Brüssel. Den Außenministern der EU-Staaten ist es am Montag erneut nicht gelungen, härtere Sanktionen gegen Russland zu beschließen. Anders als in der Vergangenheit war es dieses Mal nicht die Schuld des russlandnahen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán: Das 19. Sanktionspaket konnte aufgrund eines Vetos des populistischen slowakischen Regierungschefs Robert Fico nicht verabschiedet werden. Mit den neuen Maßnahmen will die EU eigentlich gegen russisches Flüssigerdgas (LNG), die Ölinfrastruktur, die Schattenflotte und den Handel mit Kryptowährungen vorgehen und die Reisefreiheit russischer Diplomaten innerhalb der EU einschränken.
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Die Empörung über das slowakische Veto in den anderen Mitgliedstaaten ist groß. „Das 19. Paket ist grundsätzlich fertig“, sagt die lettische Außenministerin Baiba Braze. Es ist inakzeptabel, dass die Slowakei das Paket mit Argumenten blockiert, die nichts mit den Sanktionen zu tun haben. Die Fico-Regierung hatte erklärt, sie wolle sich mit dem neuen Sanktionspaket erst befassen, wenn in der Abschlusserklärung des EU-Gipfels diese Woche konkrete Anweisungen an die EU-Kommission formuliert würden, etwa zur Bewältigung der Krise in der slowakischen Automobilindustrie, zu hohen Energiepreisen und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
Sanktionspaket: EU-Staaten nehmen Fahrt auf
Litauens Außenminister Kestutis Budrys warnt: „Wir können nicht länger warten und zögern. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt.“ Gleichzeitig forderte er, mit der Arbeit am nächsten Sanktionspaket zu beginnen. Es gibt immer noch Sektoren, die von den bisherigen Maßnahmen nicht abgedeckt sind, beispielsweise in den Bereichen Energie und Finanzen. Er befürwortet außerdem höhere Zölle auf russische und weißrussische Produkte.
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Nachdem der erhoffte Durchbruch in den Verhandlungen am Montag ausblieb, wollen die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am Donnerstag in Brüssel eine Einigung erzielen. Das slowakische Veto ist der letzte verbliebene Vorbehalt, seit die österreichische Regierung kürzlich ihre Blockade aufgegeben hat. Wien hatte eine Entschädigung für die von Moskaus Gegensanktionen betroffene Raiffeisenbank gefordert. Mit dieser Forderung geriet Österreich jedoch in die Isolation der EU-Staaten und gab schließlich nach.
Russland versteht Stärke nur und verhandelt nur, wenn es wirklich dazu gezwungen ist.
Kaja Kallas,
Chef der EU-Außenpolitik
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas ist davon überzeugt, dass es beim EU-Gipfel zu einer Einigung über die neuen Sanktionen kommen wird. „Russland versteht Stärke nur und verhandelt nur, wenn es wirklich dazu gezwungen wird.“ Sie rechnet daher mit der Verabschiedung des Sanktionspakets „noch in dieser Woche“. Unter anderem ist geplant, die Zahl der von Hafenverboten und Strafmaßnahmen betroffenen Schiffe von 444 auf 562 zu erhöhen. Insgesamt schätzt die Kommission die sogenannte Schattenflotte auf bis zu 1.400 Schiffe. Trotz der Bemühungen, gegen diese Flotte vorzugehen, erzielt Moskau weiterhin erhebliche Einnahmen aus dem Ölverkauf über solche Schiffe. „Wir müssen kreativer sein, denn auch die Russen sind kreativ, wenn es darum geht, unsere Maßnahmen zu umgehen“, sagte Kallas.
Geplantes Budapester Treffen sorgt für Kritik
Nach Ansicht von EU-Diplomaten ist das geplante Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin kein Grund, das Sanktionspaket zu verschieben. „Die USA haben uns nie gebeten, den Druck auf Russland zu verringern – im Gegenteil“, sagte ein Diplomat. Jetzt könnte sogar der beste Zeitpunkt sein, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen.
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Der einzige Platz für Putin in Europa ist in Den Haag vor dem Tribunal.
Kestutis Budrys,
Außenminister Litauens
Außenminister Budrys kritisierte Putins Einladung nach Budapest scharf: „In Europa gibt es keinen Platz für Kriegsverbrecher.“ Ebenso sollte es einem Kriegsverbrecher wie Putin nicht gestattet sein, durch EU-Territorium zu reisen. „Der einzige Ort für Putin in Europa ist in Den Haag vor dem Tribunal, nicht in einer unserer Hauptstädte.“