Bei der kriselnden Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn, DB Cargo, gerät Vorstandsvorsitzende Sigrid Nikutta zunehmend unter Druck. Ein interner Bericht der Strategieberatung Oliver Wyman übt deutliche Kritik am vorgelegten Sanierungskonzept für DB Cargo. Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuvor hatte der Spiegel darüber berichtet.
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Dem Bericht zufolge sei das Konzept „objektiv nicht geeignet, mit überwältigender Wahrscheinlichkeit die nachhaltige Ertrags- und Wettbewerbsfähigkeit der DB Cargo AG sicherzustellen“.
Doch genau das ist dringend nötig: Die Transporttochter des Bahnkonzerns muss im nächsten Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben, wie die EU-Kommission im Rahmen eines Beihilfeverfahrens festgestellt hat. Cargo-Chef Nikutta hat dem Unternehmen deshalb einen strikten Sparkurs verordnet – dieser sei dem Bericht zufolge jedoch nicht mit „hinreichend konkreten Maßnahmen“ untermauert.
Rote Zahlen seit Jahren
Dementsprechend seien „einige Annahmen in der Planung sehr optimistisch und im aktuellen Markt- und Wettbewerbsumfeld wahrscheinlich nicht umsetzbar.“ Grundsätzlich hält das Gutachten eine erfolgreiche Sanierung des Unternehmens für möglich. Nach dpa-Informationen hat die Bahn die Untersuchung selbst in Auftrag gegeben. Das bundeseigene Unternehmen äußerte sich auf Nachfrage nicht zu dem Bericht.
DB Cargo steckt schon länger in der Krise und schreibt seit Jahren rote Zahlen. Bisher wurden die Bilanzen immer von der Muttergesellschaft ausgeglichen, was jedoch aufgrund des EU-Beihilfeverfahrens nicht mehr möglich ist.
Cargo-Chefin Nikutta konzentrierte sich in ihrem Restrukturierungskurs zuletzt auf Personalabbau und den Verkauf von Fahrzeugen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung vor einer Woche berichtete, wird DB Cargo nach Nikuttas Plänen in den nächsten Jahren von 19.000 auf 10.000 Mitarbeiter schrumpfen. Auch zahlreiche Werkstätten müssen voraussichtlich schließen.
Große Hoffnungen setzte der Manager auch in die Förderung des Einzelwagenverkehrs durch die Bundesregierung. Beim Einzelwagenverkehr werden die Waggons mehrerer Kunden zu einem Zug zusammengefasst und zu verschiedenen Zielorten gebracht.
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Die Aufteilung ist wichtig, um Güter von der Straße auf die Schiene zu transportieren. Gleichzeitig ist der Einzelwagentransport auch sehr kostenintensiv. Die seit 2024 geltende Förderung reichte DB Cargo zuletzt nicht aus, um den Einzelwagenverkehr profitabel zu machen.
Gewerkschaft fordert Entlassung
Vor einer Woche forderte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Entlassung des Frachtchefs. „Nikuttas Bilanz ist verheerend – ein Verlust von über 3,1 Milliarden Euro seit ihrem Amtsantritt spricht für sich“, schrieb die stellvertretende EVG-Vorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Cargo, Cosima Ingenschay, in einem Brief an die neue Bahn-Vorstandschefin Evelyn Palla und den Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Gatzer. „Was sie Transformation nennt, ist eigentlich eine gedankenlose Entschleunigung“, hieß es laut EVG.
Während die Belegschaft jeden Tag alles daran setzt, die Züge am Laufen zu halten, verkauft die Unternehmensleitung Tafelsilber, schickt dringend benötigtes Personal mit Abfindung nach Hause und lagert Dienstleistungen ohne Notwendigkeit an Dritte aus.
(vbr)