Im Sudan leiden die Menschen zunehmend unter den Folgen des Bürgerkriegs zwischen der Staatsarmee und der paramilitärischen RSF-Miliz. Trotz internationaler Appelle scheinen die von den Aufständischen begangenen Gräueltaten ernsthaft weiterzugehen. Das zeigen internationale Berichte.
Laut einer Analyse von Satellitendaten dauern die Massaker in der kürzlich von der RSF-Miliz eroberten Stadt Al-Fashir an, teilte das Humanitarian Research Lab (HLR) der US-Gesundheitsfakultät in Yale mit. Die Analyse der Bilder würde „die Beweise dafür bestätigen, dass die Massaker in den letzten 48 Stunden seit der Übernahme (der Stadt) durch die RSF fortgesetzt wurden.“
WHO meldet mehr als 460 Tote bei Angriff auf Entbindungsklinik
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bei einem Angriff auf eine Entbindungsklinik in Al-Faschir mehr als 460 Menschen getötet. Im saudischen Entbindungskrankenhaus der Großstadt seien „Patienten und ihre Begleiter“ getötet worden, sagte WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die WHO sei „entsetzt und zutiefst schockiert“ über den Angriff.
Am Dienstag beschuldigten prodemokratische Aktivisten im Sudan die RSF, verletzte Menschen getötet zu haben, die in derselben Klinik behandelt wurden. Die sudanesische Regierung des Militärherrschers Fattah al-Burhan warf den RSF-Kämpfern vor, Moscheen und das Rote Kreuz in Al-Fashir bombardiert zu haben. Mehr als 2.000 unbewaffnete Zivilisten wurden hingerichtet. Augenzeugen, die aus der Stadt geflohen waren, berichteten der Nachrichtenagentur AFP von „Szenen des Völkermords“.
Zehntausende Zivilisten mussten fliehen
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Sonntag mehr als 33.000 Menschen vor den Kämpfen geflohen, die meisten davon in die Gegend außerhalb der Stadt und nach Tawila. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in der Stadt rund 70 Kilometer westlich von Al-Fashir bereits 650.000 Flüchtlinge angekommen. Nach neuesten UN-Angaben halten sich in Al-Faschir jedoch immer noch rund 177.000 Zivilisten auf.
Die Miliz Rapid Support Forces (RSF) eroberte am Sonntag die Stadt im Westen des Sudan. Am Montag bestätigte Sudans Militärherrscher Fattah al-Burhan den Abzug der Armee aus der Stadt. Die Afrikanische Union warnte daraufhin vor „Kriegsverbrechen und ethnisch motivierten Morden“.
Die Bundesregierung äußert ihr Entsetzen
Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich „schockiert“ über die Gewalt: „RSF-Kämpfer sind tief in die Stadt eingedrungen und töten wahllos Zivilisten“, teilte das Auswärtige Amt am Montagabend mit. „Das muss sofort aufhören“, hieß es weiter. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas verurteilte am Mittwoch die „Brutalität“ der RSF-Miliz.
Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, forderte die internationale Gemeinschaft auf, die finanzielle Unterstützung für die Menschen im Sudan zu erhöhen. „Unsere Teams berichten von einem starken Anstieg der Vertreibung“, sagte er.
Die Organisation bezeichnete die Versorgungssysteme für die vielen Flüchtlinge als „längst überfordert“. Die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung ist zusammengebrochen und die sanitären Einrichtungen sind unzureichend. Die medizinische Versorgung reicht bei weitem nicht aus. Besonders gefährdet sind Frauen und Mädchen.
Seit mehr als zweieinhalb Jahren herrscht im Sudan Bürgerkrieg
Im Sudan am Horn von Afrika im Osten des Kontinents tobt seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen dem De-facto-Herrscher Abdel-Fattah al-Burhan und seinem ehemaligen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF befehligt. Seitdem wurden Zehntausende Menschen bei den Kämpfen getötet und rund zwölf Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen fliehen. Nach Angaben der Vereinten Nationen erlebt das nordostafrikanische Land die schlimmste humanitäre Krise der Welt.
In der Region Darfur wird der Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit Fragen der Landrechte, der Ressourcenverteilung und der politischen Marginalisierung verknüpft sind. Dabei geht es vor allem um den Wettbewerb um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen arabischen Volksgruppen und sesshaften, nichtarabischen Gruppen.
