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Krankschreibung: SPD-Gesundheitsminister fordert „bis zu zwei Wochen“ Krankschreibung ohne Attest – Warken offen für Diskussionen

Derzeit ist eine Krankmeldung spätestens nach dem dritten Werktag fällig. Von einer Aufweichung zum vierten oder fünften Werktag ist die Rede. Der Gesundheitsminister spricht von einer „ausgewogenen Lösung“, will weiteren Diskussionen aber nicht den Garaus machen.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) ist bereit, über eine Lockerung der Krankschreibungsregelungen für Arbeitnehmer zu sprechen. „Ich bin grundsätzlich offen für Optimierungen, wenn es Chancen gibt, effizienter zu werden“, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk auf eine entsprechende Initiative des Chefs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, angesprochen.

Gassen sagte am Wochenende dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Die gesetzliche Möglichkeit des Arbeitgebers, in den ersten drei Tagen die Vorlage einer Krankschreibung zu verlangen, führt zu abertausenden Arztbesuchen, die aus unserer Sicht nicht unbedingt notwendig sind.“ Er schlug vor, dass man in der Regel erst nach dem vierten oder fünften Krankheitstag eine Bescheinigung vorlegen müsse. Nach der aktuellen Rechtslage müssen Arbeitnehmer erst dann eine Bescheinigung vorlegen, wenn sie länger als drei Kalendertage, also am vierten Tag, arbeitsunfähig sind. Der Arbeitgeber kann dies jedoch auch früher verlangen.

Warken weist nun auf die Bedeutung einer „ausgewogenen Lösung“ für beide Seiten hin, also Arztpraxen, die nicht übermäßig belastet werden sollten, und Arbeitgeber, die an Quittungen für krankgemeldete Arbeitnehmer interessiert sind: „Wir sollten beide Interessen im Auge behalten und uns nach der Infektionsphase erneut darüber unterhalten.“ Aber: „Am jetzigen Standort möchte ich keine Änderungen vornehmen.“

Auch der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) plädiert für eine deutliche Lockerung der Regeln zur Krankschreibung – und geht sogar noch weiter als der Spitzenvertreter der Krankenkassen. „Ich würde noch weiter gehen und einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen besprechen wollen“, sagte Hoch. „Damit können wir einen konkreten Beitrag zum Bürokratieabbau in Arztpraxen und zur Entlastung unserer Ärzte leisten.“

Dann stünde mehr Zeit für die Behandlung von Menschen, die wegen einer Krankheit kommen und nicht wegen einer Bescheinigung für den Arbeitgeber. „Die Menschen im Land arbeiten hart, sind engagiert und haben Freude daran. Deshalb sollten wir ihnen im Krankheitsfall das nötige Vertrauen entgegenbringen.“

Knapp 20 krankheitsbedingte Ausfalltage je Versicherten in Deutschland

Die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage in Unternehmen in Deutschland hat in den letzten Jahren neue Höchstwerte erreicht. So zählte die DAK Gesundheit im Jahr 2024 19,7 Fehltage je Versicherten, die Techniker Krankenkasse zählte 19,1 Fehltage je Versicherten. Ökonomen und Verbände warnen vor den wirtschaftlichen Folgen hoher Krankenstände – geringeres Wirtschaftswachstum und höhere Sozialversicherungsbeiträge. Im Gespräch ist auch die Abschaffung der Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag.

Das Gesetz schreibt vor, dass ein Arztbesuch und die Vorlage einer Krankmeldung erst dann notwendig sind, wenn Sie länger als drei Kalendertage krank sind. Eine Abweichung von dieser Regelung ist im Entgeltfortzahlungsgesetz jedoch zulässig. Darin heißt es: „Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage des ärztlichen Attestes früher zu verlangen.“

Jährlich werden Gassen zufolge rund 116 Millionen Krankschreibungen ausgestellt. Rund 35 Prozent davon würden maximal drei Tage dauern. Würden diese wegfallen, würden dem Gesundheitssystem 1,4 Millionen Arbeitsstunden oder Kosten von 100 Millionen Euro eingespart. Gassens Initiative stieß bei Arbeitgebervertretern auf deutliche Kritik.

jho/sebe/saha mit dpa

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