Um dem Bund Cloud-Dienste anbieten zu können, plant Microsoft eine Kooperation mit der SAP-Tochter Delos. Über den deutschen Cloud-Betreiber sollen Verwaltungen künftig auch Microsoft-365-Dienste nutzen können. Kritiker warnen nun, dass die Abhängigkeit des Bundes von Microsoft dadurch steige.
Aufgrund von Datenschutzbestimmungen ist es für Behörden in Deutschland grundsätzlich schwierig, Microsoft-Cloud-Dienste zu nutzen. Dies gilt laut einem Bericht von auch für die Bundesregierung Netzpolitik.orgDemnach nutzen Bundesbehörden die Microsoft-Office-Pakete bislang als On-Premise-Lösungen, es handelt sich also um lokal laufende Anwendungen.
Allerdings besteht Bedarf, Microsofts Cloud-Dienste und -Anwendungen wie Teams oder den KI-Assistenten Copilot künftig stärker zu nutzen. Um das zu ermöglichen, kommt die SAP-Tochter Delos ins Spiel. Der deutsche Cloud-Betreiber kooperiert ab sofort mit Microsoft, um Azure-Dienste und Office-Lösungen in eigenen Rechenzentren zu betreiben – also sowohl auf eigener Hardware als auch mit eigenem Lizenzierungsprozess.
Es soll eine Plattform geschaffen werden, die laut „Bundesrechtliche Anforderungen hinsichtlich Daten, Betrieb und Regulierung„Halten Sie die gesetzlichen Vorschriften zum Datenschutz, zur IT-Sicherheit und zum Geheimnisschutz in vollem Umfang ein.
Nächster Anlauf für die Deutschland-Cloud
Es handelt sich also um einen weiteren Versuch einer Art deutscher Cloud. Microsoft hatte bereits nach den NSA-Enthüllungen ein ähnliches Projekt mit der Telekom gestartet, die damals als eine Art Treuhänder eingesetzt wurde. Damit sollte garantiert werden, dass Microsoft keine vertraulichen Daten an Geheimdienste wie die NSA weitergeben muss. In den USA gibt es entsprechende Gesetze, die allerdings dem europäischen Datenschutzrecht widersprechen. Ein nachhaltiger Erfolg war Microsofts deutscher Cloud allerdings nicht.
Mit der SAP-Vereinbarung könnte sich das nun ändern, denn sie geht noch weiter. Delos kontrolliert nicht nur den Zugriff auf die Kundendaten, sondern betreibt auch das gesamte Rechenzentrum selbst und vertreibt auch die Lizenzen.
Mit der Delos-Cloud soll sich das ändern. Dann wäre es möglich, Microsoft 365 als Cloud-Dienst zu nutzen.
„Microsoft-Cloud in einer Delos-Shell“
Datenschutzbeauftragte und Unterstützer freier Software sind von der Vereinbarung nicht sehr begeistert. Sie ist „eine Microsoft-Cloud im Delos-Mantel“, sagte Anke Domscheit-Berg (Die Linke) zu Netzpolitik.org. Die ohnehin schon große Abhängigkeit der Regierung von Microsoft – und damit auch von proprietärer Software – würde dadurch noch verstärkt.
Die Kosten, die dem Bund für IT-Dienste und Lizenzen von Microsoft entstehen, steigen ohnehin. 2023 lag die Summe bei 198 Millionen Euro, davon 98,5 Millionen Euro für Dauerlizenzen. 2017 lag die Summe bei 74 Millionen Euro.
Das Ziel, offene Software in der Verwaltung einzusetzen, rückt damit immer weiter in die Ferne. Und je mehr Lösungen aus Microsofts Cloud-Ökosystem zum Einsatz kommen, desto schwieriger wird es, freie Alternativen zu integrieren. Damit schränke der Bund den Handlungsspielraum ein, sagt Domscheit-Berg.
Bundeskanzler Scholz warb persönlich für SAP-Einigung
Im Vorfeld der Entscheidung hatte sich auch der IT-Planungsrat gegen die Delos-Cloud ausgesprochen. Die Bundesregierung entschied jedoch anders. Netzpolitik.org berichtete, sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe im Juni persönlich in einer Sitzung des IT-Planungsrates interveniert und für Delos geworben. Laut Netzpolitik.org ein ungewöhnlicher Vorgang, denn die Bundeskanzlerin äußert sich normalerweise nur selten zur Digitalisierung der Verwaltung.
Allerdings hatte es bereits einen Monat vor dem Treffen ein Treffen zwischen Scholz und der SAP-Spitze gegeben. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei hervor.
SAP bringt Microsoft 365 im zweiten Halbjahr 2025 auf den Markt
SAP selbst hat den Start der Microsoft-Kooperation in der Delos-Cloud am Donnerstag offiziell bekannt gegeben. Ab dem ersten Halbjahr 2025 sollen erste Azure-Dienste verfügbar sein, Microsoft Office 365 soll dem Plan zufolge in der zweiten Jahreshälfte folgen. In den kommenden Jahren will SAP zudem 2 Milliarden Euro investieren, um sichere Cloud-Dienste in Deutschland anzubieten.