JU-Chef Johannes Winkel hat die Häufigkeit öffentlicher Äußerungen der ehemaligen CDU-Kanzlerin Angela Merkel kritisiert. Es sei „außergewöhnlich, wie oft sie sich in die Tagespolitik einmischt“, sagte die Chefin der Jungen Union dem „Spiegel“.
Winkel kritisiert auch Merkels Umgang mit ihrer eigenen politischen Vergangenheit. „Diese Aussagen wären glaubwürdiger, wenn sie auch Selbstkritik üben würde.“ Als Beispiele nannte Winkel Merkels Russland- und Ukraine-Politik und aus seiner Sicht ihren „weitgehend inszenierten Auftritt“ mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sowie ihre Kritik an Polen. „Viele fragen sich: Was genau will sie damit erreichen?“ sagte Winkel.
Über Merkels Beweggründe spekulierte der JU-Chef: Sie habe womöglich ein „schlechtes Gewissen“ und versuche, „ihren Eintrag in die Geschichtsbücher zu retten“. Winkel bezweifelt, dass ihr das gelingen würde, wenn sie alle zwei Wochen an einer Debatte teilnehmen würde. „Viele in der Union sind darüber verärgert.“
Bei ihrem Ausscheiden aus dem Amt vor vier Jahren sagte die Altkanzlerin, sie wolle eine politische Person bleiben. Gleichzeitig versicherte sie, dass sie die Tagespolitik nicht von der Seitenlinie aus kommentieren werde.
Zuletzt meldete sie sich regelmäßig zu Wort – jüngst gab sie dem ungarischen Nachrichtenportal „Partizán“ ein Interview. Darin wies sie Kritik an ihrer Ukraine-Politik erneut zurück.
Für sie sei das sogenannte Minsker Gesprächsformat zur Umsetzung eines Friedensplans für die Ukraine ein Versuch gewesen, Russland in einen Deeskalationsprozess einzubeziehen und so der Ukraine Zeit zu verschaffen, sagte sie. „Minsk“ entstand als Folge der bewaffneten Konflikte in der Ostukraine.
Vor Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine versuchte Merkel, ein neues Gesprächsformat mit Kremlchef Wladimir Putin zu initiieren, was jedoch von Polen und den baltischen Staaten blockiert wurde. Der Altkanzler wurde daraufhin scharf kritisiert.
Merkel reist seit Monaten durch die Welt, um aus ihren Memoiren „Freiheit“ zu lesen. Darüber hinaus trifft sie sich regelmäßig mit Staats- und Regierungschefs. (TL)
