Nach der wirtschaftlichen Stabilisierung der KTM-Gruppe werden die Kosten im Motorsport weiterhin geprüft. Rennchef Pit Beirer über die Maßnahmen, die auch die MotoGP ergreifen könnte.
Der Kollaps von KTM konnte zwar erfolgreich verhindert werden – von der Normalität ist das oberösterreichische Unternehmen aber noch weit entfernt. Wie auf SPEEDWEEK.com immer wieder berichtet, gelang es einem groß angelegten Restrukturierungsprozess, den lange befürchteten Zusammenbruch des bis dahin größten Motorradherstellers Europas zu stoppen. Das Rettungsmanöver war mit dramatischen Einschnitten verbunden. Monate der Unsicherheit, Produktionsstopps, Vertrauensverlust. Seit dem Ziehen der Handbremse im vergangenen Winter haben rund 1.800 der rund 6.200 Mitarbeiter ihren Job verloren.
Dass es überhaupt weitergeht, ist auch unserem langjährigen Kooperationspartner Bajaj zu verdanken. Im Vertrauen auf den Grundgedanken der Partnerschaft unterstützten die Inder KTM finanziell und unterstützten die für ihre Innovationskraft gleichermaßen geschätzten, aber auch für ihre Tapferkeit kritisierten Innviertler auf dem Höhepunkt der existenziellen Krise.
Eine entscheidende Konsequenz war der Austausch der Führungsebenen. Stefan Pierer ging – Gottfried Neumeister kam. Der neue CEO übernahm mit viel Elan die Macht und moderiert seit Ende Jänner 2025 zwischen Österreich und Indien. Der 48-Jährige gilt als neuer Frontmann in Österreich – auch wenn die Übernahme der Aktienmehrheit durch Bajaj längst beschlossene Sache ist. Wie kürzlich auf SPEEDWEEK.com berichtet wurde, sind die Weichen für das neue Kräfteverhältnis gestellt. Bis November soll Bajaj 76 Prozent der Anteile halten – und kann dann als Mehrheitseigentümer Entscheidungen treffen.
Rajiv Bajaj gab im Vorfeld bekannt, dass die Maßnahmen zur Sicherung der KTM-Zukunft noch nicht abgeschlossen seien. Eine der wichtigsten Aufgaben dieses Führungsteams besteht darin, die Lieferkette für die KTM AG wirtschaftlicher zu gestalten. Auch die Verwaltungskosten aus Marketing, Entwicklung, Motorsport und Verwaltung sind ein wesentlicher Kostenfaktor. In diesen Bereichen sind die Kosten um 50 Prozent zu hoch.
Konfrontiert mit der Aussage des KTM-Retters und zukünftigen Besitzers war KTM-Manager Pit Beirer nicht überrascht. In einem Interview mit SPEEDWEEK.com sagte der Verantwortliche für die Rennstruktur: „Erstens steht außer Frage, dass Rajiv Bajaj auch mit großem persönlichem Einsatz entscheidend zur Rettung von KTM beigetragen hat. Die Aussagen zum aktuellen Kostenszenario entsprechen der Realität. Fakt ist: Wir haben gemeinsam – und schon vor langer Zeit – beschlossen, die Konsequenzen zu tragen und alle Bereiche so aufzustellen, dass KTM auch in Zukunft als erfolgreiches Unternehmen bestehen bleibt. Ich kann nur für den Motorsport sprechen.“
Motorsportchef Beirer weiter: „Entscheidend ist, dass wir bei unseren Engagements keine Abstriche bei der Qualität machen. Wir wollen Premium sein – und können dies auch in Zukunft mit entsprechenden Premium-Budgets tun.“
Dies deckt sich mit den Aussagen von Gottfried Neumeister, der im ersten Interview mit SPEEDWEEK.com während des Catalunya GP sagte: „Wir sind uns im Unternehmen alle einig, dass wir die Besten sein wollen. Und dem müssen wir unser weiteres Handeln unterordnen. Ein Bekenntnis zur Königsklasse macht nur Sinn, um zu zeigen, dass KTM in der Lage ist, eine der besten Technologien der Welt zu liefern.“
Der öffentlich gefeierte Testlauf des neuen 850er-Motors für den Einsatz ab 2027 unterstreicht, dass KTM und Bajaj entschlossen sind, sich weiterhin der Konkurrenz in der MotoGP zu stellen. Pit Beirer: „Ich habe die offizielle Bestellung für den neuen Motor für den Einsatz in der neuen MotoGP-Ära erhalten. Niemand hätte den Motor genehmigt, nur um ihn dann nicht zu bringen. Wir sind in der MotoGP, um dort zu bleiben.“
Doch der Topmanager der Rennabteilung verschließt nicht die Augen vor der Realität. Beirer zu den Maßnahmen, von denen einige bereits umgesetzt wurden: „Beispiel: Rallye Dakar. Das Engagement steht nicht zur Diskussion, es ist Teil des Unternehmens und wir werden von hier aus weitermachen. Trotzdem haben wir den Kader der Werksfahrer von acht auf drei reduziert. Das tat weh, war aber ein Beitrag für KTM in der Zukunft. Jetzt haben wir die beiden besten Rallye-Fahrer plus den besten Neueinsteiger. Natürlich wird die Luft dünner und es gibt weniger Reserven, wie bei Dakar – aber das ist der Fall.“ war noch nie einfach.“
Beirer fasst zusammen: „Es geht nicht darum, das Geschäftsmodell auf den Kopf zu stellen, sondern Kostenstelle für Kostenstelle zu betrachten. Wir nehmen das sehr ernst, aber das bedeutet nicht, dass wir uns überhaupt aus dem Rennsport zurückziehen. Alles, was wir anfassen, muss von bester Qualität sein, da sind wir uns alle einig.“
