Iran spielte bei den Bemühungen um ein Gaza-Abkommen keine Rolle – ein weiteres Zeichen dafür, dass das Land in der Region zunehmend isoliert ist. Und einige erwarten neue Militärschläge gegen das Land.
Letzten Freitag in der Innenstadt von Teheran: Anhänger der Führung versammelten sich zu einer Demonstration anlässlich des Abkommens zwischen Hamas und Israel; Sie feierten das Abkommen als Erfolg der Hamas. „Der Sieg ist nahe“, heißt es auf einigen Plakaten.
Die Hamas gilt aus Iran als gut gerüstet: mit Wissen, Technologie und viel Geld, insbesondere beim gezielten Aufbau von Raketenkapazitäten. Erst letzte Woche dankte ein Hamas-Beamter der Islamischen Republik für „all die ehrenvolle Unterstützung“.
Gleiches gilt für andere Kräfte in der Region, die sogenannte Achse des Widerstands. Dazu gehören die Hisbollah im Libanon, die Houthis im Jemen, Milizen im Irak und der ehemalige syrische Machthaber Assad al Assad.
Doch viele dieser Verbündeten sind inzwischen Geschichte oder zumindest massiv geschwächt. Die Führung in Teheran hat ihr früheres Bollwerk, das immer wieder gegen Israel gerichtet war, weitgehend verloren.
Die iranische Führung stellt die Einigung mit der Hamas als Erfolg dar. Doch die Demonstration in Teheran kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die iranische Führung eine Reihe von Rückschlägen erlitten hat.
Wie groß ist das Misstrauen in der eigenen Elite?
Die erste direkte Konsequenz zeichnete sich im Juni dieses Jahres ab: Die Regierung von Benjamin Netanjahu griff Iran mit Unterstützung der USA im sogenannten Zwölf-Tage-Krieg direkt an. Nach Angaben der israelischen Regierung war das Hauptziel das iranische Atom- und Raketenprogramm. In mehreren Teilen des Landes wurden Stellungen angegriffen und hochrangige Militärs und Nuklearwissenschaftler getötet. Die USA setzten bunkersprengende Bomben auf iranische Atomanlagen ein: Wie erfolgreich dies war, ist noch unklar.
Über eines waren sich die Beobachter damals jedoch schnell einig: Ein solcher Angriff konnte nicht von außerhalb des Landes organisiert worden sein. Viele vermuteten, dass der iranische Sicherheitsapparat unterwandert sei.
Doch wo und wie groß das Misstrauen in den Reihen der Führungselite seitdem war, bleibt bis heute ein Rätsel. Es wurden weder Verhaftungen von Beamten oder Militärangehörigen öffentlich bekannt gegeben, noch kam es zu Entlassungen oder Rücktritten. Das Ziel dahinter dürfte wohl nicht sein, nach außen hin Schwäche zu zeigen.
Im Gegensatz dazu wurden Festnahmen unter der Zivilbevölkerung sehr schnell öffentlich bekannt gegeben: Allein bis Mitte August sollen nach Angaben iranischer Behörden mehr als 20.000 Menschen festgenommen worden sein. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen handelt es sich dabei um Journalisten, Aktivisten und Angehörige zahlreicher Minderheiten im Land.
Auch die Europäer setzen auf Zähigkeit
In der europäischen Politik gab es im Juni breite Unterstützung für die israelischen Angriffe. Bundeskanzler Friedrich Merz sprach von „Drecksarbeit“, die Israel im Auftrag des Westens verrichte. Worte, die die Zivilbevölkerung im Iran bis ins Mark treffen. Schließlich verhandelten Berlin und andere europäische Regierungen schon seit Längerem mit der Führung im Iran. Selbst als Tausende Menschen im Iran unter Einsatz ihrer Freiheit und ihres Lebens gegen die Führung demonstrierten.
Doch die Bedrohung, die der Iran über Jahrzehnte vor allem mit seinem Atomprogramm geschaffen hatte, war für die Europäer irgendwann zu groß geworden – das glauben selbst iranische Analysten. Aus diesem Grund verfügte Israel auch über die stillschweigende Zustimmung vieler westlicher Länder zum Angriff, obwohl Zweifel daran bestanden, dass die Angriffe mit dem Völkerrecht im Einklang standen.
Kritik an den israelischen Angriffen kam vor allem aus den Nachbarstaaten Irans. Viele Menschen äußerten die Sorge, dass sich der Krieg auf die gesamte Region ausweiten würde – und dass Israel die Vorherrschaft übernehmen könnte. Gleichzeitig arbeiten Länder wie Saudi-Arabien wirtschaftlich eng mit den USA zusammen, ebenso wie die Türkei, die als NATO-Mitglied auch militärisch mit dem Westen kooperiert.
Wenig Unterstützung aus Peking und Moskau
Während des Zwölf-Tage-Krieges mit Israel war die Führung in Teheran militärisch auf sich allein gestellt. Von den beiden verbündeten Supermächten Russland und China kam außer verbaler Verurteilung nicht viel. Im Frühjahr führte Iran gemeinsam mit beiden Ländern eine Militärübung im Persischen Golf durch. Allerdings führte die Zurückhaltung nicht zu einem diplomatischen Bruch, im Gegenteil.
Denn Teheran ist mehr denn je auf die Unterstützung Russlands und Chinas angewiesen, insbesondere wirtschaftlich; Insbesondere der Handel mit China ist für die iranische Führung überlebenswichtig. Die Volksrepublik kauft rund 90 Prozent der iranischen Ölexporte, der Verkauf ist international sanktioniert.
Iran liefert auch Zink und Kupfer nach China. Im Gegenzug liefert das Land Waren an den Iran, darunter Autos und Elektronik – ein effektiver Tauschhandel, der Sanktionen weitgehend umgeht.
Gibt es neue Angriffe?
Mit der Partnerschaft mit der Islamischen Republik verfolgt Peking ein geopolitisches Interesse: Die iranische Führung unterstützt im Nahen Osten ein System, das im ständigen Konflikt mit dem großen Rivalen USA steht und irgendwann am Verhandlungstisch nützlich sein könnte.
Iran unterzeichnete Ende September ein nukleares Kooperationsabkommen mit Russland. Konkret geht es um den Bau von vier Atomkraftwerken im Süden des Landes. Der Zeitpunkt des Abkommens schien kein Zufall zu sein, da die alten UN-Sanktionen gegen Iran, die zuvor ausgesetzt worden waren – und von China und Russland abgelehnt wurden – fast zeitgleich wieder in Kraft traten.
Auslöser waren Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die zuvor erfolglos über eine Rückkehr zum Atomabkommen mit Iran verhandelt hatten. Während Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde Iran inzwischen verlassen haben, haben Hardliner im iranischen Parlament angekündigt, das Atomprogramm nun uneingeschränkt weiterzuentwickeln.
Äußerungen, die eine militärische Konfrontation befeuern könnten – und gleichzeitig viele Menschen im Iran verängstigen. Nicht wenige erwarten, dass der Krieg in eine zweite Runde geht. Derzeit gibt es lediglich ein fragiles Waffenstillstandsabkommen, das US-Präsident Donald Trump am 24. Juni mündlich verkündete. Er sagte letzte Woche, dass er nicht noch einmal so lange mit Angriffen warten werde, wenn Iran sein Atomprogramm erneut ausbaue.