
FAQ
Künftig sollen Nieren von lebenden Menschen gespendet und von mehr Menschen als bisher empfangen werden dürfen. Das Bundeskabinett hat einem entsprechenden Gesetzentwurf zugestimmt. Wie das genau funktionieren soll, erklären wir in einer FAQ.
Was gilt bisher?
Wer zu Lebzeiten ein Organ oder Teile davon an jemand anderen spenden möchte, muss die betreffende Person gut kennen: Voraussetzung ist eine enge Verbindung, etwa zu Verwandten ersten oder zweiten Grades (Eltern, Kinder, Geschwister – auch Halbgeschwister –, Großeltern und Enkel), eine Verlobung, Lebenspartnerschaft oder eine andere enge Beziehung, die laut Gesetz „offensichtlich“ sein muss.
Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass die Spende aus persönlichem Bezug und nicht aus finanziellen Gründen erfolgt. Die Spender müssen zudem volljährig und einwilligungsfähig sein und dürfen durch die Transplantation keiner über das reine Risiko der Operation hinausgehenden Gesundheitsgefährdung ausgesetzt werden.
Was soll sich ändern?
Der Gesetzentwurf sieht zwei neue Möglichkeiten der Lebendnierenspende vor:
Eine davon ist die sogenannte Kreuzspende. Dabei handelt es sich um den Fall, dass jemand einem geliebten Menschen eine Niere spenden möchte, dies aber aus immunologischen Gründen nicht möglich ist – das Spenderorgan würde nach der Transplantation abgestoßen werden. Wir sprechen dann von einem „unverträglichen Organspendepaar“. Solche Paare sollen künftig „kreuzweise“ spenden können. Das bedeutet, dass die spendewilligen Partner ihr Organ dem Partner des anderen Paares zur Verfügung stellen können, der die Spende benötigt. Eine Bekanntschaft der beiden Paare ist hierfür keine Voraussetzung.
Zudem solle eine „ungerichtete, anonyme Nierenspende“ erlaubt sein. Das bedeutet, dass jemand eine Niere spenden kann, ohne dass eine Verbindung zu einer Person besteht, die eine Organspende benötigt – ohne zu wissen, wer sie erhalten wird. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass eine solche Spende selten sein wird.
Warum kommt die Änderung jetzt?
Die Wartezeit auf eine Nierentransplantation beträgt in Deutschland derzeit bis zu acht Jahre. Experten fordern daher schon seit Längerem eine Reform der geltenden Regelungen. Ziel ist es, mehr Organspender zu gewinnen. Gesundheitsminister Warken sagte: „Die Kreuzlebendnierenspende stärkt die bewusste Entscheidung zur Organspende.“ Dabei steht der Wunsch zur Organspende im Vordergrund und nicht die Familienbande. Zusammen mit der anonymen Nierenspende gibt dies vielen Menschen Hoffnung, die auf ein Spenderorgan angewiesen sind.
Wie soll das Ganze organisiert sein?
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums soll ein Programm zur Kommunikation und Umsetzung der neuen Spendemöglichkeiten sowie eine zuständige Stelle eingerichtet werden. Doch die Details sind noch offen. Allerdings solle die Platzierung der Nieren und Spender „ausschließlich nach medizinischen Kriterien und unter Wahrung der Anonymität“ erfolgen.
Was sieht der Gesetzentwurf sonst noch vor?
Anders als heute soll es möglich sein, Organe oder Gewebe weiterzugeben, die im Rahmen einer medizinischen Behandlung „einwilligungsunfähigen“ Menschen entnommen wurden. Dazu gehören Herzklappen, die im Rahmen einer Herztransplantation entfernt wurden und noch funktionieren.
Darüber hinaus sollte den psychologischen und sozialen Folgen einer Lebendorganspende mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Für Spendenwillige ist daher vor dem Eingriff eine „unabhängige psychosoziale Beratung und Begutachtung“ verpflichtend. Darüber hinaus sollte ihnen während des gesamten Spendevorgangs eine unabhängige Begleitperson zur Seite stehen, beispielsweise ein Arzt oder eine Krankenschwester. Wenn jemand, der eine Niere gespendet hat, aufgrund einer Krankheit später im Leben eine Niere benötigt, sollte die frühere Spende bei der Organgestaltung „angemessen berücksichtigt“ werden. Die Einzelheiten müssen noch von der Bundesärztekammer geklärt werden.