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„Man sollte besser nicht mit einem Davidstern durch die Neuköllner Sonnenallee laufen“

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, warnt vor linkem Antisemitismus in Deutschland. Das sei gefährlicher als das der Rechten und gefährlicher als der islamistische Antisemitismus, „weil er seine Absichten verschleiert“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

In Deutschland wisse man „im politischen und rechtlichen Bereich sehr gut, wie man Antisemitismus von rechts bekämpfen kann“. Auch der islamistische Antisemitismus sei äußerst gefährlich, „weil er wie ein Trojanisches Pferd in die demokratische Ordnung eindringt. Aber man lernt, damit umzugehen.“

Prosor sagte, Juden in Deutschland hätten Angst. Viele kauften nun Wohnungen in Israel, wie es zuvor französische Juden getan hatten. Er wurde angerufen und gefragt, ob es sicher sei, nach Berlin zu kommen. Dann antwortet er: „Ja, es ist sicher – aber besser nicht mit einem Davidstern durch die Neuköllner Sonnenallee laufen.“

Für besonders gefährlich hält Prosor den linken Antisemitismus. Er zieht um „Immer an der Grenze zwischen Meinungs- und Volksverhetzungsfreiheit – und hat diese Grenze inzwischen deutlich überschritten. Deshalb ist für mich der linke Antisemitismus am gefährlichsten“sagte der Botschafter.

Prosor: Räume des Sagbaren verschieben sich

In Europa sieht man das an Universitäten und Theatern. „Sie handeln gebildet, moralisch und politisch korrekt“, sagte Prosor. „Aber die rote Linie dessen, was unter die Meinungsfreiheit fällt, ist längst überschritten.“ Tag für Tag werde Israel dämonisiert und delegitimiert, „die Folgen spüren alle Juden.“ Es sei immer noch ein Skandal, dass ein israelischer Dirigent von einem Festival in Belgien ausgeladen wurde, „aber der Raum dessen, was gesagt werden kann, verschiebt sich.“

Das Flanders Festival Gent hatte ein für September geplantes Gastspiel der Münchner Philharmoniker unter der Leitung des israelischen Dirigenten Lahav Shani abgesagt. Als Grund wurde angegeben, dass Shani auch Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra sei und seine Haltung gegenüber der israelischen Regierung unklar sei. Der Schritt stieß in Deutschland auf scharfe Kritik. Dem Festival wurde Antisemitismus vorgeworfen. Der belgische Premierminister Bart de Wever distanzierte sich deutlich und sprach von einem Schaden für sein Land.

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck forderte am Samstag in einem Interview mit dem Tagesspiegel einen entschlosseneren Kampf gegen Antisemitismus – auch wenn dieser aus dem arabischen Raum oder der politischen Linken kommt. (dpa)

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