In Boblitz im Landkreis Oberspreewald-Lausitz hätte ein Mann an einem Wochenende beinahe eine öffentliche Bücherkiste geleert und damit für Empörung in der Stadt gesorgt. Dorfbewohner stellten den mutmaßlichen Täter zur Rede. Über den Vorfall hatte zunächst die „Lausitzer Rundschau“ berichtet.
Laut Barbara Thiele, Vorsitzende des örtlichen Traditionsvereins, wurde der Mann am 4. Oktober dabei beobachtet, wie er Bücher aus der umgebauten Telefonzelle holte und sie in sein Auto verlud. Er hatte bereits zwei Kisten voller Bücher verstaut, als Anwohner auf ihn zukamen. Der „Lausitzer Rundschau“ zufolge trug der Mann auffällige neongrüne Warnkleidung und soll Zeugenaussagen zufolge juristische Paragraphen zitiert haben. „Die Bücher gehörten niemandem, also kann ich sie mitnehmen“, erklärte er. Er möchte sie verkaufen oder als Altpapier verschenken.
Als Dorfbewohner ihn anhielten, rief der Mann selbst die Polizei und erstattete Anzeige. Auch Thiele reichte Beschwerde ein und erhielt ein Hausverbot, weil der Traditionsverein die Bücherkiste auf dem Kirchengrundstück betreut. Nach Angaben der Polizei Cottbus erstattete der Mann Anzeige wegen Beleidigung und Nötigung.
Ob es sich dabei um den sogenannten „Werbemeister“ handelte, der durch systematische Falschparkanzeigen bekannt wurde, wollte die Polizei auf Anfrage von WELT nicht bestätigen.
Dies wurde jedoch in den sozialen Medien verbreitet. „Der Werbemeister hat es selbst ausgeräumt“, schrieb ein Nutzer in einer öffentlichen Facebook-Gruppe und veröffentlichte ein Foto von ihm im Gespräch mit mehreren Personen.
Bücher in öffentlichen Tauschboxen gelten als zurückgelassen und gehen mit der Entnahme in das Eigentum des Entnehmenden über. Allerdings erließ die Polizei ein Hausverbot, wonach sich der Mann künftig nicht mehr der Bücherkiste nähern dürfe.
Im Dorf herrscht laut „Lausitzer Rundschau“ Empörung. „Das Grundprinzip der Bücherbox, Literatur frei zugänglich zu machen, wurde mit Füßen getreten“, sagte Thiele der Zeitung. Die „Leseraupe“, wie die bunt bemalte Telefonzelle genannt wird, ist seit ihrer Eröffnung im Frühjahr 2023 ein beliebter Treffpunkt für Einheimische, Kindergruppen und Radtouristen.
Der Traditionsverein machte den Vorfall auf Facebook öffentlich, um – wie es heißt – „diese Respektlosigkeit nicht stillschweigend hinzunehmen“. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um einen einmaligen Vorfall in der Region. In der Vergangenheit kam es in der Umgebung beispielsweise in Forst und Lübbenau zu Schäden an Bücherkästen, zu gezielten Leerungen kam es jedoch nicht.