Ladenschlussgesetz vor Änderung: Sonntagsöffnung für Minimärkte im Eiltempo | hessenschau.de

Obwohl sie ohne Personal arbeiten, dürfen Teo-Minimärkte derzeit nur an Wochentagen geöffnet sein. Jetzt kommt die Gesetzesänderung. Die CDU/SPD-Regierung holt eine Oppositionspartei ins Boot – die Grünen trotz Einigung nicht.

Aus
Wolfgang Türk

„Du sollst am siebten Tag ruhen!“ Was aber, wenn am Sonntag nicht genügend Brühe für den Braten vorhanden ist oder bis Montag nicht genügend Toilettenpapier vorhanden ist? Im vergangenen Dezember stellte der Hessische Verwaltungsgerichtshof gegenüber der Tegut-Handelsgruppe klar: Ihre Teo-Märkte, die sich meist in Kleinstädten befinden, sind keine rechtliche Lösung für solche Engpässe, auch wenn sie ohne Personal operieren.

Seitdem sind die 30 digitalen Vollautomaten mit ihren knapp 1.000 Artikeln wieder an Sonn- und Feiertagen geschlossen und nur noch werktags rund um die Uhr geöffnet. Das wird sich im Sommer mit ziemlicher Sicherheit wieder ändern.

Den Weg dafür ebnet der Landtag ab kommenden Mittwoch mit einer Änderung des Ladenschlussgesetzes. Das Besondere daran: das bereits angekündigte Rechnung, das jetzt vorliegt, bringt die regierende CDU/SPD-Koalition mit der oppositionellen FDP zusammen. Das gaben die drei Fraktionen gemeinsam am Dienstag in Wiesbaden bekannt.

Maximal 120 Quadratmeter

Kein Personal, maximal 120 Quadratmeter Verkaufsfläche: Damit der verfassungsrechtlich garantierte Sonntagsschutz nicht verletzt wird, sollen Smartshops künftig unter diesen Voraussetzungen auch an bisher tabuisierten Tagen öffnen dürfen. Der Reichweite sind Grenzen gesetzt. Erlaubt sind nur Waren des täglichen Bedarfs – also Lebensmittel, Haushalts- oder Hygieneartikel.

Jetzt soll es schnell gehen: Nach der ersten Lesung nächste Woche ist für Juni eine Expertenanhörung geplant. Im Juli, in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause, wird die Angelegenheit mit großer Sicherheit mit großer Mehrheit zum Gesetz. Neben der FDP haben sich auch die Grünen bereits deutlich dafür ausgesprochen. Die AfD hat sich nicht festgelegt.

Die Grünen blieben außen vor

Nach dem Gerichtsurteil zu den Teo-Märkten Ende des Jahres legte die FDP im Januar einen eigenen Gesetzentwurf vor. Denn sie zieht sich nun zurück, um eine gemeinsame Initiative mit Schwarz-Rot zu starten. Die FDP hatte eine maximale Verkaufsfläche von 100 Quadratmetern geplant – nun sind es 20 mehr. Die Teo-Märkte sind mit rund 50 Quadratmetern weniger als halb so groß.

Die Grünen, die ebenfalls das Tempo vorgaben, wurden nicht gefragt, ob sie sich an der „Teo-Koalition“ beteiligen wollten. CDU-Ministerpräsident Boris Rhein beendete die Koalition mit ihnen zugunsten der SPD. Am liebsten hätte er die FDP als Koalitionspartner gehabt. Obwohl es für ein Zweierbündnis bei weitem nicht reichte und sie auch nicht für eine Mehrheit benötigt wurde, führte er sogar Sondierungsgespräche mit der FDP.

CDU: Die Lebensbedingungen haben sich verändert

Das Ladenschlussgesetz mit der strengen Sonn- und Feiertagsregelung „entspricht nicht mehr den aktuellen Lebensverhältnissen der Menschen, die von Flexibilität, verändertem Freizeitverhalten und auch Veränderungen in der Arbeitswelt geprägt sind“ – so Heiko Kasseckert, wirtschaftspolitischer Sprecher für die CDU, begründete den Entwurf.

„Unser Gesetzentwurf legt klare Regelungen fest, die arbeitsfreie Sonntage auch in Zukunft schützen“, betonte Matthias Körner, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Und FDP-Fraktionschef Stefan Naas sagte: „Nach unserer liberalen Auffassung brauchen die Menschen niemanden, der ihnen erklärt, was ihrer Seele gut tut.“ Am Sonntag eine Tüte Milch zu kaufen, ist kein Kulturbruch.

OB hat Märkte verklagt, die ihm gefallen

Neben dem Handelsverband Hessen sprachen sich auch zahlreiche Kommunalpolitiker dafür aus, den Sonntagsverkauf auch für Geschäfte ohne Personal zu öffnen. Sie wiesen nicht nur darauf hin, dass wegen der Märkte sonntags niemand arbeiten müsse. Vor allem in ländlichen Gebieten, wo nicht einmal Tankstellen oder Bäckereien den Menschen mit einem kleinen Zusatzsortiment weiterhelfen können, kommt es an Sonn- und Feiertagen zu Versorgungslücken.

Das digitale Marktmodell wird auch von anderen Handelskonzernen getestet. Befürworter des Sonntagsverkaufs behaupten, dass die zusätzlichen Verkäufe die Chance erhöhen, dass sich das Angebot vor allem in ländlichen Gebieten lohnt.

Zu den Unterstützern gehörte auch Fuldas Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU). Die Stadt hatte die Schließung der Teo-Märkte sonntags gesetzlich durchgesetzt. Wingenfeld betonte jedoch, dass er das Vorhaben der Fuldaer Tegut-Gruppe positiv sehe, sich aber an Recht und Ordnung halte.

Kritik kam bis zuletzt von den beiden großen christlichen Kirchen und den Gewerkschaften, die auch für den Sonntag ein Bündnis haben. Sie befürchten, dass der in der Verfassung garantierte Sonntagsschutz ausgehöhlt wird. Der zuständige hessische Arbeitsminister Heiko Hofmann (SPD) traf sich im März mit deren Vertretern. Es gab keine Konvergenz der Positionen.

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