Der Lenkwaffenkreuzer „Marschall Ustinow“ der russischen Marine für eine Übung in der Arktis.Bild: Presse S des russischen Verteidigungsministeriums / nicht im Abspann
International
Drohnen haben die Art und Weise, wie Krieg geführt wird, verändert. Dies zeigt sich auch am Schwarzen Meer, wo die Ukraine vorführt, wie sie ohne eigene Flotte zur Seemacht werden kann. Das Land zwingt Russland mit ferngesteuerten Booten zum Rückzug.
1. November 2025, 11:38 Uhr1. November 2025, 11:38 Uhr
Als Russland 2022 in die Ukraine einmarschierte, rollten Panzerkolonnen über die Grenzen, Kampfjets donnerten über Städten und Artilleriefeuer dominierte den Himmel. Ein klassisches Bild des Krieges: brutal, aber vertraut. Dreieinhalb Jahre später ist davon nur noch wenig übrig.
Statt schwerer Maschinen dominieren heute kleine Drohnen, improvisierte Technik und digitale Taktiken das Schlachtfeld. Der Krieg wird leiser und schneller. Die Kommandeure sprechen nun von einer neuen „Ära der Maschinen“ an der Front. Dadurch haben sich auch die Machtverhältnisse auf See verschoben.
Ukraine: Kampfroboter am Boden, Kamikaze-Drohnen in der Luft
Im Juni erzielten ukrainische Einheiten einen ungewöhnlichen Erfolg. Nach Recherchen der Washington Post rückten sie mit einer bodengesteuerten Kampfdrohne vor: einem mit Sprengstoff beladenen mobilen Roboter, der russische Soldaten zur Aufgabe zwang. Solche Szenen zeigen, wie sehr sich die Front verändert hat. Noch wichtiger als Landroboter sind Drohnen in der Luft.
Günstige, kleine FPV-Kamikaze-Drohnen übernehmen Aufgaben, die einst von Infanterie und Ingenieuren erledigt wurden. Kriegsreporter Sergej Auslender beobachtet die Entwicklung seit Kriegsbeginn. „Drohnen werden in enormer Zahl eingesetzt“, sagt er dem „Tagesspiegel“: „Es ist schwierig, sie auch nur ansatzweise zu beziffern. Aber ich denke, ich kann mit Sicherheit sagen: Auf jeden Soldaten an der Front kommt derzeit mindestens eine Drohne.“
Dadurch ändern sich Taktik und Tempo. Große Truppenbewegungen gelten als zu riskant, weil sie von Aufklärungsdrohnen schnell entdeckt werden. Es lohnt sich nur, Positionen in dichten Wäldern auszuheben. Luftschlachten um die Felder der Ukraine? Kaum vorstellbar. Bereits im Jahr 2022 wurden dort zahlreiche Jets und Hubschrauber abgeschossen.
„Gamechanger“: Marinedrohnen zwingen Russland zum Rückzug
Als Russland in ukrainisches Territorium einmarschierte, schien auch die Lage auf See klar: Die russische Schwarzmeerflotte war deutlich überlegen und die Ukraine hatte praktisch keine Marine. Kriegsschiffe, Raketen, jahrzehntelange Marineplanung: Hier sprach alles für Moskau. Dank Drohnen hat sich dieses Bild radikal verändert.
Kein Land ohne klassische Kriegsschiffe hat jemals eine Großmacht zur See so stark unter Druck gesetzt. Marinedrohnen haben das geändert.
Die Ukraine hat schon früh damit begonnen, ferngesteuerte Schnellboote mit Sprengstoff auszustatten. Videos zeigen, wie sie sich flach über das Wasser bewegen, Radarbereiche meiden und plötzlich auftauchen. Sie schießen und schlagen.
Russische Kommandoposten, Tanker, Landungsschiffe und sogar die stolze Fregatte „Admiral Makarov“ wurden angegriffen. Seitdem hält Russland Abstand. Wichtige Schiffe verkehren weit von der ukrainischen Küste entfernt, Häfen wurden verlegt, Konvois wurden eingeführt.
Der Militärjournalist Auslender bringt das Ausmaß auf den Punkt:
„Ukrainische Marinedrohnen sind ein echter Game-Changer. Könnten Sie sich jemals vorstellen, dass ein Land ohne ein einziges großes Kriegsschiff nicht nur eine der größten Marinen der Welt von seinen Küsten vertreiben, sondern auch die Hälfte seiner Schiffe versenken könnte?“
Der Grund liegt nicht nur in ihrer Sprengladung, sondern auch in ihrer Kostenstruktur. Ein Kriegsschiff ist Milliarden wert, ein Drohnenboot dagegen nur einen Bruchteil. Dies verändert die Denkweise der Admirale. Niemand riskiert mehr gerne große Schiffe in der Nähe feindlicher Küsten, wenn ein unbemannter Jetski mit Kamera sie zerstören kann.
Darüber hinaus erzeugen Drohnen psychischen Druck. Besatzungen schlafen weniger, Kommandanten planen sorgfältiger, Häfen werden geschlossen, Handelsrouten werden verlegt. Wo einst Flotten dominierten, bestimmen heute Signale, Sensoren und ein leises Surren das Leben und die Kontrolle.
