Pakistans Innenminister Mohsin Naqvi sagte, Taliban-Kämpfer hätten auf Zivilisten geschossen. Sie eroberten 19 Grenzposten, von denen aus sie angriffen. Pakistan hat alle Grenzübergänge zu Afghanistan geschlossen. Nach Intervention Saudi-Arabiens und Katars, die eine Eskalation befürchteten, wurden die Kämpfe in der Nacht zum Sonntag vorerst eingestellt.
Die Taliban sprachen von „Vergeltungsangriffen“. In der Nacht zum Freitag kam es im Zentrum von Kabul zu einer oder mehreren Explosionen. Pakistanische Medien berichteten von einem Drohnen-„Präzisionsangriff“ auf die Führung der pakistanischen Taliban-Bewegung TTP, darunter auch deren Anführer Nur Wali Mehsud. Die TTP bestätigte den Tod von zwei Anführern, nicht jedoch von Mehsud. Wenige Stunden zuvor hatten nach Angaben der Taliban pakistanische Kampfflugzeuge Häuser und einen Basar in der afghanischen Südostprovinz Paktika angegriffen. Bereits im Dezember 2024 griff Pakistan dort angebliche TTP-Stellungen an.
Das Taliban-Regime warf Pakistan vor, der Angriff in Kabul sei „beispiellos in der Geschichte der bilateralen Beziehungen“. Seit der Staatsgründung Pakistans im Jahr 1947 sind sie wegen der derzeitigen Grenzverwaltung, die von Afghanistan nicht anerkannt wird, angespannt und haben immer wieder zu Scharmützeln geführt. Auch die Unterstützung Pakistans für die Taliban und ihre Vorgänger, die Mudschaheddin, während der sowjetischen und US-geführten Interventionen seit den 1980er Jahren änderte daran nichts. Beide Bewegungen erkannten die Grenze nicht an, als sie an die Macht kamen.
Nach zwei Jahrzehnten Militäreinsätzen der von den USA geführten NATO-Truppen hat die islamistische Terrorgruppe Taliban im August 2021 die Kontrolle über das Land zurückerobert. Die afghanische Bevölkerung leistet trotz Repression Widerstand.
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Anstieg der Angriffe in Pakistan
Die pakistanische Führung hat sich bisher nicht direkt zu den Luftangriffen geäußert. In einer Pressekonferenz des Militärs am Freitag erklärte ein Sprecher lediglich, man werde weiterhin „alles Notwendige“ tun, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Verteidigungsminister Khwaja Muhammad Asif sagte kürzlich im Parlament, dass die Geduld mit „Terroristen und ihren Unterstützern“ zu Ende sei.
Die TTP hat in diesem Jahr ihre Angriffe in Pakistan verstärkt. Laut unabhängigen Beobachtern wurde die Zahl von 600 Vorfällen aus dem Vorjahr bereits erreicht. Erst am Samstag griff ein TTP-Selbstmordattentäter ein Polizeiausbildungszentrum im Nordwesten Pakistans an und tötete dabei mindestens sieben Menschen. Die pakistanische Regierung forderte die afghanischen Taliban wiederholt auf, die TTP-Führer auszuliefern – ohne Erfolg. Sie behaupten, nur Flüchtlinge aufzunehmen und keine militanten Aktionen zu unterstützen.
Die Eskalation ereignete sich während eines Besuchs des Taliban-Außenministers Amir Chan Mutaki in Indien. Auch Pakistans wichtigster regionaler Rivale nähert sich der Anerkennung des Taliban-Regimes. Pakistan befürchtet eine Bedrohung von zwei Seiten.
Die Geduld mit Terroristen und ihren Unterstützern ist erschöpft
Pakistans Verteidigungsminister Khwaja Muhammad Asif
Die Spannungen könnten auch die Lage der rund 2.000 Afghanen verschärfen, die in Pakistan auf die Überprüfung ihrer Aufnahmezusagen durch Deutschland warten. Nach Angaben der Bundesregierung hatte Pakistan ihnen eine Aufenthaltsdauer bis zum Jahresende gewährt. Am Donnerstag veröffentlichte Minister Asif in den sozialen Medien, dass die wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Kosten der Aufnahme afghanischer Flüchtlinge nicht länger tragbar seien.