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Medikamentenpreisdruck: Welcher Pharmariese wird als nächstes Trumps bittere Pille schlucken?

Medikamentenpreisdruck: Welcher Pharmariese wird als nächstes Trumps bittere Pille schlucken?

Preisdruck bei Medikamenten


Welcher Pharmariese wird als nächstes Trumps bittere Pille schlucken?

Von Juliane Kipper

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Nach einem erfolglosen ersten Versuch hat US-Präsident Trump einen Sieg im Kampf gegen teure Medikamente errungen. Pfizer senkt seine Preise und investiert in den USA. Im Gegenzug sichert sich der Konzern einen Aufschub von drohenden Zöllen. Weitere Unternehmen dürften folgen.

In seiner ersten Amtszeit versuchte Donald Trump erfolglos, die Arzneimittelpreise zu senken. Nun kann der US-Präsident seinen ersten Triumph vermelden: Ende September verkündete er eine Einigung mit dem Pharmakonzern Pfizer über niedrigere Preise für mehrere Medikamente in den USA. Gleichzeitig will das Weiße Haus eine Direktvertriebsplattform für Patienten starten. Amerikaner können Medikamente direkt über die neue Website namens „TrumpRx“ kaufen.

Pfizer 21.20

Der US-Präsident sieht sein Land aufgrund der hohen Preise im Nachteil. In den USA gibt es keine zentralstaatliche Preisregulierung, die für alle Medikamente gilt. Die Pharmaindustrie spielt bei der Festlegung der Kosten eines Arzneimittels die größte Rolle – der Einfluss der Regierung ist begrenzt. Dies führt zu teilweise extrem hohen Preisen – im Vergleich zu anderen Ländern sind viele Medikamente in den USA deutlich teurer.

„Wir werden die Arzneimittelpreise um 100 Prozent, in einigen Fällen um 300 Prozent oder mehr senken“, sagte Trump bei der Vorstellung des Deals im Weißen Haus. Ärgerlich: Eine Preissenkung um mehr als 100 Prozent ist nicht möglich, da der Preis dann bereits auf Null gefallen wäre. Auch Thomas Vorlicky, Geschäftsführer des Healthcare-Investmentmanagers Medical Strategy, hält drastische Preissenkungen grundsätzlich für fragwürdig, weil sie künftige Innovationen in der Medikamentenentwicklung gefährden.

Bestimmte Medikamente 85 Prozent günstiger

Während seiner Meinung nach eine gezielte Preislogik beherrschbar wäre, dämpfen extreme systemweite Preissenkungen auch Innovationen. Nach Angaben des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller sinkt das Finanzierungsvolumen für Innovationen immer dann, wenn die Erträge sinken. Weniger profitable Geschäftsfelder und riskante Innovationsaktivitäten, die für medizinische Durchbrüche dringend notwendig sind, würden zunächst ausgeschieden.

Trumps Ziel ist es, die Arzneimittelpreise an die niedrigsten Preise zu koppeln, die in anderen wohlhabenden Ländern für dieselben Arzneimittel gezahlt werden. Der US-Präsident hatte bereits im Sommer Briefe an 17 Hersteller geschickt, in denen er nach diesem Prinzip Preissenkungen forderte. Der Präsident kündigte außerdem an, ab dem 1. Oktober 100-prozentige Zölle auf die Einfuhr von patentierten oder Markenmedikamenten zu erheben. Pharmahersteller, die eine Produktionsstätte in den USA errichten, könnten dem Zoll entgehen. Damit bleiben den Pharmaunternehmen nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie machen einen Deal mit Trump oder sie müssen mit drastischen Umsatzeinbußen rechnen.

Pfizer ist nun das erste Unternehmen, das eine solche Vereinbarung eingeht. Konkret willigt der US-Pharmariese ein, bestimmte Preise um 50 bis 85 Prozent zu senken. Im Gegenzug erhält das Unternehmen eine dreijährige Schonfrist für Arzneimittelzölle auf Importe, wenn es in seine Produktion in den USA investiert. Und dazu hat sich das Unternehmen auch bekannt: Pfizer will mehr als 70 Milliarden Dollar in Forschung, Entwicklung und heimische Produktion investieren. Auch wenn mittlerweile immer mehr Unternehmen bereit sind, in den USA zu investieren, muss sich Trump noch gedulden: Nach Angaben des Branchenverbands PhRMA dauert der Bau einer neuen Produktionsstätte in den USA etwa fünf bis zehn Jahre.

Vorlicky bezeichnet die Vereinbarung mit Pfizer als einen cleveren Deal für beide Seiten. „Während Trump für positive Schlagzeilen sorgt, vermeidet Pfizer die Umsetzung von Worst-Case-Szenarien, wenn es um Preissenkungen und Zölle geht.“ Durch den Deal bleibt das Unternehmen nicht nur drei Jahre lang von Einfuhrzöllen verschont.

Details bisher vage

Für Pfizer ist die Vereinbarung auch deshalb attraktiv, weil die vereinbarte Preissenkung nicht alle Medikamente abdeckt und die sogenannte Meistbegünstigungsklausel nur für Produkte gilt, die über Medicaid, die staatliche Versicherung für Geringverdiener, verkauft werden. Diese Meistbegünstigungspolitik zwingt Arzneimittelhersteller dazu, US-Patienten den niedrigsten Preis anzubieten, den sie in den G7-Ländern, der Schweiz und den Niederlanden verlangen.

Laut einem Bericht der Financial Times gehen Analysten davon aus, dass Medicaid-Rabatte 5 Prozent des US-Umsatzes von Pfizer ausmachen werden. Ihrer Meinung nach spielt der Deal für den Pharmariesen keine nennenswerte Rolle. In einigen Fällen liegen die Medicaid-Preise von Pfizer bereits unter den Preisen in anderen Ländern.

Die Details sind noch vage. Dennoch dürfte sich der Deal bald durchsetzen. Vorlick geht davon aus, dass andere Unternehmen dem Beispiel von Pfizer folgen werden. „Mit anderen Big-Pharma-Unternehmen laufen bereits fortgeschrittene Verhandlungen. In naher Zukunft wird es sicherlich weitere ähnliche Deals geben.“ Laut Trump dürfte der nächste Deal nicht allzu lange auf sich warten lassen. Eli Lilly könnte bald eine ähnliche Vereinbarung bekannt geben.

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