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„Ich gebe nicht auf, ich ziehe mich nicht zurück“

Es ist noch nicht einmal zwei Wochen her, da beklagte sich Sahra Wagenknecht bei „Lanz“ lautstark darüber, dass sie nicht oft genug zu Talkshows eingeladen werde. Jetzt sitzt sie wieder in einem. Die „Maischberger“-Sendung vom Dienstagabend in der TV-Kritik.

Die Gäste

  • Sahra Wagenknecht, BSW-Vorsitzende
  • Sigmar Gabriel, ehemaliger SPD-Chef und Vizekanzler
  • Bryan Lanza, republikanischer politischer Berater
  • Bärbel Schäfer, TV-Moderatorin und Autorin
  • Iris Sayram, ARD-Journalistin
  • Michael Bröcker, Chefredakteur „Table Media“

Wagenknecht, der Ärmste von allen

Wenn Sandra Maischberger ihren Gast ärgern will, dann war die erste Frage richtig. „Kann jemand anderes es besser als du oder hattest du es satt?“ Sie beginnt das Gespräch direkt mit Sahra Wagenknecht, die am Montag ihren Rückzug von der BSW-Parteispitze angekündigt hat.

„Manchen Journalisten kann man es nie recht machen“, sagt Wagenknecht. Wäre sie geblieben, hätte man ihr vorgeworfen, an der Macht festzuhalten. Wagenknecht möchte ihren Rollenwechsel als sinnvolle Aufgabenteilung, also als „vernünftige Entscheidung“ verstanden wissen.

„Ich gebe nicht auf, ich ziehe mich nicht zurück“, stellt sie klar. Der Wechsel in die Grundwertekommission der Partei gibt ihr die Möglichkeit, sich voll und ganz auf die Landtagswahl im Osten 2026 zu konzentrieren.

Im Grunde gibt es fast den ganzen Tag Videokonferenzen und Telefonate, die nichts mit der Parteiführung zu tun haben.

Sahra Wagenknecht in der Pressekonferenz zu ihrem Rücktritt als Parteichefin

Aber die Frage bleibt: War diese Entscheidung nur reine Vernunft oder hat Wagenknecht einfach das Interesse an der oft glanzlosen Alltagsarbeit des Parteichefs verloren? Letzteres lässt zumindest ein Ausschnitt aus der Rückzugspressekonferenz vom Montag vermuten, der kurz vor Wagenknechts Auftritt in der Sendung aufgezeichnet wurde.

„Man hat im Grunde fast den ganzen Tag Videokonferenzen und Telefonate, die nichts mit der Parteiführung zu tun haben“, beschreibt Wagenknecht im Videoausschnitt ihre Arbeit.

Maischberger erwähnt Helmut Kohl. Er war Parteivorsitzender und Kanzler, „und dann hat er die Wiedervereinigung herbeigeführt“, wirft sie Wagenknecht vor. Man könnte hinzufügen, dass er sich auch um die „schwarzen Kassen“ kümmern musste.

„Wenn eine Partei einmal gegründet ist“, antwortet Wagenknecht, „dann ist die Situation eine andere.“ Sie hingegen ist, so viel ist sicher, wieder einmal die Ärmste von allen.

Demokratie-Lektionen, ausgerechnet vom BSW-Chef

„Sie haben sich stark in die Koalitionsverhandlungen im Osten eingemischt“, erinnert Maischberger Wagenknecht und das Publikum. „Sollte das so weitergehen?“ Der Moderator möchte auf das Politikverständnis des aktuellen Parteichefs eingehen und auf die Frage, was aus Wagenknechts Sicht das größere Durcheinander ist: Regierung oder Opposition?

Eine klare Antwort gibt Wagenknecht nicht. Sie glaubt, sie habe nach der Landtagswahl eingegriffen, „das war ich den Wählern schuldig.“ Schließlich ist es auch ihr zu verdanken, dass sie den BSW überquert haben. „Dann muss ich dafür sorgen, dass sie die Politik bekommen, für die sie gestimmt haben.“

Maischberger entgegnet immer wieder, dass dies nicht die hundertprozentige Umsetzung der BSW-Positionen bedeuten könne. „In dem Moment, in dem man eine Koalition mit einer anderen Partei eingeht – und das ist das Wesen der Politik – muss man Kompromisse eingehen“, appelliert die Moderatorin wörtlich an ihren Gast.

Der BSW sei „relativ viele Kompromisse eingegangen“, antwortet Wagenknecht, „sogar einige, die uns auf die Füße gefallen sind.“ Allerdings wolle sie eine Politik, „die zu ihren Versprechen vor der Wahl steht“, beteuert Wagenknecht. „Damit die Wähler eine Wahl haben. Denn sonst ist es wirklich keine Demokratie mehr.“

Auch Wagenknecht hält die Abschottung gegen die AfD für „einen undemokratischen Ansatz“ und „riesige Dummheit“. Es gebe zwar gefährliche AfD-Politiker, „aber wie den Leuten hysterisch gesagt wird, wenn man der AfD einen Ausschussvorsitz gibt, dann kommt ein neuer Hitler an die Macht, das ist so absurd.“ Genauso absurd könnte man es finden, dem Vorsitzenden einer Partei von der Größe der BSW ständig einen Sendeplatz zu geben.

Wie man einen Trump-Berater nicht befragt

Sigmar Gabriel, ehemaliger Bundesvorsitzender der SPD und ebenfalls Gast bei Maischberger, hat Sahra Wagenknecht zumindest eines voraus. Den Parteivorsitz hat er längst aufgegeben. Statt einer aufständischen SPD leitet er nun den Verein „Atlantik-Brücke“ – was für Wagenknecht als Ersatzjob wohl keine Option wäre.

Zunächst möchte Gabriel heute Abend Donald Trump loben. Im Nahen Osten habe der US-Präsident dafür gesorgt, „dass der Krieg und die Todesfälle in Gaza beendet werden“, sagte Gabriel. „Außer ihm hat es bisher niemand geschafft.“

In der amerikanischen Innenpolitik bestehe jedoch die Befürchtung, dass „der Präsident seine Exekutivbefugnisse weiter ausbauen wird“. Dennoch: „Dass hier in Deutschland immer der Untergang der amerikanischen Demokratie prognostiziert wird“, sagt Gabriel, „ist etwas zu groß.“

Der ehemalige SPD-Chef wird nicht allein interviewt; Aus Washington schaltet sich Trump-Berater Bryan Lanza ein. Das Gespräch zwischen den beiden Männern beschränkt sich jedoch auf Begrüßungen; Ansonsten führt Maischberger Einzelgespräche. Allerdings scheint sie auf die Forderungen des amerikanischen Politikberaters nicht besonders gut vorbereitet zu sein.

Die Frage des Moderators, ob Trump gerne länger als einen Tag Diktator sein möchte, hält Lanza für „albern“ (der Dolmetscher übersetzt das mit „albern“, es könnte genauso gut „dumm“ heißen). Statt ausführlich zu argumentieren, lästert er lieber über Zohran Mamdani, der kürzlich zum Bürgermeister von New York gewählt wurde.

Seine politischen Vorstellungen nennt er „teils diktatorisch“ und postuliert weiter, es handele sich um „kommunistische Ansätze, die es sonst nur in Russland gebe“. Ihm scheint entgangen zu sein, dass Russland seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kein kommunistisches Land mehr ist. Auch Maischberger stört es jedenfalls nicht sichtlich.

Damit Lanza weiter flüstern kann. Trump wolle lediglich die „exekutive Macht“ stärken, behauptet er. In den USA herrschte eine „Vorherrschaft der Gerichte“, obwohl die „exekutive Gewalt“ beim Kongress liegt. Der Kongress ist die Legislative, aber sei es so. Es ist jedenfalls fraglich, ob die demokratische Herausforderung durch (zu) einflussreiche Gerichte dadurch gelöst werden kann, dass der Präsident wie Trump mit Dekreten am Parlament vorbei entscheidet.

Maischberger sieht offenbar keinen Anlass, auf die Unstimmigkeiten in Lanzas Aussagen hinzuweisen. „Das kann man so sehen“, kommentiert sie schlicht, als er seine Ausführungen endlich beendet hat. Wer einen Trump-Berater einlädt, sollte sich etwas konfrontativer trauen.

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