In Pyrit eingeschlossenes Fossil
Das alte Tier ist mit Spinnen verwandt
31. Oktober 2024, 16:48 Uhr
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Ein Forscherteam durchstöbert den goldglänzenden Pyrit einer bekannten Ausgrabungsstätte in den USA. Es stößt auf ein winziges Lebewesen, das analysiert wird. Das bisher unbekannte Tier ist rund 450 Millionen Jahre alt und besticht durch weitere besondere Eigenschaften.
Er hatte vermutlich keine Augen und nahm seine Umgebung mit peitschenartigen Peitschenbewegungen wahr: So beschreibt eine Forschergruppe einen neu entdeckten, 450 Millionen Jahre alten Arthropoden im Fachmagazin „Current Biology“. Über die lange Zeit hinweg wurden die Tiere in glänzendem Narrengold konserviert.
Der Lomankus Edgecombei Die getaufte Art – benannt nach dem Arthropodenexperten Greg Edgecombe vom London Museum of Natural History – ist ein entfernter Verwandter der heutigen Pfeilschwanzkrebse, Skorpione und Spinnen. Die Fossilien der Art wurden in Beecher’s Bed entdeckt, einem Ort im heutigen Bundesstaat New York, der für seine in Pyrit konservierten Fossilien bekannt ist, die auch als Narrengold bekannt sind. Vor Millionen von Jahren war das Gebiet von Wasser bedeckt.
Auch bei dem nun beschriebenen Arthropoden ersetzte der Pyrit nach und nach die Weichteilmerkmale, bevor die Fossilien vollständig zerfielen. „Diese Fossilien haben nicht nur eine schöne und auffällige goldene Farbe, sie sind auch spektakulär erhalten. Sie sehen aus, als könnten sie einfach aufstehen und davonkriechen“, kommentiert der leitende Forscher Luke Parry von der Universität Oxford.
„Die Dichte des Pyrits steht im Gegensatz zu der des Tonsteins, in dem sie vergraben waren“, fügt Co-Autor Derek Briggs von der Yale University in den USA hinzu. Details wurden anhand von Computertomographie-Scans extrahiert, die 3D-Bilder der Fossilien lieferten.
Wie ein Schweizer Taschenmesser
Lomankus Edgecombei gehört zu einer Gruppe namens Megacheiraeine inzwischen ausgestorbene Gruppe von Arthropoden, zu deren besonderen Merkmalen ein großes Glied an der Vorderseite des Körpers gehörte, das wahrscheinlich zum Beutefang verwendet wurde. Es wird seit langem diskutiert, wie sich aus diesen Gliedmaßen im Laufe der Evolution die Fühler von Insekten und Krebstieren sowie die Scheren und Zähne von Spinnen und Skorpionen entwickelten.
„Heute gibt es mehr Arthropodenarten als jede andere Tiergruppe auf der Erde. Ein Schlüssel zu diesem Erfolg ist ihr äußerst anpassungsfähiger Kopf und ihre Gliedmaßen, die sich wie ein biologisches Schweizer Taschenmesser an verschiedene Herausforderungen angepasst haben“, schließt Parry.
Während andere Megacheira ihr großes erstes Glied zum Beutefang nutzten, sind diese Körperverlängerungen bei Lomankus edgecombei dafür zu klein: Stattdessen besaß die Art am Ende des Glieds drei flexible, peitschenartige Geißeln. Dementsprechend vermuten die Studienautoren, dass Lomankus dieses Vorderbein eher dazu nutzte, die Umwelt wahrzunehmen, als um Beute zu fangen, was darauf hindeutet, dass er einen ganz anderen Lebensstil hatte als seine älteren Verwandten im Kambrium.
Im Gegensatz zu anderen Megacheira scheint Lomankus keine Augen gehabt zu haben. Stattdessen könnte es sich auf seine Vorderbeine verlassen haben, um in den dunklen, sauerstoffarmen Meeressedimenten nach Nahrung zu suchen.
Wie die Forschungsgruppe schreibt, liefert Lomankus‘ Entdeckung Hinweise darauf, was das Äquivalent des großen Fortsatzes der Megacheira bei lebenden Arten ist: Der Fortsatz ähnelt den Fühlern von Insekten und den Mundwerkzeugen von Spinnen und Skorpionen.
Hartnäckige und vielfältige Gruppe
Darüber hinaus deuten die Lomankus-Fossilien darauf hin, dass die Megacheira länger auf der Erde lebten als bisher angenommen. Diese Gruppe war während der geologischen Periode des Kambriums vor etwa 538 bis 485 Millionen Jahren sehr vielfältig, galt jedoch in der folgenden Ordovizium-Periode (vor 485 bis 443 Millionen Jahren) als weitgehend ausgestorben.
Luke Parry betont: „Lomankus ist keine Sackgasse, sondern zeigt uns, dass sich die Megacheira noch lange nach dem Kambrium weiter diversifizierte und weiterentwickelte, wobei der einst furchterregende große Anhang nun eine ganz andere Funktion erfüllt.“