Wären Hilfen für die schwächelnde deutsche Wirtschaft nicht so dringend, würde der Konkurrenzkampf zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner wohl belebend wirken. Von „Gipfelduell“ und „Gipfel der Eitelkeiten“ ist aber die Rede, wenn es um den „Wirtschaftsgipfel“ der FDP und den „Industriegipfel“ der Kanzlerin geht.
Lesen Sie danach mehr Werbung
Lesen Sie danach mehr Werbung
Dem Beginn der Parallelsitzungen am vergangenen Dienstag folgt eine Fortsetzung am Montag (bei der FDP) und am 15. November (im Kanzleramt). Gegenseitige Beteiligung nicht vorgesehen. Doch die Spitzen von SPD, Grünen und FDP müssen alle bald zu einem anderen Termin zusammenkommen: dem Koalitionsausschuss am Mittwoch.
Kapitalradar
Der RND-Newsletter aus dem Regierungsviertel. Jeden Donnerstag.
Dieses Treffen sei noch nicht ganz sicher, hieß es am Donnerstag aus Parteikreisen. Doch es muss dringend klargestellt werden, ob man bis zur regulären Bundestagswahl im September nächsten Jahres zusammenbleiben will. Allerdings haben die meisten der 17 Teilnehmer wenig Interesse an dieser Runde, weil sie zu groß, zu vage und wenig vertraulich ist.
Lesen Sie danach mehr Werbung
Lesen Sie danach mehr Werbung
Lassen sich die Pläne von Scholz, Lindner und Habeck vereinen?
Wenn man alles zusammenzählt, was jedem der drei Bündnispartner wichtig ist, sieht die Themenliste etwa so aus: Wie wird das milliardenschwere Loch im Haushalt geschlossen? Inwieweit werden die 10 Milliarden Euro, die dadurch zur Verfügung stehen, dass der US-Chiphersteller Intel seinen Standort in Magdeburg verschoben hat und die geplanten Investitionen der Bundesregierung nicht mehr genutzt werden müssen, dafür verwendet werden? Können die Haushaltsexperten ausreichend vorbereitet in die für den 14. November geplante Anpassungssitzung gehen, damit der Haushalt 2025 Ende November verabschiedet wird? Lassen sich die beiden Gipfel und der Vorstoß von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für staatlich geförderte Investitionen kombinieren? Wird der Mittelstand und die Industrie entlastet?
An diesem Datum am 6. November, auf das die Ampel keinen Einfluss hat, dürfte jedoch etwas ganz anderes für Dramatik sorgen: die US-Präsidentschaftswahl. Am Abend könnte klar sein, ob die Demokratin Kamala Harris oder der antidemokratische Donald Trump gewonnen hat. Sollte Trump gewinnen, sind wie schon in seiner ersten Amtszeit schwere transatlantische Erschütterungen zu befürchten. Sollte er verlieren, befürchtet man einen Schock für die USA, weil er eine Niederlage wie vor vier Jahren kaum akzeptieren wird. Kann das einer Bundesregierung gleichgültig sein, oder muss sie ihre Regierungsverantwortung als Regierungspflicht begreifen, wie Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger nach der FDP-Sitzung sagte?
Die wichtigsten Fragen und Antworten: Eine Koalition brechen – wie geht das eigentlich?
Über ein Ende der Regierung wird in der Ampel spekuliert, auch wenn noch alles offen ist. Der Weg zu Neuwahlen ist lang. Wir erklären, wie die Koalition auseinanderbrechen könnte.
Für einige Irritationen sorgte der Verband der Familienunternehmer, als er nach der Sitzung gegenüber der FDP über die Möglichkeit einer Verschiebung des Rentenpakets sprach. „Absolut nicht“, sagt die SPD. Allerdings sagt FDP-Fraktionsvize Johannes Vogel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Eine Stabilisierung der Renten kann nicht bedeuten, die Beiträge für die erwerbstätige mittlere und jüngere Bevölkerung einfach weiter zu erhöhen.“ Es ist möglich, dass das Rentenniveau in Zukunft sogar noch einmal ansteigt, wenn nur die Entschlossenheit vorhanden wäre, einen Systemwechsel hin zur Aktienrente einzuleiten. Vogel betont: „Das Rentenpaket befindet sich jetzt im parlamentarischen Verfahren und es muss hier relevante Änderungen geben, wenn es beschlossen werden soll.“
Industriepaket für den Mittelstand
Allerdings: Lindner hatte dem Rentenpaket bereits zugestimmt. Die SPD würde es nicht akzeptieren, wenn Scholz hier nachgeben würde. Das hat SPD-Chef Lars Klingbeil sehr deutlich gemacht. Die FDP kündigte erneut an, dass es den von Scholz angekündigten Industriepakt nicht geben würde, wenn nicht gleichzeitig das Rückgrat der Wirtschaft gestärkt werde: der Mittelstand.
Lesen Sie danach mehr Werbung
Lesen Sie danach mehr Werbung
Doppelter Wirtschaftsgipfel: Söder wirft der Ampel vor, das Land in Verlegenheit zu bringen
Wie geht es nach den einzelnen Wirtschaftsgipfeln der Koalition weiter? CSU-Chef Markus Söder bezweifelt, dass die Ampel das Notwendige bewirken wird.
Quelle: dpa
Die saarländische SPD-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger versucht bereits, Industrie und Mittelstand zu vereinen: Der von Scholz angestrebte Pakt erfordert international wettbewerbsfähige Strompreise „für die energieintensive Industrie und den Mittelstand“, es werden Lösungen für die Vernetzung benötigt Gebühren, unter anderem. „Wir müssen den Hochlauf der E-Mobilität beschleunigen, denn das sind die Arbeitsplätze der Zukunft in der Automobilindustrie. Und die Bürokratie muss für den Mittelstand konsequent abgebaut werden“, sagt sie außerdem dem RND.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr warnt: „In diesem Herbst steht nichts weniger als eine Richtungsentscheidung für dieses Land an.“ Weniger Bürokratie, weniger Regulierung, geringere Steuerbelastungen sind die wichtigen Akzente. Die Politik dürfe der Wirtschaft nicht durch falsch gesetzte Rahmenbedingungen das Leben noch einmal schwer machen und sie dann mit steuerfinanzierten Subventionen ankurbeln, sagt er dem RND.
Die Aussagen aller drei Koalitionsfraktionen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es muss etwas passieren. Sonst passiert etwas anderes: Licht aus für die Ampel.
https://www.kn-online.de/politik/ist-die-ampel-noch-zu-retten-das-naechste-drama-ist-schon-abzusehen-NTOHCWBZRREEPASUFALM6WKUJ4.html