Frankreichs berühmtester Denkmalpfleger Stéphane Bern bezeichnete den „Jahrhundertdiebstahl“ im Louvre als „nationales Trauma“. „Die symbolische Wirkung ist sehr schlecht. Das erinnert an die Revolution und den Raub der Kronjuwelen“, sagte Bern. Dabei handelt es sich um Schmuckstücke von unschätzbarem historischen Wert, die möglicherweise für immer verloren gehen.
Das meistbesuchte Museum der Welt blieb am Montag geschlossen. Da das Museum dienstags regulär geschlossen bleibt, wird es voraussichtlich erst am Mittwoch wieder für Besucher geöffnet. Einbrecher drangen am Sonntagmorgen in die berühmte Galerie ein, die als Vorbild für den in Versailles errichteten Spiegelsaal gilt, und öffneten vor den Augen der staunenden Besucher die Glasvitrinen mit Winkelschleifern. Ein Besucher filmte, wie einer der Täter mit gelber Warnweste die Vitrine mit den Kronjuwelen manipulierte. Das Sicherheitspersonal habe sich, wie der „Figaro“ schrieb, in Sicherheit gebracht.
Die Täter stellten Warnkegel rund um den Lkw auf
Als die Polizei eintraf, waren die vier mutmaßlichen Täter bereits wieder geflüchtet und nutzten die Hubleiter, die sie zuvor auf den Balkon im ersten Stock des Louvre-Flügels gefahren hatten. Ohne Erlaubnis, aber offenbar unbehelligt, hatten sie einen Mietlastwagen mit Hebeleiter vor dem Gebäude geparkt. Wann sie das Fahrzeug vor der Museumsfassade unweit des Seine-Ufers abstellten, ist noch unklar. Die Täter stellten sogar Warnkegel rund um den Lkw auf. Ermittler ließen das Fahrzeug am Sonntag abschleppen, um es auf Spuren zu untersuchen.
Für die Ermittler beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Ein Spezialkommando der Polizei fahndet intensiv nach den Tätern. Die Diebe haben viele Spuren hinterlassen. Einer der Männer ließ auf der Flucht seine Sicherheitsweste in der Nähe der Sully Bridge fallen. Die beiden Winkelschleifer, ein Lötbrenner, Handschuhe, ein Walkie-Talkie und eine Decke wurden in der Nähe des Tatorts geborgen. Dank städtischer Videoüberwachung konnten die Nummernschilder der beiden T-Max-Roller, mit denen die Diebe flüchteten, sichergestellt werden. Die Ermittler befürchten, dass die Täter ins Ausland fliehen. Anschließend drohen die historischen Schmuckstücke demontiert und Diamanten und andere Edelsteine einzeln verkauft zu werden.
Die Beute umfasst 8708 Diamanten
Insgesamt wurden acht Schmuckstücke gestohlen. Zwei erst 2020 erneuerte Vitrinen seien kaputt gegangen, sagte die ermittelnde Staatsanwältin Laure Beccuau auf einer Pressekonferenz. Es fehlten eine Smaragdkette und ein Paar Ohrringe aus der Sammlung von Kaiserin Marie-Louise (1791–1847), der zweiten Frau von Napoléon Bonaparte. Die Diebe stahlen außerdem einen Ohrring und eine Saphirkette der Königin Marie Amélie (1782–1866) und Hortense (1783–1837) sowie zwei Broschen und eine Tiara aus der Sammlung der Kaiserin Eugénie (1826–1920).
Als besonders bitter gilt der Diebstahl einer weiteren Brosche der Kaiserin Eugénie, die mit drei großen Diamanten des Sonnenkönigs Ludwig XIV. besetzt ist und von Königin Marie-Antoinette getragen wurde. Auch die Krone der Kaiserin Eugénie wurde gestohlen, die Diebe verloren sie jedoch auf der Flucht. Es hieß, die Krone sei beschädigt. Es ist mit 1354 Diamanten und 56 Smaragden besetzt. Ihr Zustand werde derzeit „untersucht“, teilte das Kulturministerium mit. Insgesamt umfasst die Beute 8.708 Diamanten, 34 Saphire, 38 Smaragde und 212 Perlen.
Einen Teil des Schmucks hatten die Freunde des Louvre in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe wohlhabender Mäzene zurückgekauft. Der Verein „Amis du Louvre“ wird vom ehemaligen Botschafter in Washington, Gérard Araud, geleitet. Er beschrieb den Diebstahl auf Gleis X als „kleinen Vorfall“ und weigerte sich, sofort den Schluss zu ziehen, dass die Regierung versagt habe. Nach einer Protestwelle löschte er den Tweet.
Louvre-Direktor von Personal ausgebuht
Am Montag kam es in Frankreich zu einer Debatte über die gescheiterte Sicherung der Kronjuwelen. Im Visier der Kritik steht die 2024 ernannte Sicherheitsdirektorin Dominique Buffin. Sie wurde als erste Frau gefeiert, die für die Sicherheit des 70.000 Quadratmeter großen Museums verantwortlich war. Der Louvre-Direktor Laurence des Cars begründete Buffins Beförderung mit der „notwendigen Feminisierung“ des Sicherheitsberufs, wie „Le Monde“ schrieb. Mittlerweile gibt es Forderungen, Buffin fristlos zu entlassen. Justizminister Gérald Darmanin sagte am Montag im Radio: „Wir müssen unsere Versäumnisse eingestehen.“
Unterdessen veröffentlichte die Presse Auszüge aus einem vorläufigen Bericht des Staatsrechnungshofs, in dem gravierende Sicherheitsmängel im Louvre beklagt wurden. Die Videoüberwachung des Museums ist unzureichend. Im Denon-Flügel, in dem sich die Apollon Gallery befindet, ist nur jeder dritte Raum mit einer Videokamera ausgestattet. Im Richelieu-Flügel sind drei Viertel der Säle ohne Videoüberwachung. Gleichzeitig wurde die Zahl der Museumswärter stetig reduziert. Zuletzt streikten die Sicherheitskräfte im Juni, um gegen Personalabbau zu protestieren und auf Sicherheitsmängel aufmerksam zu machen.
Wie französische Medien weiterhin berichten, wurde der Direktor des Wagens am Montag bei einer Mitarbeiterversammlung ausgebuht. Dementsprechend forderten die Mitarbeiter eine Entschuldigung von ihr. Statt wie gefordert in mehr Sicherheit zu investieren, soll de Cars eine halbe Million Euro für einen neuen Speisesaal im Louvre ausgegeben haben, um hochrangige Gäste empfangen zu können, berichtete „Le Canard Enchainé“. Das Arbeitsklima gilt als giftig. Die Unzufriedenheit der Mitarbeiter soll auch der Grund dafür gewesen sein, dass das Museum am Montag geschlossen blieb.
Auch die Pariser Polizeipräfektur steht wegen der Sicherheitsmängel in der Kritik. Bis vor wenigen Tagen hatte Innenminister Laurent Nuñez das Sagen. Der Innenminister sagte, bei den Dieben handele es sich um ein erfahrenes Team, das die Abläufe und Räumlichkeiten genau kenne. „Offensichtlich war dies eine Gruppe, die genau wusste, was sie tat.“