Seit einem Jahr erleichtert das neue Selbstbestimmungsgesetz Menschen die Änderung ihres Geschlechts. Daran gibt es immer wieder Kritik. Das Statistische Bundesamt hat nun neue Zahlen veröffentlicht.
Seit fast einem Jahr ist es möglich, den Geschlechtseintrag im Reisepass durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern. Zum 1. November 2024 löste das Selbstbestimmungsgesetz das sogenannte Transsexuellengesetz ab.
Bisher mussten Menschen, die ihr Geschlecht ändern wollten, zwei psychiatrische Gutachten einholen und auf eine gerichtliche Entscheidung warten. Dies war mit hohen Kosten und intimen Fragen, beispielsweise zum Masturbationsverhalten, verbunden.
Viele Transgender haben auf das neue Selbstbestimmungsgesetz gewartet, wie vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamtes nun zeigen. Seit dem 1. November letzten Jahres wurde bei 22.049 Personen der Geschlechtseintrag geändert.
Nach eigenen Angaben hat das Statistische Bundesamt aufgrund verstärkter Presseanfragen, darunter eine aktuelle, die vorläufigen Zahlen für die Monate Januar bis Juli 2025 veröffentlicht ARDveröffentlicht. Sie liegen deutlich höher, als das zuständige Bundesfamilienministerium bisher angenommen hat.
An ARDDas Ministerium sagt: „Die Bundesregierung geht weiterhin davon aus, dass die in der Begründung des Selbstbestimmungsgesetzes genannte Zahl von etwa durchschnittlich 4.000 Anträgen pro Jahr eine realistische Schätzung ist.“ Tatsächlich haben allein im Jahr 2025 bereits 12.056 Menschen die Möglichkeit zur Änderung ihres Geschlechtseintrags genutzt, wie Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen.
Selbstbestimmungsgesetz steht in der Kritik
Gegner der Neuregelung kritisierten im Gesetzgebungsverfahren, dass die Änderung der Geschlechtseintragung zu einfach gemacht werde. Der Fall der Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebich, deren Geschlecht im Januar von männlich auf weiblich geändert wurde, befeuerte die Debatte zusätzlich. Unter anderem bemerkte Innenminister Alexander Dobrindt, Liebich missbrauche das neue Selbstbestimmungsgesetz und forderte eine Anpassung der Regelung.
Befürworter des Gesetzes weisen immer wieder darauf hin, dass die Änderung der Geschlechtsregistrierung nach dem alten Transsexuellengesetz entwürdigend sei. Dies ist einer der Gründe, warum viele Menschen auf die neuen Regelungen gewartet haben. Das spiegelt sich auch in der Statistik wider: Im November 2024 nutzten 7.057 Menschen die Möglichkeit und im Dezember 2.936. Im Juli 2025 waren es noch 1.244. Seit der Gesetzesänderung sind die Zahlen stetig zurückgegangen.
Vergleichbarkeit kaum gegeben
Von Januar bis Oktober 2024 haben nur 596 Personen ihren Geschlechtsdatensatz geändert. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass das Transsexuellengesetz ersetzt werden würde. Ein Vergleich mit früheren Daten ist schwierig. „Erstmals für das Kalenderjahr 2024 können in der Bevölkerungsstatistik Daten zu Veränderungen der Geschlechtseinträge im Geburtenregister ausgewiesen werden“, heißt es beim Statistischen Bundesamt.
Die Daten für das Jahr 2024 geben auch Aufschluss darüber, wer die Möglichkeit zur Geschlechtsumwandlung nutzt. Von Frau zu Mann waren es 4.778 Personen, von Mann zu Frau 3.467, von Frau zu Divers oder ohne Angaben 1.630 und von Mann zu Divers oder ohne Angaben 691 Personen. Von den 10.556 Personen, die im Jahr 2024 ihr Geschlecht wechselten, hatten gut 60 Prozent zuvor weiblich in ihrem Geschlechtseintrag angegeben.

