
Stand: 5. November 2025 11:36 Uhr
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat am Mittwoch Anklage gegen den Polizisten erhoben, der den 21-jährigen Schwarzen erschossen hat. Lorenz A. starb im April bei einem Polizeieinsatz in Oldenburg.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 27-jährigen Beamten fahrlässige Tötung vor. Die Behörden begründeten ihre Entscheidung zur Anklage damit, dass zum Zeitpunkt der Schussabgabe keine Notwehrsituation mehr vorlag. Das Opfer setzte vor den Schüssen Reizgas gegen den beschuldigten Beamten ein, benutzte jedoch kein Messer, das er bei sich trug. Der Beamte hätte erkennen müssen, dass Lorenz A. lediglich fliehen wollte, wie es in einer Stellungnahme heißt.
Staatsanwalt: Polizist ging fälschlicherweise von Notwehrsituation aus
Eine Sprecherin sagte, dass „dem Angeklagten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft keine vorsätzliche Tötung vorgeworfen werden kann“. In der Erklärung heißt es weiter, dass der Polizist fälschlicherweise angenommen habe, es handele sich um Notwehr. Das Landgericht Oldenburg muss nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Im Falle einer Verurteilung droht dem Polizisten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
Anwälte der Eltern sehen Totschlag als gegeben an
Den Eltern von Lorenz A. geht die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht weit genug. Wie die drei Anwälte der Familie am Mittwoch in einem Brief schrieben, hätte „Anklage wegen Totschlags erhoben werden müssen“. Sie vertreten den Standpunkt, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Polizist fälschlicherweise davon ausgegangen sei, es handele sich um eine Notwehrsituation, während Lorenz A. sich abwandte und flüchtete. Die drei Anwälte kündigten zudem an, die Eltern als Nebenkläger im Verfahren zu vertreten.
Polizeichef: Bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung
Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Oldenburg zeige aus ihrer Sicht deutlich, dass „unser Rechtsstaat funktioniert“. Sie verstehe „die Trauer und Wut, die der Tod von Lorenz A. ausgelöst hat.“ Allerdings kam es zu allgemeinen Vorwürfen von Polizei und Staatsanwaltschaft, die weder zutreffend noch durch Fakten untermauert waren. Der Präsident des Polizeipräsidiums Oldenburg, Andreas Sagehorn, sagte zu den Vorwürfen, dieser Schritt sei Teil des Verfassungsprozesses. Dies könnte Angehörigen und Freunden des Verstorbenen helfen, dieses schreckliche Ereignis zu verarbeiten – unabhängig vom Urteil. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
Drei Schüsse trafen Lorenz A. in Oldenburg von hinten
Dem Polizeieinsatz war eine Auseinandersetzung vor einer Diskothek vorausgegangen. Dort soll Lorenz A. zwei Türsteher mit dem Reizmittel attackiert haben und anschließend geflüchtet sein. Er bedrohte seine Verfolger mit einem Messer. Als er auf herbeigerufene Polizisten traf, sprühte er das Reizmittel in ihre Richtung und rannte an ihnen vorbei. Erst dann fielen die fünf tödlichen Schüsse. Drei Projektile trafen Lorenz A. von hinten in Oberkörper, Hüfte und Kopf. Eine vierte Kugel soll seinen Oberschenkel gestreift haben. Lorenz A. erlag in einem Krankenhaus seinen lebensgefährlichen Verletzungen.






