
Trinkgeld ist in Deutschland nicht verpflichtend, aber üblich. Digitales Bezahlen verändert die Trinkgeldkultur. Es lauert sogar eine böse Steuerfalle.
Hamm – In deutschen Restaurants ist Trinkgeld ein fester Bestandteil der Esskultur, auch wenn es gesetzlich freiwillig ist. Als Faustregel gilt: 5 bis 10 Prozent des Rechnungsbetrages gelten als angemessen; Bei besonders gutem Service können es auch 10 bis 15 Prozent sein. Anders als in den USA, wo Trinkgelder oft 20 Prozent und mehr betragen und quasi Pflicht sind, bleibt die Praxis in Deutschland gemäßigter – nicht zuletzt, weil Servicekräfte hierzulande einen gesetzlichen Mindestlohn erhalten und für ihre Existenz nicht auf Trinkgeld angewiesen sind. Auch wenn sie einen erheblichen Anteil ausmachen – das weiß ein Experte aus Nordrhein-Westfalen genau.
„Anders als in anderen Ländern gehören Trinkgelder bei uns nicht zum Lohn. Das spiegelt sich darin wider, dass die Tariflöhne relativ hoch sind“, bestätigt Thorsten Hellwig vom DEHOGA NRW (Hotel- und Gaststättenverband). Denn das Trinkgeld sei „unabhängig vom Lohn und wird als freiwilliger Beitrag des Gastes an den Mitarbeiter addiert“. Er weiß aber auch: „Tipps bleiben für viele Mitarbeiter in der Gastronomie aber nach wie vor ein wichtiger Faktor.“
Trinkgeld und Steuern: Was Servicemitarbeiter wissen müssen
Die Art und Weise der Trinkgeldübergabe folgt eigenen Regeln: In Deutschland ist es üblich, das Trinkgeld direkt beim Bezahlen zu geben und es nicht auf dem Tisch liegen zu lassen. Wenn Sie bar bezahlen, runden Sie den Gesamtbetrag inklusive Trinkgeld auf bzw. geben Sie ihn an – zum Beispiel „das sind 35 Euro“ für eine Rechnung über 31,50 Euro. Das Wort „Das stimmt“ signalisiert, dass keine Veränderung gewollt ist. Komplizierter wird es beim Bezahlen mit Karte: Viele Gäste geben lieber Bargeld statt Trinkgeld, da nicht immer klar ist, ob das über das Kartenterminal gegebene Trinkgeld auch tatsächlich beim Personal ankommt.
„Der Trend zu mehr digitalem Bezahlen macht auch vor dem Gastgewerbe nicht halt, auch wenn der Anteil der Barzahlungen in Deutschland weiterhin hoch ist“, sagt Hellwig vom DEHOGA NRW. Insofern ist weiterhin alles zu finden: Trinkgeld in bar, digital, Bezahlung der Rechnung digital und Trinkgeld in bar (hybrid). „Laut unserer letzten Umfrage ist die Trinkgeldmenge leicht rückläufig und liegt bei rund sieben Prozent“, sagt er. Allerdings sind die Schwankungen enorm und von Unternehmen zu Unternehmen und von Mitarbeiter zu Mitarbeiter sehr unterschiedlich.
Einen Einfluss darauf haben auch die Innovationen der digitalen Welt. „Die Möglichkeit, die Trinkgeldhöhe an digitalen Terminals voreinzustellen, wird von den Gästen einerseits begrüßt, weil sie Orientierung gibt, andere Gäste fühlen sich jedoch bevormundet, bestimmte Trinkgeldbeträge anzugeben“, sagt DEHOGA NRW-Sprecher Hellwig. „Laut unserer letzten Umfrage hat rund ein Fünftel davon Gebrauch gemacht“, erklärt er.
Dies würde einen Mehraufwand für den Gastronomen bedeuten, da die Trinkgeldabrechnung in der Regel von den Mitarbeitern untereinander und ohne Mitwirkung des Gastronomen abgewickelt wird. „Jetzt gibt es einen digitalen Bezahlvorgang, dessen Summe zwischen Catering-Leistung und Trinkgeld aufgeteilt und dann verteilt wird“, sagt Hellwig. Aus diesem Grund muss der Gastronom auf das Trinkgeld zusätzliche Kreditkartengebühren zahlen. Auch für Kellnerinnen und Kellner kann hier eine kleine Steuerfalle lauern.
Wie viel Trinkgeld gebe ich?
Für Gäste gilt weiterhin die Faustregel: Guter Service verdient Anerkennung, und 10 Prozent sind in den meisten Fällen eine faire Geste der Wertschätzung.
Freiwillige Trinkgelder sind grundsätzlich steuerfrei, unabhängig davon, ob sie in bar oder digital erfolgen. Durch die Kartenzahlung ändert sich „nur“ die praktische Handhabung: Ähnlich wie beim Trinkgeld in bar kommt es auch beim Trinkgeld per Karte darauf an, dass das Trinkgeld bestimmungsgemäß und in klar definierter Form für den oder die Mitarbeiter gegeben wird. „Wenn das nicht geschieht, können sie steuerlich anders bewertet werden“, sagt Hellwig vom DEHOGA NRW. Es muss dann zwischen „gewerblichen Einkünften“ und „einkommensteuerpflichtigen Einkünften“ unterschieden werden.
Rechtlich ist die Sachlage klar: Trinkgelder gehören dem Servicepersonal persönlich und sind steuerfrei, sofern sie freiwillig gegeben werden. „Freiwillige Trinkgelder, die ein Mitarbeiter von Dritten erhält, sind grundsätzlich steuerfrei“, bekräftigt Helllwig. Entscheidend ist, dass es sich dabei um freiwillige Spenden Dritter selbst handelt, also von den Gästen an den Mitarbeiter. Sie sind kein Bestandteil des Gehalts und der Arbeitnehmer hat keinen Rechtsanspruch darauf. Arbeitgeber dürfen es nicht einbehalten oder auf den Lohn anrechnen. Dennoch gibt es in der Gastronomie unterschiedliche Pooling-Systeme, bei denen Trinkgelder gesammelt und an alle Mitarbeiter – auch das Küchenpersonal – verteilt werden.