Als Jette Nietzard im Oktober 2024 den Vorsitz der Grünen Jugend zusammen mit Jakob Blasel übernahm, gab sie vor allem ein Versprechen ab: mehr Professionalität.
Ihre Vorgängerinnen Svenja Appuhn und Katharina Stolla hatten zuvor fluchtartig mit dem gesamten Vorstand der Grünen Jugend die Partei verlassen. Die Krise der Grünen verschärften sie damit kurz nach dem Abgang der früheren Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour. Man wolle weiter dezidiert linke Positionen vertreten, erklärten Nietzard und Blasel. Sie sagten aber zu, dabei verbindlich und konstruktiv zu agieren.
In der Silvesternacht ist die 26-jährige Nietzard dem in den Augen vieler Kritiker nicht gerecht geworden. Am Dienstagabend schrieb sie auf X: „Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen.“
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Am Neujahrsmorgen versuchte die Co-Chefin der Grünen Jugend diesen Post zunächst zu verteidigen. In einem Video erklärte sie, dass bestimmte Männer sowohl mit gefährlicher Zündelei als auch mit häuslicher Gewalt ihre Männlichkeit unter Beweis stellen wollten, berichtet „Bild“.
Erst am Mittwochabend löschte Nietzard schließlich ihren Post und entschuldigte sich: „Niemand sollte Silvester verletzt werden. Ich entschuldige mich für meinen Tweet“, schrieb sie. „Hätte ich so nicht formulieren sollen.“ Zugleich forderte sie eine stärkere Debatte über häusliche Gewalt.
Die ist zwar auch vielen Grünen wichtig. In der Parteizentrale hofft man dennoch, dass über Nietzards zynischen Silvester-Post bald nicht mehr gesprochen wird.
Affront gegen bürgerliche Wähler?
Im Wahlkampf versuchen die Grünen das Image als elitäre Verbotspartei abzustreifen. Kanzlerkandidat Robert Habeck und andere Spitzengrüne besuchten deshalb zuletzt die Küchentische vieler Bürger, um auch jenen zuzuhören, die der Partei wenig nahestehen – Landwirten etwa. Dass Nietzard nun bei Böller-Fans eine Neigung zur häuslichen Gewalt vermutet, durchkreuzt diese Strategie.
Es ist bereits Nietzards zweiter provokanter Post während der Feiertage. An Heiligabend schrieb sie: „Jetzt hören alle im Gottesdienst, Gott liebt alle und wir sollen teilen und morgen fordern sie wieder Abschiebungen. Frohe Weihnachten.“ Das lässt sich so lesen, als werfe Nietzard allen Christen, die die Migrationspolitik der vergangenen Jahre kritisch sehen, Heuchelei vor.
Nachdem sie ihr Studium zu frühkindlicher Erziehung an der Alice-Salomon-Hochschule abschloss, arbeitete Nietzard selbst in der Flüchtlingshilfe am Berliner Hauptbahnhof. Das erklärt vielleicht, warum sie die Weihnachtsbotschaft und eine restriktive Migrationspolitik für kaum vereinbar hält. Bürgerliche Wähler gewinnt man damit nicht unbedingt.
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Ein großes Problem sieht man bei den Grünen in Nietzards Social-Media-Aktivitäten vorerst aber noch nicht. Das Thema sei mit der Entschuldigung jetzt auch abgehakt, heißt es.
In der Mutterpartei ist man sich bewusst, dass Nietzard und ihr Co-Chef Blasel eine schwierige Gratwanderung meistern müssen. Denn die formal unabhängige Grüne Jugend bildet seit jeher auch eine Art innerparteiliche Opposition. Nachdem Stolla und Appuhn der Partei vorwarfen, linke Positionen in Verteilungsfragen und in der Klima- und Flüchtlingspolitik verraten zu haben, müssen Nietzard und Blasel schon aus Selbstachtung auch mal anecken. Allzu weichgespült wollen sie nicht erscheinen.
Entsprechend hat Nietzard die neue Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner wegen ihrer Nähe zum Oberrealo Robert Habeck zunächst kritisch beäugt. In Interviews wandte sie sich auch gegen eine Koalition mit der Union. Deren Kanzlerkandidat Friedrich Merz warf sie rassistische Positionen vor.
Zugleich ist aber auch erkennbar, dass die Grüne Jugend im Wahlkampf das Einvernehmen mit der Mutterpartei sucht – etwa mit einem Beschluss, der die militärische Unterstützung der Ukraine begrüßt.
Nietzards Feitertagsposts sind nun die erste ernsthafte Belastung für dieses neue Einvernehmen.