aktuelle Nachrichten
Das Alte ist das Neue: Frankreichs Präsident Macron vertraut die Regierungsgeschäfte erneut dem am Montag zurückgetretenen und noch im Amt befindlichen Ministerpräsidenten Lecornu an. Er soll nun ein neues Kabinett zusammenstellen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den zurückgetretenen Premierminister Sébastien Lecornu überraschend wieder zum Regierungschef ernannt. Wie der Élysée-Palast mitteilte, soll der 39-Jährige nach seinen Bemühungen, die Regierungskrise zu lösen und ein neues Kabinett zusammenzustellen, weiterhin Premierminister bleiben.
Lecornu, ein besonders enger Vertrauter Macrons, hatte erst vor vier Wochen sein Amt als Premierminister angetreten und war am Montag aufgrund von Spannungen innerhalb der Regierung von seinem Amt zurückgetreten. Macron beauftragte ihn daraufhin, innerhalb von zwei Tagen einen Weg aus der Krise zu sondieren.
Lecornu will einen Ausweg ohne Neuwahlen
Nach Gesprächen mit den Parteien zeigte sich Lecornu überzeugt, dass ein Ausweg aus der politischen Krise in Frankreich auch ohne Neuwahlen zum Parlament möglich sei. Es gebe eine „sehr relative Mehrheit“ mehrerer Fraktionen, darunter auch der linken Opposition, die sich auf einen Haushalt und Stabilität einigen wollen.
Mit dem Festhalten an seinem Loyalisten Lecornu hat sich Präsident Macron erneut gegen Forderungen durchgesetzt, einen Regierungschef aus dem linken Lager oder einen eher außerhalb des aktuellen politischen Geschehens stehenden Experten zu ernennen.
Trotz des guten Abschneidens der linken Parteien bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer 2024 ernannte Macron daraufhin den Konservativen Michel Barnier und den Zentristen François Bayrou zu Regierungschefs, die vom linken Lager distanziert sind.
Lecornu steht unter Zeitdruck
Lecornu hatte zuvor erklärt, dass er nicht weiter Premierminister bleiben wolle. Doch als enger Vertrauter des Präsidenten konnte er dessen Wunsch nicht ablehnen. Ein Vorteil besteht darin, dass Lecornu nach seinen intensiven Beratungen mit den Parteien möglicherweise auf die Unterstützung einer ausreichend großen Zahl politischer Gruppen zählen kann.
Ohnehin steht der wieder ins Amt zurückgeholte Ministerpräsident unter Zeitdruck, denn wenn das hoch verschuldete Frankreich rechtzeitig einen Haushalt für das kommende Jahr auf den Weg bringen will, muss dieser spätestens am kommenden Montag vom Ministerpräsidenten ins Parlament eingebracht werden. Dies ist in den verfassungsrechtlichen Fristen vorgesehen.
Gelingt dies nicht, würde dies das ohnehin schon politisch gelähmte Land noch weiter blockieren und wirtschaftlich behindern. Lecornus zwei Vorgänger scheiterten im Präsidentenamt am Streit um den Haushalt. Michel Barnier überlebte einen Misstrauensantrag nicht und Bayrou verlor ein Misstrauensvotum.
Erfolgsaussichten sind geöffnet
Es bleibt abzuwarten, ob Lecornu im zweiten Anlauf erfolgreicher sein wird, sowohl bei der Konsensfindung zum Haushalt als auch bei anderen drängenden politischen Fragen. Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer 2024 ist das Parlament in verschiedene politische Blöcke gespalten, die zwar jeweils nicht über eine regierungsfähige Mehrheit verfügen, die aber auch keine tragfähigen Bündnisse bilden und sich gegenseitig blockieren.
Koalitionen wie in Deutschland sind in Frankreich ungewöhnlich. Gemessen an der Wirtschaftsleistung weist Frankreich mit 114 Prozent nach Griechenland und Italien die dritthöchste Schuldenquote in der EU auf. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent.
Die EU eröffnete im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich. Ein Sparhaushalt ist also notwendig, doch das gespaltene Parlament ist sich uneinig darüber, ob die Finanzen durch Kürzungen oder die Schaffung zusätzlicher Steuern etwa für besonders wohlhabende Menschen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden sollen.