Marktbericht
Gestern Abend leitete die US-Notenbank die Zinswende in den Vereinigten Staaten ein. Das beflügelte heute Morgen den DAX. Der deutsche Leitindex ist auf Kurs zu seinem Rekordhoch von Anfang September.
Die „XL-Zinserhöhung“ der US-Notenbank bringt den DAX seinem Rekordhoch näher. Der deutsche Leitindex startete heute 0,8 Prozent höher bei 18.861 Punkten. Zum bisherigen Höchststand von 18.990 Punkten zu Monatsbeginn fehlen ihm damit nur noch 103 Punkte oder gut ein halbes Prozent.
„Das Allzeithoch für den DAX könnte heute Morgen in Reichweite rücken, wenn der jüngste Höchststand bei 18.805 Punkten überschritten wird“, sagen die Experten der Helaba. Die Marke von 19.000 Punkten und das Allzeithoch dürften nun wieder in Reichweite sein, prognostiziert Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Gestern schloss das Börsenbarometer kaum verändert bei 18.712 Punkten. Bis zum Börsenschluss bewegte sich der deutsche Aktienindex nicht mehr – die Anleger waren vor der Zinsentscheidung der US-Notenbank zu vorsichtig.
Am Abend senkte die Fed schließlich ihren Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf 4,75 bis 5,00 Prozent. Zuvor hatte sie ihn 14 Monate in Folge nicht angerührt. Ökonomen hatten mehrheitlich mit einer Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten gerechnet. An den Finanzmärkten hatten sich zuletzt allerdings die Erwartungen verstärkt, dass es auch zu einer kräftigen Senkung um 0,50 Prozentpunkte kommen könnte. Zudem wurde bekannt, dass eine knappe Mehrheit der stimmberechtigten Fed-Mitglieder mit einer weiteren kräftigen Zinssenkung im Jahr 2024 rechnet.
Für Deutschland, das in einer anhaltenden Konjunkturflaute steckt, kommt die Zinswende in den USA nach Einschätzung von Experten gerade zur rechten Zeit. „Insgesamt ist das eine gute Nachricht für unsere Wirtschaft“, sagte Michael Grömling, Volkswirt am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), der Nachrichtenagentur Reuters. Vor allem die Industrie und hier vor allem die Hersteller von Investitionsgütern wie Maschinen und Fahrzeugen könnten von sinkenden Finanzierungskosten für ihren wichtigsten Exportkunden profitieren. „Auch dort haben wir im Moment ernsthafte Probleme“, so Grömling.
Ähnlich sieht es auch ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. „Das starke Eingreifen der Fed erhöht die Chance, dass die US-Wirtschaft eine sanfte Landung hinlegt“, so der Ökonom. „Das wäre auch eine gute Nachricht für die deutsche Wirtschaft, denn fast zehn Prozent unserer Exporte gehen in die USA.“ Niedrigere Zinsen und eine nur leichte konjunkturelle Abschwächung dürften die Nachfrage nach deutschen Autos und anderen Konsumgütern stärken.
Anhaltende und deutliche Zinssenkungen dürften sich positiv auf die Finanzierungskosten der Anleger und ihre Investitionsbereitschaft auswirken, ergänzte Grömling. Dies dürfte sich auch stimulierend auf die relativ hohe Kreditfinanzierung des US-Konsums auswirken. „Die US-Wirtschaft hat damit eine deutlich stabilisierende Wirkung auf die Weltwirtschaft“, sagte der IW-Konjunkturchef – zumal auch andere Notenbanken mit Lockerungen nachziehen dürften.
An der New Yorker Börse drehten die Kurse unterdessen nach anfänglichen Gewinnen im Anschluss an die Zinssitzung bis zum Handelsende ins Minus. Der Standardwerteindex Dow Jones verlor 0,25 Prozent auf 41.503 Punkte, nachdem er zunächst den dritten Tag in Folge einen Rekord verzeichnet hatte. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 0,29 Prozent, der technologielastige Nasdaq 100 büßte bis zum Handelsschluss 0,45 Prozent ein.
„Wenn man bedenkt, dass der starke Rückgang von einem Teil der Akteure nur erwartet wurde, sind die ersten Reaktionen an den Börsen eher verhalten ausgefallen“, kommentiert Altmann die Kursreaktion. Seit Jahresbeginn haben die drei Indizes in der Hoffnung auf sinkende Zinsen allerdings bereits um zweistellige Prozentsätze zugelegt.
Die asiatischen Aktienmärkte reagierten dagegen mit teils kräftigen Kursgewinnen auf die deutliche Leitzinssenkung in den USA. Besonders in Tokio zogen die Kurse an. Dort profitierten sie vom schwächelnden Yen, der den japanischen Exporten zugutekommt. Der japanische Leitindex Nikkei 225 schloss 2,13 Prozent höher bei 37.155,33 Punkten. Mit Spannung erwarten die Anleger nun die geldpolitischen Entscheidungen der Bank of Japan am Freitag.
Der CSI 300, der festlandchinesische Aktien umfasst, legte kurz vor Handelsschluss um 0,81 Prozent zu. In Hongkong war der Hang Seng mit einem Plus von knapp 2 Prozent aus der Urlaubspause zurückgekehrt. Auch eine Zinssenkung dürfte die Wirtschaft in der Sonderverwaltungszone ankurbeln.
Der Euro hat nach der Zinswende in den USA zugelegt. Am Morgen notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,1148 Dollar, nachdem der Kurs gestern Abend zeitweise unter 1,11 Dollar gefallen war. Nachdem der Dollar am Vorabend in einer ersten Reaktion deutlich unter Druck geraten war und der Euro im Gegenzug kräftig zulegen konnte, hielten sich die Reaktionen auf die geldpolitischen Beschlüsse zuletzt in Grenzen.
Der Bitcoin-Kurs ist nach der deutlichen Zinssenkung der Fed weiter gestiegen. Am Morgen notierte die älteste und bekannteste Kryptowährung auf der Handelsplattform Bitstamp bei 62.100 Dollar. Am Vortag hatte sie noch bei rund 60.000 Dollar gelegen. Da Bitcoin keine Marktzinsen abwirft, profitiert es, wenn etwa die Zinsen für Staatsanleihen sinken.
UniCredit-Chef Andrea Orcel hat ein öffentliches Übernahmeangebot für die Commerzbank ausgeschlossen. Das wäre ein zu aggressiver Schritt, sagte Orcel in einem Interview mit der italienischen Zeitung „Il Messaggero“. Es bestehe keine Eile, den Anteil an der Commerzbank auf mehr als die bereits erworbenen neun Prozent aufzustocken. Der Bund hat die Commerzbank-Aktien an die italienische Bank verkauft, weil er sie für einen verlässlichen und geeigneten Investor hält. Die restlichen vom Bund gehaltenen Commerzbank-Aktien sollen gekauft werden, wenn sich der Bund zum Verkauf entschließt und UniCredit willkommen ist.
Mitten im ersten Streik seit 16 Jahren beurlaubt Boeing Tausende seiner US-Mitarbeiter. „Wir leiten in den nächsten Tagen vorübergehende Beurlaubungen ein, die eine große Zahl von Führungskräften, Managern und Mitarbeitern in den USA betreffen werden“, teilte Vorstandschef Kelly Ortberg in einer E-Mail an die Belegschaft mit. Geplant ist, dass ausgewählte Mitarbeiter im Wechsel alle vier Wochen für eine Woche beurlaubt werden.
Wacker Chemie bremst seine Wachstumspläne für den Rest des Jahrzehnts etwas. Bis 2030 soll der Umsatz rund 10 Milliarden Euro erreichen, teilte der MDAX-Konzern am Donnerstag auf seinem Kapitalmarkttag in Burghausen mit. Im März 2022 hatte Vorstandschef Christian Hartel noch klar die Marke von mehr als 10 Milliarden Euro als Ziel ausgegeben. Mehr als 20 Prozent des Erlöses sollen aber wie geplant als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) übrig bleiben.
Der Schweizer Pharmakonzern Roche hat mit seinem Medikament Xofluza einen Forschungserfolg bei der Behandlung von Grippe erzielt. Wie die neuesten Daten der zentralen Centerstone-Studie zeigen, hat Xofluza die Übertragung der Grippe von einer infizierten Person auf Haushaltsmitglieder verringert. Dies sei das erste Mal, dass ein zur Behandlung einer viralen Atemwegserkrankung eingesetztes Antivirenprogramm einen Nutzen bei der Verringerung der Übertragung gezeigt habe, erklärte das Unternehmen in einer Mitteilung.
Die Deutsche Bank will ihr Filialnetz weiter ausdünnen. Betroffen sind von den 400 Filialen rund 50 kleinere Standorte. Eine „mittlere zweistellige“ Zahl an Filialen werde geschlossen, teilte Deutschlands größte Bank mit. Die genaue Zahl müsse noch geklärt werden, Verhandlungen mit dem Betriebsrat würden in Kürze beginnen. „Die Deutsche Bank wird auch weiterhin bundesweit mit einem flächendeckenden Filialnetz präsent sein“, teilte das Institut mit.
Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia will seine Tochter Deutsche Wohnen noch stärker an sich binden. Ziel sei ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, teilten die Unternehmen mit. Außenstehende Aktionäre der Deutsche Wohnen sollen ihre Anteile im Tausch gegen neu ausgegebene Vonovia-Aktien verkaufen. Zudem sei für die Laufzeit der Vereinbarung eine jährliche Ausgleichszahlung geplant. Die genauen Details müssten noch festgelegt werden, hieß es. Außerordentliche Hauptversammlungen von Vonovia und Deutsche Wohnen sollen den Schritt im Dezember 2024 besiegeln.
T-Mobile US will in den kommenden Jahren Milliarden in Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe investieren. Bis zu 50 Milliarden Dollar sollen bis 2027 für Dividenden und Aktienrückkäufe ausgegeben werden, kündigte Vorstandschef Mike Sievert bei einer Investorenveranstaltung in San Francisco an.
Der Sanierungsprozess beim angeschlagenen Batteriekonzern Varta hat eine weitere Hürde genommen. „Wir haben lange verhandelt und jetzt mit den Schuldscheingläubigern eine Lösung gefunden“, sagte Vorstandschef Michael Ostermann der Deutschen Presse-Agentur. Er rechne damit, dass nun auch die Mehrheit des Konzerns dem Konzept zustimme. Dadurch sei ein deutlich schnellerer und einfacherer Prozess möglich. Fast alle von der Sanierung betroffenen Konzerne stehen laut Ostermann mittlerweile weitgehend hinter dem Mitte August angekündigten Konzept.