![Laut Nancy Faeser wird es keine umfassenden Grenzkontrollen geben Laut Nancy Faeser wird es keine umfassenden Grenzkontrollen geben](https://i0.wp.com/berliner-zeitung.imgix.net/2024/09/15/52bfdb0a-cb0e-481c-af68-531cf9325841.jpeg?w=1024&auto=format&w=1024&resize=1024,0&ssl=1)
Deutschland will von Montag an verstärkte Grenzkontrollen durchführen. Da das Vorgehen im In- und Ausland auf Besorgnis stößt, versprach Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nun einen flexibleren Umgang. Ziel sei, „dass die Menschen in den Grenzregionen, Pendler, Handel und Gewerbe durch die Kontrollen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden“, erklärte Faeser am Sonntag in Berlin. Kritik kam nicht nur aus den betroffenen Regionen, sondern auch aus den Nachbarländern.
Das Bundesinnenministerium wies darauf hin, dass es „zielgerichtete Kontrollen statt flächendeckender“ geben müsse. In der Bild am Sonntag versprach es: „Keine langen Staus, sondern kluge Kontrollen, wie es die aktuelle Lage erfordert.“
„Wir wollen die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleppern das Handwerk legen, Kriminellen das Handwerk legen und Islamisten frühzeitig identifizieren und stoppen“, begründete Faeser die Kontrollen, die nun auch die Grenzen zu den Benelux-Staaten, Dänemark und Frankreich betreffen sollen. Damit sei es auch möglich, Menschen, die illegal einreisen wollten, „effektiv zurückzuweisen“.
Stationäre Grenzkontrollen gibt es bereits an den Landgrenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz. Seit der Ausweitung dieser Kontrollen Mitte Oktober 2023 wurden laut Bundesinnenministerium rund 52.000 illegale Einreisen festgestellt und rund 30.000 Zurückweisungen ausgesprochen – etwa, wenn keine oder ungültige Reisedokumente vorgelegt wurden.
Ein Sprecher der Stadt Herzogenrath an der niederländischen Grenze sagte der Rheinischen Post zu den Kontrollen: „Es besteht die Gefahr, dass sie eine Belastung für die vielen Tausend Bürger beider Länder darstellen und auch negative wirtschaftliche Auswirkungen haben.“ Die Maßnahme könne „den Charakter unserer Region verändern“, fügte er hinzu und verwies auf die bislang enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Österreich will keine abgelehnten Flüchtlinge aufnehmen
Kurz nachdem die Pläne der Bundesregierung vor rund einer Woche bekannt wurden, kündigte die österreichische Regierung an, keine aus Deutschland abgelehnten Flüchtlinge mehr aufzunehmen. „Österreich wird keine aus Deutschland abgelehnten Menschen aufnehmen“, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). „Dafür gibt es keinen Spielraum.“ Er habe den Chef der österreichischen Bundespolizei angewiesen, „keine Flüchtlinge zurückzunehmen“.
Auch Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatte die Kontrollen zuvor kritisiert. „Der einzige Weg, die irreguläre Einwanderung zu stoppen, ist eine effiziente Kontrolle der EU-Außengrenzen. Nicht der Binnengrenzen“, erklärte er am späten Freitagabend im Internetdienst X. Polens Innenminister Tomasz Siemoniak warnte gegenüber der Nachrichtenagentur PAP vor Gefahren für den „Geist von Schengen und der EU“, wenn die Reisefreiheit in Frage gestellt werde.
Polizei kritisiert: Zu wenig Personal für zusätzliche Kontrollen
Bei der deutschen Polizei gibt es Bedenken, ob sie die große Zahl an Kontrollen personell bewältigen kann. „Das ist noch nicht abschließend geklärt“, kritisierte Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei bei der Bundespolizei, im Redaktionsnetzwerk Deutschland die Beschlüsse der Regierung. Auch Bundespolizeipräsident Uli Grötsch sprach im Deutschlandfunk von einer „großen Herausforderung“ für Polizisten.
An der deutsch-dänischen Grenze rechnet SSW-Bundestagsabgeordneter Stefan Seidler damit, dass es durch die Kontrollen „zu Stoßzeiten, wenn Pendler zur Arbeit wollen, zu langen Staus kommen wird“. Er halte die neuen Kontrollen für „völlig falsch“, sagte Seidler dem NDR. Das gelte auch für Kontrollen auf dänischer Seite.
Die Linke: Grenzkontrollen treiben Deutschland an den Rand des Chaos
Auch die Linkspartei äußerte sich skeptisch. „Die Einführung umfassender Grenzkontrollen treibt Deutschland und die EU an den Rand des Chaos“, sagte die Linkspartei-Migrationsexpertin Clara Bünger der Rheinischen Post. Bünger sprach sich gegen „nationale Alleingänge aus, die rechtlich fragwürdig sind und die Zusammenarbeit innerhalb der Union untergraben“ und gegen ein „soziales Klima der Ausgrenzung“, das die Regierung fördere.
Die Kontrollen seien ein „ganz konkreter weiterer Schritt hin zu mehr Sicherheit und weniger illegalen Grenzübertritten“, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast. Die schon seit langem bestehenden Kontrollen an den Ostgrenzen hätten sich bewährt, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) dem NDR.
CDU-Chef Friedrich Merz sagte der Bild am Sonntag: „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie Ende des Jahres eine ehrliche Bilanz zieht, ob die getroffenen Maßnahmen die Zahl der irregulär einreisenden Migranten spürbar reduziert haben.“ Merz bekräftigte seine Forderung, Schutzsuchende direkt an den Grenzen zurückzuweisen.