleistungen geben soll – von Impfungen über Vorsorge bis hin zu anderen Medikamenten, auch ohne ärztliche Verschreibung. Auch bei den Öffnungszeiten und den Betriebsanforderungen der Filialen wird es mehr Flexibilität geben.
Impfungen in Apotheken geplant
Vor allem das Leistungsangebot der Apotheken für Patienten soll erweitert werden. Unter anderem sollen Apotheken neue Services zur Prävention und Früherkennung anbieten können – etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Rauchen. Neben Impfungen gegen Grippe und Corona sollen auch alle Impfungen mit Totimpfstoffen möglich sein – etwa gegen Tetanus oder durch Zecken übertragene Virusinfektionen (FSME).
Wie bei Corona-Tests während der Pandemie sollen Patienten auf Selbstzahlerbasis Schnelltests auf bestimmte Erreger erhalten können – etwa auf Influenza, Noroviren oder Rotaviren. Dadurch sollen Infektionsketten schneller unterbrochen werden.
In bestimmten Fällen soll es Apotheken auch möglich sein, verschreibungspflichtige Medikamente abzugeben, ohne dass ansonsten eine ärztliche Verschreibung erforderlich ist. Dies dürfte einerseits funktionieren, wenn Patienten ein bekanntes Langzeitmedikament einnehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen soll dann die einmalige Lieferung der kleinsten Packung erlaubt sein. Dies gilt auch für „akute, unkomplizierte Formen bestimmter Krankheiten“, und es sollte einen Katalog dieser Krankheiten geben. Die Patienten müssten die Medikamente selbst bezahlen. Und Apotheken könnten ihnen für den Aufwand bis zu fünf Euro pro Medikament in Rechnung stellen.
Weiterbildung zum PTA
Es gibt weitere Pläne, die Apotheken insgesamt zu stärken. Durch den Wegfall bestimmter Auflagen soll die Gründung von Filialapotheken erleichtert werden. Für abgelegene Regionen mit deutlich eingeschränkter Versorgung sollten Anreize für mehr Standorte geschaffen werden.
Auch für Pharmazeutische Technische Assistenten (PTA) gibt es Änderungen. Unter der Aufsicht des Apothekers beraten sie Kunden und geben Medikamente ab. Sie sollen künftig mehr Verantwortung übernehmen können. Es ist geplant, dass sie sich mit einer zweijährigen Weiterbildung zur kommissarischen Vertretung der Apothekenleitung qualifizieren können. Dies soll grundsätzlich an bis zu 20 Tagen im Jahr und maximal zehn Öffnungstagen hintereinander möglich sein.
Die Ampel-Koalition hatte bereits eine Apothekenreform geplant, konnte diese jedoch nicht mehr umsetzen. Die Eckpunkte der geplanten Maßnahmen hatte Warken bereits beim Apothekertag im September vorgestellt. Zu einem Zeitplan, wann die aktuellen Maßnahmen von Bundesregierung und Bundestag beschlossen werden sollen, wollte sich das Ministerium auf Anfrage nicht äußern.
Verband der Hausärzte spricht vom falschen Weg
Der Hauptgeschäftsführer des Hausärzteverbandes, Markus Beier, kritisierte das Vorhaben. Er sprach gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe von einem „fehlgeleiteten Weg“. Dies wird weder die Versorgung verbessern noch die Hausarztpraxen entlasten. Vielmehr werde die Reform die Patientensicherheit gefährden und „für noch mehr Chaos in unserem ohnehin schon überkomplexen Gesundheitssystem sorgen“, erklärte Beier.
Gerade bei verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Antibiotika müsse Sorgfalt und Sicherheit im Vordergrund stehen, sagt Beier. Ob eine Erkrankung unkompliziert ist oder nicht, kann nur durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt werden. „Wer so krank ist, dass er ein verschreibungspflichtiges Medikament braucht, muss auch zum Arzt gehen!“
Unverständnis Apothekerverband
Kritik gab es auch von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). ABDA-Präsident Thomas Preis betonte die schwierige Situation für Apotheken: In den vergangenen zehn Jahren mussten rund 20 Prozent aller Apotheken schließen. Dadurch würden die Wege für Patienten immer länger. „Trotz aller Warnungen vor dieser dramatischen Entwicklung hat das Bundesgesundheitsministerium keine wirksame wirtschaftliche Stärkung der Apotheken in seine Apothekenreformpläne aufgenommen.“
Auch Preis reagierte mit großem Unverständnis auf die geplante Weiterqualifizierung der PTA: „Dadurch wird die flächendeckende Versorgung in Apotheken gefährdet.“ Durch die Änderung müssten sich Patienten darauf einstellen, dass „nicht alle Leistungen sofort angeboten werden und nicht alle Arzneimittelfragen sofort beantwortet werden können“.
Mit Informationen von Jan Zimmermann, ARD-Hauptstadtstudio