Die geplante Grundsicherung wird restriktiver sein als das Geld der Bürger. Private Umzüge werden erschwert. Experten für soziale Gerechtigkeit sind alarmiert.
Kassel – Ab Juli 2026 wird Bürgergeld zum Grundsicherungsgeld. Die Umbenennung ist jedoch nicht nur kosmetischer Natur. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der auch auf dem Portal Sozialpolitik einsehbar ist, sieht wesentliche Änderungen im Sozialgesetzbuch vor. Nach Angaben der Beratungsstelle Tacheles e.V. werden sich vor allem die Regelungen zum Wohnungswechsel deutlich ändern.
Die bedeutendste Neuerung findet sich in Paragraf 22 Absatz 4 Satz 4 der geplanten Gesetzesänderung. Dieser Abschnitt regelt „nicht unbedingt erforderliche Entfernungen“. „Bei einem Umzug innerhalb des für die Angemessenheitsprüfung relevanten Bereichs wird allenfalls die bisherige Unterbringungsbedürftigkeit anerkannt, wenn der Umzug nicht erforderlich ist oder war“, heißt es dort. Nach Ansicht des Tacheles e.V. handelt es sich bei dieser Regelung um eine „faktische Obergrenze“.
Bürgergeld wird zur Grundsicherung – Experten warnen vor Veränderungen bei den Wohnkosten
Als „nicht notwendig“ eingestufte Wohnortwechsel aus privaten Gründen sind kritisch zu bewerten. Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt warnt auf der Website gegen-hartz.de: „Wer sich aus persönlichen Gründen – etwa aufgrund einer Partnerschaft, der Nähe zur Familie oder der Erreichbarkeit – innerhalb des gleichen Vergleichsgebiets bewegt, läuft Gefahr, dauerhaft auf den gleichen Kosten sitzen zu bleiben.“ Es ist oft unklar, welche Wohnkosten für diejenigen, die Gemeinschaftsleistungen beziehen, als „angemessen“ gelten. Um über die relevanten Vorschriften und Grenzwerte zu informieren, ist häufig eine fachkundige Beratung erforderlich.
Reformgegner befürchten, dass die neue Regelung die Jobcenter zu einem restriktiveren Umgang mit Wohnkosten veranlassen wird. Wie eine detaillierte Studie des Tacheles e.V. zeigt, könnte die neue Formulierung „höchstens die bisherigen Kosten“ Raum für spätere Interpretationen schaffen. Liegt keine frühzeitige Bestätigung des Jobcenters und ein klarer Grund für die Notwendigkeit vor, ist eine Übernahme höherer Mietkosten unwahrscheinlich – auch wenn das bisherige Mietniveau in der Region nicht mehr zu finden ist. Weitere Regelungen zum Wohnortwechsel finden Sie auf der Website der Agentur für Arbeit.
Grundsicherungsempfänger müssen strengere Regeln beachten
Studien der Internetplattform „Ask the State“ kritisieren, dass die Bundesregierung mit den vorgeschlagenen Verschärfungen „bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen gehen“ wolle. Fachorganisationen und Sozialrechtsexperten befürchten mögliche Verstöße gegen Verfassungsbestimmungen. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es allerdings: „Die Eingliederung in die Erwerbstätigkeit ist das vorrangige Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende.“ Hierzu sei es notwendig, „den Jobcentern wirksamere Instrumente an die Hand zu geben“, um die Mitarbeit der Leistungsempfänger einzufordern.
Für die Betroffenen würde die geänderte Regelung im Sozialgesetzbuch bedeuten, dass jeder Wohnortwechsel im Vorfeld sorgfältig geplant und abgeklärt werden muss. Darüber hinaus gibt es weitere Regelungen zur Wartefrist und zum Schutz von Vermögenswerten. Der Entwurf des 13. SGB II-Änderungsgesetzes wurde am 16. Oktober 2025 vorgelegt. Im parlamentarischen Verfahren sind noch Änderungen möglich. (Quellen: Tacheles e.V., gegen-hartz.de, Sozialpolitisches Portal, Agentur für Arbeit, fragdenstaat.de) (va/kiba)
