Landtagswahl 2024
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Brandenburg steht vor einer schwierigen Regierungsbildung
SPD-Ministerpräsident Woidke hat die Wahl in Brandenburg knapp gewonnen. Doch die kommenden Wochen werden für ihn keine einfachen, denn es stehen schwierige Diskussionen bevor. Am Montag wollen die Parteien ihr Ergebnis analysieren.
- Bundesparteien halten morgens und mittags Pressekonferenzen ab
- Auf Landesebene äußern sich die Spitzenkandidaten
- SPD siegt knapp vor AfD, Grünen, Linken und BVB/Freien Wählern, die nicht mehr im Landtag sind
- SPD will noch diese Woche Gespräche beginnen – auch mit dem BSW
- Brandenburger CDU-Chef Redmann will im Amt bleiben
Einen Tag nach der Landtagswahl in Brandenburg beraten die Bundesparteien in Berlin über den Ausgang und mögliche Folgen. Den Auftakt macht am Montagvormittag die AfD mit einer Pressekonferenz, gefolgt von FDP, Wahlsieger SPD und BSW. CDU und Linke haben ihre Pressekonferenzen für den frühen Nachmittag angekündigt. In Potsdam gibt es am Vormittag eine Pressekonferenz mit Spitzenkandidaten und Generalsekretären der Landesparteien.
Am späten Sonntagabend, vorläufiges amtliches Endergebnis der Landtagswahl in Brandenburg. Dementsprechend SPD mit 30,9 Prozent der Stimmen. Es folgt der AfD mit 29,2 Prozent. Die CDU ist auf 12,1 Prozent abgerutscht und landet hinter dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die sofort 13,5 Prozent erreichte. Grün, links Und BVB/Freie Wähler haben zum Teil deutlich an Stimmen verloren und liegen unter der Fünf-Prozent-Hürde: Die Grünen mit 4,1 Prozent, die Linke mit 3,0 Prozent und BVB/Freie Wähler mit 2,6 Prozent.
Da weder die Grünen noch die Linkspartei und die BVB/Freien Wähler Direktmandate erringen konnten, werden sie nicht wieder in den Landtag gewählt. Mit knapp 73 Prozent liegt die Wahlbeteiligung so hoch wie nie zuvor in Brandenburg.
Woidke wird wohl nicht um die BSW herumkommen
Im neuen Landtag hätte ein Bündnis aus SPD und BSW eine knappe Mehrheit, auch eine Dreierkoalition mit der CDU wäre möglich. Die AfD verfügt über eine Sperrminorität von 30 Sitzen. Damit kann sie Entscheidungen blockieren, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, etwa die Wahl der Verfassungsrichter.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat bereits angekündigt, mit der CDU Gespräche über eine Zusammenarbeit führen zu wollen. Eine rot-schwarze Koalition wäre allerdings eine Minderheitsregierung, da beide Fraktionen zusammen so viele Sitze im Landtag haben wie AfD und BSW und damit nicht über eine absolute Mehrheit verfügen. Die Positionen von CDU und BSW liegen in vielen Punkten sehr weit auseinander. Brandenburg steht daher eine schwierige Regierungsbildung bevor.
SPD will auch mit dem BSW reden
Die Brandenburger SPD will derweil möglichst noch in dieser Woche Sondierungsgespräche beginnen. Die Sozialdemokraten seien offen für Gespräche mit CDU und BSW, sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller am Montagmorgen im rbb24-Inforadio. Die Sondierungsgespräche sollten zügig und möglichst noch in dieser Woche beginnen. Zur Regierungsbildung sagte er: „Da wollen wir in den nächsten Wochen Fortschritte machen.“ Mit der AfD wolle er keine Sondierungsgespräche führen.
Der BSW will zunächst die Gespräche zwischen SPD und CDU abwarten. „Das sollten sie tun“, sagte BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach im Deutschlandfunk. Für eine Koalitionsbeteiligung des BSW sei ein neuer Politikstil nötig, man müsse „mehr auf die Menschen zugehen und ihnen zuhören“, sagte der frühere SPD-Politiker auf WDR5. Im Fokus seiner Partei in Brandenburg stehen Bildungspolitik, Kommunalfinanzen und Friedenspolitik, darunter ein Nein zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.
Scholz zeigt sich erleichtert – Chrupalla reagiert enttäuscht
Bei den Sozialdemokraten herrscht derweil Erleichterung: SPDCo-Vorsitzender Lars Klingbeil sieht das Wahlergebnis als Botschaft für die gesamte Partei. „Wir wissen, dass von der Bundesebene kein Rückenwind kommt“, sagte er gegenüber Phoenix. Fragen zur Bedeutung der Wahl für Kanzler Olaf Scholz wich Klingbeil aus.
Scholz selbst äußerte am Rande seines Besuchs bei den Vereinten Nationen in New York seine Freude über das Wahlergebnis in Brandenburg. „Ein tolles Ergebnis, sehr toll für die SPD, und für uns alle“, sagte der SPD-Politiker in einem Video, das Politico-Journalist Gordon Repinski auf der Plattform X teilte.
Der AfD-Co-Vorsitzender Tino Chrupalla zeigte sich enttäuscht über den zweiten Platz in Brandenburg. „Wir wollten Dietmar Woidke in den Ruhestand schicken“, sagte Chrupalla im ZDF. AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt, der vom Bundesamt für Verfassungsschutz als bestätigter Rechtsextremist eingestuft wird, sagte: „Die Zukunft ist blau – im Osten und überall“, sagte er.
Redmann will nicht zurücktreten
BSWCo-Vorsitzende Amira Mohamed Ali sprach von einem großen Erfolg ihrer Partei. Friedenspolitik sei ein wichtiges Thema für den BSW. Eine Regierungsbeteiligung im Landtag sei von echten Veränderungen abhängig. Eine Regierungsbeteiligung werde es nicht einfach für ein paar Ämter geben.
Der Generalsekretär des BundesCDUCarsten Linnemann sprach von einer „bitteren Niederlage“. Woidke habe mit seiner Rücktrittsdrohung alles aufs Spiel gesetzt – und gewonnen. „So sieht Glaubwürdigkeit aus.“
Der CDU-Spitzenkandidat Jan Redman Den Landesvorsitz will Redmann nach der Wahlniederlage nicht abgeben. „Das wäre ein falsches Signal“, sagte er. Er sei Landesvorsitzender der CDU und könne sagen, dass vor der CDU eine Reihe von Aufgaben liege, sagte Redmann am Montag im Inforadio von rbb24. „Diese Aufgaben muss ich auch übernehmen.“ Er werde sich seiner Verantwortung nicht entziehen.
Hängende Köpfe bei Grünen und Linken
Unterdessen ist die Stimmung unter den Wahlverlierern erwartungsgemäß schlecht. Die Brandenburger Grün haben sich nach dem Ende des künftigen Landtags besorgt geäußert. „Es gibt natürlich Enttäuschung – aber auch Entschlossenheit. Wir haben jetzt wirklich den Horror-Landtag, vor dem wir gewarnt haben“, sagte Spitzenkandidat Benjamin Raschke der Deutschen Presse-Agentur. „Es gibt keine progressive Kraft, die für soziale Gerechtigkeit, für Umwelt- und Klimaschutz steht.“
Der bisherige Grünen-Chef kündigte an, seine Partei wolle auch außerhalb des Parlaments Gehör finden. „Wir sind entschlossen, eine starke außerparlamentarische Opposition zu sein“, sagte Raschke. „Für mich als Bürger dieses Landes ist es zudem erschreckend, dass der Sieg von Herrn Woidke in Wahrheit ein Pyrrhussieg ist, dass die extreme Rechte und der Populismus gestärkt wurden und die Mitte den Kürzeren zog.“
links-Spitzenkandidat Sebastian Walter nannte das Ergebnis seiner Partei „desaströs“. Viele Menschen hätten die SPD nicht „aus Überzeugung“ gewählt, sondern wegen des „Panikwahlkampfs des Ministerpräsidenten“ gegen die AfD.
Der FDP. Sie landete bei 0,8 Prozent der Zweitstimmen nach 4 Prozent bei der vorangegangenen Landtagswahl 2019. Bayerns Landesparteichef Martin Hagen forderte deshalb einen Ausstieg der Liberalen aus der Ampelkoalition auf Bundesebene. „Wenn man merkt, das geht nicht mehr, dann muss man irgendwann bereit sein, den Stecker zu ziehen“, sagte Hagen der „Augsburger Allgemeinen“ am Montag. „Wir müssen im Bundesvorstand Klartext reden“, sagte Hagen mit Blick auf die Sitzung am Montag.
Bereits in Sachsen und Thüringen hatte die FDP die Fünf-Prozent-Marke deutlich verfehlt. Auch bei der Landtagswahl in Bayern vor einem Jahr musste die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Hagen Einbußen hinnehmen und verpasste mit einem Ergebnis von drei Prozent den Wiedereinzug in den Landtag.