Die Affäre um ein durchgesickertes Video aus dem Militärlager Sde Teiman in Israel breitet sich weiter aus. Es soll die Misshandlung eines palästinensischen Gefangenen aufgezeigt werden. Der Regierungschef kündigte eine unabhängige Untersuchung an.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht in der Veröffentlichung eines Videos aus dem berüchtigten Sde-Teiman-Gefängnis den „möglicherweise schlimmsten Angriff“ auf das Image Israels seit der Staatsgründung. Das Video soll die Misshandlung eines palästinensischen Gefangenen zeigen.
Israels führende Militäranwältin Jifat Tomer-Jeruschalmi reichte am Freitag angesichts der Affäre ihren Rücktritt ein. Medienberichten zufolge soll sie die Weiterleitung im Rücktrittsschreiben übernommen haben. Demnach soll sie der Veröffentlichung des Clips zugestimmt haben, weil sie „der Falschpropaganda gegen die Militärjustizbehörde entgegentreten“ wollte.
Das Video soll die schwere Misshandlung eines Terroristen der islamistischen Hamas zeigen. Deshalb wurden im Februar fünf Reservisten angeklagt. Medienberichten zufolge wurde er so schwer verletzt, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Auf den Bildern einer Überwachungskamera ist dies jedoch nicht deutlich zu erkennen, da einige der Soldaten mit ihren Schutzschilden eine Art Mauer gebildet hatten. Vorwürfe, der Gefangene sei auch sexuell missbraucht worden, wurden von den Anwälten scharf zurückgewiesen.
Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe gegen Israel
Im Gefangenenlager Sde Teiman wurden auch Kämpfer einer Eliteeinheit der Hamas festgehalten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Israel vorgeworfen, palästinensische Gefangene aus dem Gazastreifen zu misshandeln und zu foltern.
Die Polizei hatte Ermittlungen eingeleitet, um zu klären, ob Mitarbeiter der Militärstaatsanwaltschaft an der Veröffentlichung beteiligt waren. Netanyahu sagte, eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe sei notwendig.
Unterdessen erschienen mehrere der Personen, denen Misshandlung der Palästinenser vorgeworfen wurde, in schwarzer Kleidung und maskiert vor Journalisten. Einer von ihnen beschwerte sich darüber, dass sie nach der Veröffentlichung des Videos vor ein Kriegsgericht gestellt und vorverurteilt worden seien. Einer der Anwälte wiederholte seine Forderung, die Anklage fallen zu lassen, da der Prozess „falsch“ sei.
Ein Kommentator der linksliberalen Zeitung Haaretz schrieb, es sei davon auszugehen, dass Mitglieder aus Netanyahus engstem Kreis die Affäre ausnutzen könnten, um das ihnen missfallene Justizsystem in Israel anzugreifen. Damit könnten sie die Wählerschaft vor einer Parlamentswahl im nächsten Jahr hinter sich vereinen, Druck auf Richter und Staatsanwälte im Korruptionsprozess gegen Netanjahu ausüben und die Versuche verstärken, die ihnen lästige Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara loszuwerden, schrieb er.
dpa/cvb
