Konzertrezension
–
Katy Perry in Berlin – zwischen echter Euphorie und virtueller Dystopie
Mi 22.10.25 | 11:04 Uhr | Aus
Es war ein Wiedersehen nach mehr als sieben Jahren: Pop-Queen Katy Perry trat am Dienstag in der Uber Arena auf. Fotos mit Ex-Premierminister Trudeau lösten kürzlich Liebesgerüchte aus, und das Konzert konzentrierte sich auf einen Kampf gegen dunkle Maschinenkräfte. Von Kai Salander
Drohnen flitzen durch die Luft. Von künstlicher Intelligenz gesteuerte Maschinen haben die Welt erobert. Auf den Bildschirmen hinter der Bühne in der Uber Arena, wo Katy Perry am Dienstag auftritt, flimmern Cyberstädte und Datenströme.
Katy Perrys Alter Ego KP143 – halb Mensch, halb Maschine – soll in einem Computerspiel die Welt retten, Schmetterlinge befreien und Herzen sammeln, um Kräfte freizuschalten. Ihr Gegner: Mainframe, Vordenker der Cyberwelt – doch ihr euphorischer Elektropop wirkt wie ein neonfarbener Hoffnungsschimmer.
Eine Pop-Hymne nach der anderen
Wie bei einem DJ-Set gehen die Pop-Hymnen nahtlos ineinander über – eine nicht enden wollende Euphorie. Perry läuft dann auf und ab wie auf einem Laufsteg. Die Bühne: eine liegende Acht, Symbol der Unendlichkeit. Alle paar Songs wechselt die Sängerin ihr Outfit – mal glitzernder Body, mal ein Kleid aus grünen Blättern, tropisch, verspielt – fast so, als hätte sie die Fantasiewelten ihrer Musikvideos in die Arena geholt.
Nicht nur die Outfits, auch das Bühnenbild verändert sich rasant: ein Gerüst, ein riesiger Frauenkörper aus Stahl, der eine leuchtende Kugel trägt, und weiße Skulpturen, die an DNA-Stränge erinnern. Zuvor unterhält sich Perry unverblümt mit einem ihrer Tänzer über seinen vergangenen Abend im Berliner Sexclub Kitkat und betont, dass sie die Arena in einen großen Sexclub verwandeln möchte.
Akrobatik im Popzirkus
Es ist eine mehrdimensionale Show – über, unter und neben der Bühne. Manchmal reitet Perry auf einer Plattform hoch, dann schwingt sie sich an Seilen durch die Arena, um dann mit acht Rückwärtssaltos zurück auf die Bühne zu schwingen und für den nächsten Kostümwechsel im Boden zu verschwinden. Leuchtende rosa und weiße Herzen fallen von der Decke und erinnern an die Mission im Videospiel. Dort hat sie eine Bonusrunde freigeschaltet: Per QR-Code kann das Publikum über den nächsten Song abstimmen. Allerdings gibt es technische Probleme – kein Handyempfang.

Viel Kontakt zu den Fans
Während des Konzerts sucht Perry stets die Nähe zu ihren Fans. Wie in anderen Städten schnappt sie sich plötzlich die Kamera eines Zuschauers, filmt sich selbst beim Gehen über die Bühne und fragt verwirrt, wem das Gerät gehört.
Am Bühnenrand spricht sie kurz mit einem jungen Mann aus Georgien, der gegen die russischen Besatzer in seinem Land protestiert und ins Mikrofon zum Frieden ruft – die Menge jubelt. Wenig später lädt sie einige Fans auf die Bühne, darunter eine Frau im Pizzakostüm – eine Hommage an Perrys legendären Clubauftritt in Las Vegas. Vor ein paar Jahren warf sie Pizzastücke in die Menge.
Star Wars-Showdown
Endlich wandert der Kampf gegen das Böse aus der Cyberwelt auf die Bühne. Tänzer in schwarzen Umhängen humpeln mit Krücken, die wie Roboterbeine aussehen. Katy Perry bekämpft sie mit einem roten Lichtschwert – eine Szene direkt aus Star Wars.
Dann kann Videospielheldin KP143 den Endgegner Mainframe besiegen und endlich die Schmetterlinge befreien. Wenig später sitzt Katy Perry sogar auf einem weißen Schmetterling, der mit langsamen Flügelschlägen hoch über den Köpfen der Fans ein paar Runden dreht – begleitet von der Siegerhymne „Roar“.
„Das war der Sound meiner Jugend“, jubelt am Ende eine junge Frau, die wie einige andere Fans ein Pailletten-Outfit trägt. Es war eine akribisch choreografierte Show, ein Mosaik aus Momenten großer Emotionen – zwischen echter Euphorie und virtueller Dystopie. Pop-Sternenstaub der Extraklasse.
Ausstrahlung: rbb24 Inforadio, 22. Oktober 2025, 6:55 Uhr