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Geschrieben von:
Michael Fischer, dpa
Iran hat die Schließung seiner drei Generalkonsulate in Deutschland verurteilt und aus Protest den Geschäftsträger der deutschen Botschaft vorgeladen. Die Entscheidung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Iranern und Deutschen konsularische Dienstleistungen in Deutschland zu verweigern, sei „ungerechtfertigt“, erklärte das iranische Außenministerium in einer Pressemitteilung auf dem Internetportal „Iran Nuances“. Es ist unklar, ob die Regierung in Teheran weitere Maßnahmen ergreifen wird. Beobachter in Teheran erwarten jedoch härtere Schritte.
Zuvor hatte die Bundesregierung als Reaktion auf die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelbürgers Djamshid Sharmahd die Schließung der Vertretungen in Frankfurt am Main, Hamburg und München mit insgesamt 32 Konsularbeamten angekündigt. Baerbock begründete den Schritt mit dem „unmenschlichen Vorgehen“ der iranischen Führung. „Dass der Mord vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten stattfand, zeigt, dass ein diktatorisches Unrechtsregime wie das der Mullahs nicht nach normaler diplomatischer Logik agiert“, sagte der Grünen-Politiker. Das iranische Außenministerium bezeichnete den Protest der Bundesregierung gegen die Hinrichtung als Einmischung in innere Angelegenheiten.
Nur einmal zuvor hat die Regierung eine solche Maßnahme ergriffen
Die Reaktion auf die Hinrichtung war härter als viele erwartet hatten. Die betroffenen Konsularbeamten verlieren ihr Aufenthaltsrecht und müssen das Land verlassen, es sei denn, sie können andere Aufenthaltsgründe, wie beispielsweise die Unionsbürgerschaft, nachweisen. Die Botschaft in Berlin bleibt jedoch geöffnet und ist weiterhin für die konsularische Betreuung der 300.000 Iraner in Deutschland zuständig. Über die Zahl der Mitarbeiter der Botschaft macht das Auswärtige Amt keine Angaben.
Bisher hat die Bundesregierung nur einmal zu so drastischen Strafmaßnahmen gegriffen: Infolge des Angriffs auf die Ukraine wurden vier russische Generalkonsulate geschlossen, wenn auch mit Verzögerung. Die Entscheidung wurde erst 15 Monate nach dem Einmarsch im Mai 2023 als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Beamter getroffen und erst zum Jahreswechsel 2023/24 umgesetzt.
Rund 300.000 Iraner in Deutschland
Die iranische Justiz gab am Montag die Hinrichtung Sharmahds bekannt. Er wurde im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt. Die Bundesregierung, Angehörige und Menschenrechtler wiesen die Vorwürfe gegen ihn vehement zurück.
Baerbock verwies darauf, dass die Bundesregierung Iran stets vor schwerwiegenden Folgen im Falle einer Hinrichtung gewarnt habe. Sie forderte die Freilassung der noch inhaftierten Deutschen, deren Zahl das Auswärtige Amt nicht bekannt gibt.
Neuer Tiefpunkt in den deutsch-iranischen Beziehungen
Die ohnehin stark eingeschränkten deutsch-iranischen Beziehungen haben mit der Schließung des Generalkonsulats einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Nach dem Todesurteil gegen Sharmahd wies das Auswärtige Amt zwei iranische Diplomaten aus. Iran wiederum reagierte mit der Ausweisung der gleichen Anzahl deutscher Diplomaten. Dies ist in solchen Fällen ein übliches Vorgehen.
Auch die Europäische Union diskutiert über weitere Sanktionen gegen Iran. Dabei könnte es sich um Personen handeln, die an der Hinrichtung, Inhaftierung oder Verhandlung beteiligt sind, die die Bundesregierung als rechtsstaatswidrig erachtet. Baerbock forderte die EU außerdem erneut auf, die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen.
Baerbock hatte „schwerwiegende Konsequenzen“ angekündigt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Baerbock hatten die Hinrichtung bereits am Montag scharf verurteilt. Baerbock bestellte zunächst den Leiter der iranischen Botschaft in Berlin ins Auswärtige Amt ein. Staatssekretärin Susanne Baumann brachte ihm in einem Gespräch ihren „starken Protest gegen das Vorgehen des iranischen Regimes“ zum Ausdruck.
Derzeit gibt es keinen iranischen Botschafter in Berlin. Der bisherige Botschafter ist im Rahmen eines regulären Personalwechsels ausgeschieden und ein Nachfolger ist noch nicht eingetroffen. Nach Sharmahds Ermordung ist es unwahrscheinlich, dass bald ein neuer Botschafter entsandt wird.
Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Iran
Der deutsche Botschafter in Teheran, Markus Potzel, wurde von Baerbock zu „Konsultationen“ nach Deutschland zurückbeordert. Mittlerweile hat er den Iran verlassen. Wann er zurückkommt, ist ebenfalls völlig unklar.
Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Iran und hat deutsche Staatsbürger bereits zur Ausreise aufgefordert. Es ist unklar, wie viele Deutsche noch im Land sind. Auf der Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes ist eine niedrige dreistellige Zahl verzeichnet.
Sharmahd kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland
Sharmahd wurde 1955 in Teheran geboren, kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland und wuchs in Niedersachsen auf, wo er jahrelang einen Computerladen in der Landeshauptstadt Hannover betrieb. 2003 zog er schließlich nach Kalifornien in die USA, wo er politisch aktiv wurde.
In den USA war Sharmahd in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe „Tondar“ (Donner) aktiv. Die iranische Regierung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Stadt Shiraz verantwortlich zu sein, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen. Die Vorwürfe können nicht unabhängig überprüft werden – Angehörige der Toten hatten die Hinrichtung Sharmahds gefordert.
Kritiker bezeichneten den Prozess gegen Sharmahd als äußerst unfair. Es war ihm nicht gestattet, seinen Anwalt selbst zu wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zum Schluss unbekannt. Im Staatsfernsehen ausgestrahlte Geständnisse wurden möglicherweise unter Folter erzwungen. Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess führte Abolghassem Salawati, auch bekannt als „Richter des Todes“, der von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union sanktioniert wurde.
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