Bayerns Giulia Gwinn bezeichnet das Aufeinandertreffen ihrer Mannschaft mit dem Vizemeister der Bundesliga, Wolfsburg, als „das Finale, das sich Fußball-Deutschland gewünscht hat“. Der FC Bayern München will das Double schaffen, doch im Finale trifft er auf keinen Geringeren als den Rekordsieger des Pokalwettbewerbs – den VfL Wolfsburg. Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn der FC Bayern die Erfolgsserie der Wölfinnen durchbrechen kann?
Der Zeitpunkt des Pokalfinales könnte für den FC Bayern kaum besser sein. Am vergangenen Wochenende wurde in Leverkusen die Meisterschaft gesichert. Die Münchnerinnen dürften derzeit den Schwung auf ihrer Seite sehen. Dessen ist sich auch Mala Grohs, Torhüterin des FC Bayern, bewusst: „Nach dem Gewinn der Meisterschaft reisen wir mit viel Selbstvertrauen nach Köln.“ Laut ihrer Teamkollegin Giulia Gwinn sei es das Ziel des FC Bayern, immer „so viele Titel wie möglich“ zu gewinnen. Auch auf dem Platz werden die Ambitionen des Deutschen Meisters bestätigt. Nach der Winterpause kamen die Münchner immer mehr in den Rhythmus und sind nicht umsonst seit zwölf Spielen ungeschlagen. Die Abwehr um Kapitän Glódís Viggósdóttir scheint schwer zu überwinden zu sein und in der Offensive sorgen Spieler wie Klara Bühl und Pernille Harder für die nötige Gefahr.
Der FC Bayern steht in dieser Saison erstmals seit 2018 wieder im Pokalfinale. Auch damals mussten die Münchnerinnen gegen den VfL spielen. Dort wurde das Spiel im Elfmeterschießen zugunsten der Wolves entschieden. Schaut man sich den Kader vor sechs Jahren an, fällt auf, dass bis auf Pernille Harder keiner der aktuellen Bayern-Spieler damals für den VfL spielte. Damit wäre es für alle die erste Chance seit Langem, mit dem FC Bayern den DFB-Pokal zu gewinnen. Generell hatte der Großteil der Münchner Mannschaft in ihrer bisherigen Karriere noch nicht die Möglichkeit, an einem DFB-Pokalfinale teilzunehmen. In ihrer Geschichte haben die Bayern-Frauen noch kein einziges Mal das Double gewonnen. Diesen Donnerstag habt ihr die Chance. Entsprechend groß ist die Motivation, die Saison mit zwei Titeln möglichst perfekt abzuschließen.
Dass das Wort „Wachablösung“ auf beiden Seiten unbeliebt ist, wurde im Vorfeld des Finales deutlich. Alexandra Popp bezeichnete es sogar als „absolut respektlos“ gegenüber den bisherigen Leistungen des VfL Wolfsburg. Die Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft wird dennoch genügend Respekt vor ihren Gegnern haben. Besonders positiv blicken die Münchnerinnen laut Mala Grohs auf die letzten Duelle gegen die Wölfinnen: „Wir haben es in dieser Saison zweimal geschafft, sie zu Hause und in Wolfsburg zu schlagen.“ Während der FC Bayern das Hinspiel zu Hause nur knapp mit 2:1 gewann, ließ er im Rückspiel dem amtierenden Pokalsieger keine Chance und zeigte beim 4:0-Erfolg seine ganze Stärke. Solche Ergebnisse der jüngsten Begegnungen sind natürlich inspirierend. Der FC Bayern wird mit viel Selbstvertrauen nach Köln reisen. Das Team von Alexander Straus kann sich jedoch nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen und ist sich der Gefahren bewusst, die von den Wölfinnen ausgehen.
Welche Kraft der VfL Wolfsburg im DFB-Pokal entfalten kann, hat die SGS Essen zuletzt gespürt. Während der FC Bayern im Elfmeterschießen um den Einzug ins Finale kämpfte, siegten die Wölfe in einer absoluten Machtdemonstration mit 9:0 gegen den Ligakonkurrenten aus Essen. Der DFB-Pokal der Frauen ist automatisch mit dem VfL verbunden: Die Wölfinnen haben seit 2015 jedes Endspiel gewonnen und sind mit insgesamt zehn Titeln alleinige Rekordhalterin. In den letzten 49 Wettbewerbsspielen ging der VfL Wolfsburg jedes Mal als Sieger hervor und krönte sich damit neun Saisons in Folge zum Pokalsieger.
In der laufenden Pokalsaison musste Torhüterin Merle Frohms kein einziges Mal hinter sich greifen, wohingegen es in der Liga bereits 19 Gegentore gab. „Wir wollen unsere Siegesserie fortsetzen und den Pokal mit nach Wolfsburg nehmen“, erklärte Svenja Huth vor der Partie. In den Reihen der Rekordsieger gibt es definitiv mehr Spieler, die Erfahrung in Pokalfinals haben. Das gilt auch für Alexandra Popp, die den Pokal scherzhaft „mein Baby“ nennt, „weil wir ihn schon so oft gewonnen haben“. Ein Vorteil, der am Ende für den VfL Wolfsburg entscheidend sein könnte. „Die Serie wird uns helfen. Sie wird etwas für die Spielerinnen bringen“, sagt Wolfsburgs Leiter Frauenfußball, Ralf Kellermann.
Obwohl der FC Bayern am vergangenen Spieltag die Meisterschaft gewann, konnte Wolfsburg auch in der Liga mit einer sehr guten Leistung überzeugen. Beim 5:1-Sieg über Köln ragten einmal mehr Ewa Pajor und Vivien Endemann heraus. Zwei Spieler, die auch am Donnerstag für die Wolves wichtig sein werden. „Wir fahren mit dem Gefühl nach Köln, dass wir hier nur etwas gewinnen können“, prognostizierte Ralf Kellermann. Tatsächlich steht für den VfL viel auf dem Spiel: Sollte es im Pokal zu einer Niederlage kommen, wäre es die erste titellose Saison für den Verein seit 2012 – ein historisch schlechtes Ergebnis.
In diesem Jahr verteidigte der FC Bayern den Meistertitel, allerdings schieden die Wölfe bereits in der ersten Qualifikationsphase aus der Champions League aus. Für Popp ist die Bedeutung dieses Pokalfinales klar: „Die letzten beiden Jahre lief es für uns in der Liga nicht so toll. Jetzt haben wir die Chance zu zeigen, dass wir noch da sind“, erklärt Alexandra Popp Kicker. Die Mannschaft von Tommy Stroot wird motiviert sein, den Fans in dieser Saison mit dem Gewinn des DFB-Pokals einen Titel bieten zu können und so die durchwachsene Saison zu einem versöhnlichen Ende zu bringen.
Beide Teams haben auf jeden Fall die individuellen Qualitäten, das Finale zu gewinnen. Am Donnerstag kommt es auf die Tagesform an und darauf, wer vor ausverkauftem Publikum die Nerven am besten behält.