AUDIO: IAB-Experte Schneemann: Arbeitsplatzverluste durch Weiterbildung kompensieren (10 Min.)
Stand: 21. Oktober 2025 11:00 Uhr
Arbeitnehmer in Deutschland geraten branchenübergreifend zunehmend unter Druck. Die Gründe sind vielfältig, das Ergebnis jedoch oft das gleiche: Immer mehr Unternehmen bauen Stellen ab – darunter auch das norddeutsche Unternehmen Jungheinrich.
Betriebsrätin Beate Bethge steht vor der Jungheinrich-Zentrale in Hamburg. Das Unternehmen stellt unter anderem Gabelstapler und Hubwagen her. Das Geschäft läuft gut. Dennoch sollen weltweit 1.000 Stellen abgebaut werden. Ein großer Teil davon liegt in Norddeutschland. „In Norderstedt reden wir von etwa 200, in Lüneburg von etwa 300, 350. Und hier in Hamburg bekommen wir nach und nach neue Informationen: Wir sind derzeit bei 60“, sagt Bethge. Die Entscheidung der Geschäftsleitung war ein Schock für sie und die Belegschaft: „Ich habe geweint, bis ich geweint habe. Es war ein schrecklicher Termin. Die Kollegen haben geweint, waren schockiert, betroffen und konnten es nicht glauben.“
Stellenabbau bei Jungheinrich ist kein Einzelfall
Jungheinrich ist kein Einzelfall. Fast jede Woche kündigen Unternehmen in ganz Deutschland neue Pläne zum Stellenabbau an, darunter große Namen wie Porsche, Volkswagen und Bosch.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) beobachtet den zunehmenden Stellenabbau in deutschen Unternehmen mit Sorge.
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) beobachtet diese Entwicklung mit Sorge. „Das ist ein harter Schlag für unseren Wirtschaftsstandort, insbesondere aber für die Mitarbeiter und Familien“, sagte Bas Ende September in der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag in Berlin.
Besonders hart traf es die Autoindustrie
Besonders hart trifft es die Autoindustrie. Innerhalb eines Jahres wurden allein in diesem Sektor mehr als 50.000 Arbeitsplätze abgebaut, und dieser Trend scheint anzuhalten. Laut einer Umfrage des Verbands der Automobilindustrie planen sechs von zehn Unternehmen einen weiteren Personalabbau. Die Gründe sind vielfältig: Geringere Umsätze, hohe Energiekosten und der Zollstreit mit den USA setzen der Branche zu.
KI übernimmt zunehmend auch menschliche Arbeit
Doch nicht nur die Autoindustrie steht unter Druck. In vielen Berufsfeldern übernimmt künstliche Intelligenz (KI) zunehmend menschliche Arbeit, erklärt Nils Urbach, Wirtschaftsinformatiker von der Frankfurt University of Applied Sciences. „Ich denke, KI kann wirklich viele Aufgaben übernehmen, vor allem Routineaufgaben in der Verwaltung. Sie kann zum Beispiel automatisch Rechnungen auslesen und Standardanfragen im Kundenservice beantworten. Deshalb kann man sagen, dass KI durchaus ein Werkzeug ist, um die Verwaltung effizienter zu gestalten. Gleichzeitig ist es natürlich auch ein Mittel, Kosten zu sparen – und oft auch beim Personal“, sagt Urbach. Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts rechnen mehr als ein Viertel aller Unternehmen in Deutschland mit einem Stellenabbau durch den Einsatz künstlicher Intelligenz.
Jungheinrich leidet unter dem Konkurrenzdruck aus China
Bei Jungheinrich in Hamburg ist künstliche Intelligenz nicht der Grund für den Verlust von Arbeitsplätzen. Die Konkurrenz aus China macht Druck und um konkurrenzfähig zu bleiben, will das Unternehmen 100 Millionen Euro einsparen. Für die Betroffenen sei das hart, sagt Betriebsrätin Bethge. Viele haben ihr gesamtes Berufsleben bei Jungheinrich verbracht: „Und wenn es wie bei Jungheinrich viele Leute gibt, die nur die Schule und Jungheinrich kennen, dann wird es ein harter Neuanfang, weil einem das fehlt, was man hier an Familie, Wissen, Netzwerk und Freundschaft hatte“, sagte der Betriebsrat. Bethge will nun mit ihren Kollegen im Betriebsrat dafür kämpfen, dass keine weiteren Stellen abgebaut werden.