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McLaren-Flügel für FIA nicht illegal

McLaren-Flügel für FIA nicht illegal

(Motorsport-Total.com) – Der großen Masse der Formel-1-Fans, die am Sonntagnachmittag nach dem Rennen in Baku ihre Fernseher ausschalteten, ist es vermutlich gar nicht aufgefallen: Auf X, Instagram & Co. diskutierte die Hardcore-Community im Internet nach dem Grand Prix von Aserbaidschan leidenschaftlich darüber, ob der McLaren, mit dem Oscar Piastri gewann, legal war oder nicht.

Foto zur News: Fans können es nicht glauben, aber: McLaren-Flügel für FIA nicht illegal

Da tut sich eine Lücke auf: Schummelt McLaren mit einem flexiblen Heckflügel?

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Stein des Anstoßes war einmal mehr das sogenannte „Flexiwings“-Phänomen, also das Verdrehen aerodynamischer Flügelteile unter Belastung bei hohem Tempo. User posteten angebliche Beweisfotos vom McLaren-Heckflügel und schrieben Kommentare wie: „McLaren hat ein aktives DRS, auch wenn kein anderes Auto vor ihnen ist“, „Das ist schon etwas mehr als flexibel“ oder „Dieser Scheiß ist nicht legal“.

Auffällig ist, dass derartige Kommentare überwiegend von Accounts stammen, die eindeutig Fans von Red Bull Racing oder Max Verstappen zuzuordnen sind und strenggenommen illegale Screenshots verwenden, die das Urheberrecht der Formel 1 verletzen, weshalb wir die Bilder im Rahmen unserer Berichterstattung nicht zeigen können.

Warum manche Fans bei McLaren illegale Tricks vermuten

Aber was auf den Fotos zu sehen ist, kann jeder Benutzer F1-TV die verschiedenen Onboard-Feeds und ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse. Und wer das tut, wird feststellen, dass sich die Außenkanten der Hauptplatte des Heckflügels des McLaren tatsächlich verbiegen, wenn sehr hohe Geschwindigkeiten gefahren werden – beispielsweise während der Start-Ziel-Linie.

Konkret zeigen die Bilder, dass beim McLaren die unteren Außenkanten des oberen Heckflügel-Flaps bei hoher Geschwindigkeit nach oben gezogen werden. Dadurch öffnet sich zwischen Ober- und Unterflügel eine Lücke, was manche Fans als illegalen „DRS-Effekt“ bezeichnen. Ein Phänomen, das in ähnlichem Ausmaß beispielsweise auch beim Red Bull zu beobachten ist.

Dies widerspricht auf den ersten Blick dem Technischen Reglement der Formel 1 2024, das in Artikel 3.2.2 („Aerodynamischer Einfluss“) definiert, dass „alle aerodynamischen Komponenten oder Karosserieteile, die die aerodynamische Leistung des Fahrzeugs beeinflussen, in Bezug auf ihren (…) Bezugsrahmen starr und unbeweglich befestigt sein müssen“.

Technische Vorschriften sehen Toleranzen vor

Aber: Dieser Artikel beinhaltet Toleranzen, die in Artikel 3.15 („Flexibilität aerodynamischer Bauteile“) definiert sind. Dort heißt es beispielsweise, dass sich ein Heckflügel-Klappen unter einer Last von 500 Newton horizontal um maximal sieben Millimeter bewegen darf. Eine Last, die von FIA-Funktionären bei statischen Tests überprüft wird.

Zudem wird in Artikel 3.15.2 („Linearität der Belastung/Verwindung“) definiert, dass die Verwindung von Aerodynamikteilen nur linear erfolgen darf. Anders ausgedrückt: Bewegt sich ein Heckflügel-Flap unter der FIA-Standardbelastung von 500 Newton um sieben Millimeter, unter einer (ungeprüften) Belastung von 1.000 Newton jedoch um mehr als 14 Millimeter, dann wäre das strenggenommen ebenfalls regelwidrig.

Fakt ist: Trotz der Aufregung in den sozialen Medien plant die FIA ​​in der Saison 2024 keine Eingriffe wegen flexibler Flügel. Das bestätigte der Verband auf Anfrage von Motorsport.com Netherlands, eine Schwesterpublikation von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, klärte den Sachverhalt auf und widerlegte damit den Verdacht auf illegale Tricks bei McLaren.

In ihrer Stellungnahme hält die FIA ​​fest: „Alle von uns getesteten Frontflügel haben sämtliche Tests bestanden“ und dass „bis zum Ende der Saison keine Änderungen geplant sind“. Das gilt insbesondere, da nach dem Großen Preis von Aserbaidschan kein anderes Team Protest eingelegt hatte, woraufhin das Thema von einigen Fans heiß diskutiert wurde. Das Rennergebnis ist damit offiziell.

So überwacht die FIA ​​die „Flexiwings“

Wahr ist aber auch, dass die FIA ​​seit dieser Saison dem Thema „Flexiwings“ verstärkte Aufmerksamkeit schenkt. Neuerdings kommen dabei zusätzlich Kameras zum Einsatz, die auf die Flügel gerichtet sind, um deren Flexibilität noch präziser verfolgen zu können. Dies geschieht mit Hilfe von optischen Referenzpunkten, die auf die Flügel geklebt oder gemalt werden müssen.

So sind es beispielsweise beim McLaren schwarze und beim Ferrari gelbe Punkte, die von den FIA-Kameras genau anvisiert werden. Diese Punkte sollen helfen, die aerodynamische Flexibilität genauer zu bestimmen, indem sie Referenzlinien in die digitalen Videoaufzeichnungen einzeichnen. Bewegen sich die Punkte im Verhältnis zu diesen Linien ungewöhnlich stark, muss etwas nicht stimmen.

Optische Referenzpunkte sollen der FIA die Überwachung erleichtern

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Doch auch im Zuge dieses Prozesses hat der Verband bei den vergangenen Grands Prix keine Auffälligkeiten registriert, die ein Eingreifen erforderlich machen würden. Dies gilt insbesondere, da McLaren nicht das einzige Team ist, dessen Heckflügelklappen sich öffnen. Auch bei anderen Teams ist dieser Effekt mit bloßem Auge deutlich erkennbar.

Auch bei Red Bull. Das dürfte einer der Gründe sein, warum Christian Horner nicht ganz vorne mit dabei ist, wenn es darum geht, mit dem Finger auf McLaren zu zeigen. Vielmehr sagt er: Wenn solche Lösungen von der FIA als akzeptabel erachtet werden, „dann ermutigt uns das natürlich, selbst ähnliche Lösungen anzustreben.“

Ausgerechnet Horners Red Bull-Team war es, das in der Schlussphase der WM 2021 lautstark schrie, dass Lewis Hamiltons Mercedes-Heckflügel illegal sei. Und Red Bull selbst war vor einigen Jahren das erste Team, das beim Einsatz von „Flexiwings“ erwischt wurde, was die FIA ​​dazu veranlasste, das Reglement zu verschärfen.

Nur weil sich einzelne Teile der Flügel bewegen, ist ein Formel 1-Auto noch lange nicht illegal. Für die dabei durchgeführten Belastungstests gibt es Toleranzen, die im technischen Reglement genau geregelt sind. Und auch wenn es so aussieht, als würden manche Teams diesen Effekt stärker ausnutzen als andere, ist in dieser Saison bisher noch kein Flügel bei den Tests der FIA durchgefallen.

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