Berlin. Nach dem Attentat auf Trump hat US-Senator Vance Präsident Biden scharf angegriffen. Warum? Was treibt Trumps möglichen Vizepräsidentenkandidaten an?
Die Erschießung von Donald Trump war erst wenige Stunden her, als der Republikaner US-Senator JD Vance Politisch verantwortlich für den Mordanschlag sei US-Präsident Joe Biden: „Heute handelt es sich nicht einfach um einen isolierten Vorfall“, schrieb Vance auf dem Onlinedienst X. Vielmehr hätten Bidens Vorwürfe gegen Trump direkt zur Gewalt beigetragen. „Die zentrale Prämisse von Bidens Kampagne ist, dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der um jeden Preis gestoppt werden muss“, so Vance. „Diese Rhetorik führte direkt zum Mordversuch an Präsident Trump.“
Sind Bidens Reden der Grund für das Attentat?
Vances Vorwurf ist politisch besonders brisant, weil der Republikaner US-Vizepräsident wird sein, sollte Trump die Präsidentschaftswahl gewinnen: Vance ist neben Marco Rubio und Doug Burgum einer der drei Favoriten für die Vizepräsidentschaftskandidatur, die Trump seit Monaten als großes Geheimnis inszeniert – ob Vance tatsächlich Trumps Gunst genießt und sein „Running Mate“ wird, wird sich im Verlauf des Parteitags der Republikaner zeigen.
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Offenbar versucht der 49-Jährige, sich ins Rampenlicht zu rücken, indem er eine klare Rollenverteilung anbietet: Trump könnte weniger aggressiv auftreten, seinen konfrontativen Ton abschwächen und – wie er bereits angekündigt hat – zur Einheit des Landes aufrufen. Vance würde dann Anstifter der Trump-Anhängern die Schlagworte liefern wird, um das Land noch weiter zu spalten. Es wäre der Abschluss einer brutalen Kehrtwende: Der Politiker, der auch als Schriftsteller erfolgreich ist, war einst ein erklärter Trump-Gegner.
JD Vance: Netflix hat einen Film basierend auf seinem Buch gedreht
Vance, geboren vor fast 50 Jahren als James Donald Bowman, stammt aus Middletown, Ohio, dem amerikanischen Rust Belt, der vom industriellen Niedergang geprägt ist. Er wuchs in einer zerrütteten Arbeiterfamilie als vaterloser Sohn einer drogenabhängigen Mutter, die verschiedene Männer ins Haus brachte. Dank der Bemühungen seiner Großmutter konnte Vance seinen Weg gehen: Er diente in der Eliteeinheit der Marines, studierte Jura an der Eliteuniversität Yale und wurde dann Finanzmanager in einer Investmentfirma in San Francisco.
2016 veröffentlichte Vance ein autobiografisches Buch über die Geschichte seiner Familie mit dem Titel „Hillbilly Elegy“ – ein tiefer Einblick in eine neue weiße Unterschicht in den USA, die sich mit dem vergeblichen Kampf um sozialen Aufstieg abgefunden hat und dem liberalen Teil der amerikanischen Gesellschaft die Welt der Trump-Wähler erklärt. Das Buch erschien im Juni 2016 während Trumps erstem Präsidentschaftswahlkampf und wurde schnell zu einem Bestseller, den Netflix später verfilmte.
Capital Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE-Zentralredaktion
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Zu dieser Zeit war Vance ein scharfer Kritiker von Trumpnannte dessen politische Ideen absurd und beklagte die feindselige Rhetorik gegenüber Einwanderern. Der gefeierte Autor sagte, er sei ein „Never Trump Guy“, er habe Trump „nie gemocht“ und er sei „ungeeignet für das höchste Amt in unserer Nation“. In einer später bekannt gewordenen privaten Textnachricht meinte er gar, Trump könne „Amerikas Hitler“ sein.
JD Vance über Donald Trump: „Er war ein großartiger Präsident.“
Doch Jahre später boten ihm die Republikaner in Ohio eine Kandidatur für den US-Senat an – Vance nutzte die Gelegenheit, nahm von seinen Vorwürfen gegen Trump Abstand und wurde stattdessen zum Kritiker der Globalisierung und Einwanderung und führte gemeinsam mit der rechtsextremen Kongressabgeordneten Marjorie Taylor Greene Wahlkampf. Bei den Zwischenwahlen im November 2022 besiegte Vance den demokratischen Kandidaten Tim Ryan und zog in den US-Senat ein.
Entscheidend für die Wahlerfolg war die Unterstützung Trumps. Er sagte spöttisch über seinen Parteikollegen: „Er küsst meinen Arsch, er will meine Unterstützung so sehr.“
Warum zum Kehrtwende? Er habe sich in Trump geirrt, erklärt Vance: „Ich habe nicht geglaubt, dass er ein guter Präsident sein würde. Er war ein großartiger Präsident.“ Trump habe dem Land Wohlstand und Frieden gebracht. Mit dem Eifer eines Konvertiten lobt er Trumps angeblichen Pragmatismus und sieht ihn als Anführer einer Bewegung gegen „woke Eliten“. Vance verteidigt inzwischen sogar den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 als größtenteils „super friedlich“.
Offenbar hat er Trump im Schweigegeldskandal unterstützt und nach der Urteilsverkündung wetterte, es gehe nicht um Gerechtigkeit, sondern um „Wahlmanipulation“. Auch an die europäischen Nato-Staaten hat Vance eine klare Botschaft: Sie können nicht länger die Empfänger der Sozialleistungen der USA sein. Donald Trump Doch der Senator verspricht, er werde „hart daran arbeiten, eine zweite Amtszeit zu bekommen.“