Nachrichtenportal Deutschland

ICE-Fahrgast muss Hunderte Euro statt Sparpreis zahlen – ist er wirklich „selbst schuld“?

  1. Startseite
  2. Verbraucher

Sparpreisticket fälschlicherweise in der Bahn-App gebucht: Es wird teuer. Der Fahrgastverband und Entwickler kritisieren die Software.

München – Samstagmorgen um 5 Uhr, ein ICE von München nach Frankfurt. Der Zug ist fast leer und der Schaffner hat wenig zu tun. Doch als sie das Handyticket eines Passagiers kontrolliert, hält sie inne und fragt nach dem Ausweis. „Ich habe ein Problem mit deinem Alter“, bemerkt sie. Obwohl das Ticket mit dem Datum 18. Oktober 2025 und der Strecke übereinstimmt, wird es für eine Person bis 14 Jahre ausgestellt. Allerdings ist der Reisende, der Autor dieses Artikels, 39 Jahre alt. Versehentlich gebuchtes Kinderticket – Bahnproblem mal anders.

203 Euro Strafe statt 29,90 Sparpreis: Eine teure Reise für einen Bahnkunden. © cgsc

Der Kontrolleur, der laut ProBahn eigentlich Ermessensspielraum hat, zeigt kein Entgegenkommen. Ein Kinderticket gilt als ungültiges Ticket, was einer Fahrgeldhinterziehung gleichkommt. Der Ausdruck des Bußgeldes weist hohe Beträge aus: Die Deutsche Bahn verlangt den doppelten Preis der ICE-Fahrt, nämlich 203 Euro. Nach kurzer Diskussion stellte sich heraus, dass auch die Rückfahrt für denselben Tag zum Kindertarif gebucht war. Ein neues Ticket kostet 96,79 Euro, obwohl der „Super-Sparpreis“ ursprünglich nur 29,90 Euro pro Fahrt betrug. Für das falsche Ticket gibt es keine Rückerstattung, sodass die gesamte Fahrt nun rund 360 Euro statt 60 Euro kostet.

Die Zug-App speichert einen Monat lang das Alter des letzten Fahrgastes

Wie ist der Fehler aufgetreten? Einen Monat vor der Buchung, am 13. September, wurde über die App ein Ticket für die siebenjährige Nichte des Bahnkunden gekauft. Seitdem wurde kein weiteres Ticket mehr gebucht, da der Kunde ein Deutschland-Ticket besitzt. Allerdings speichert die App das Alter der letzten Buchung, ohne es eindeutig anzugeben. Dies ist nur in der Ticketübersicht und nach dem Kauf im Ticketdetail sowie nur beim Herunterscrollen sichtbar. Ein auffälliger Hinweis wie „Seien Sie vorsichtig, Sie kaufen für ein Kind!“ wäre hier hilfreich.

Die Situation wird in sozialen Netzwerken wie Threads diskutiert. Viele Nutzer geben dem Ticketkäufer die Schuld. Kommentare wie „Meistens liegt das Problem vor dem Computer“ oder „Alles in Ordnung. Sie haben aktiv etwas an der Standardeinstellung geändert.“ werden oft gelesen. Manche finden es „typisch deutsch“, Verantwortung abzuwälzen. Ein Nutzer sagt: „Dein Pech. Ich finde es zum Beispiel gut, dass es sich an dein Alter erinnert, sodass ich nicht jedes Mal eintragen muss, wenn ich unter 27 bin.“ Ein Nutzer widerspricht dem Passagier „vehement“: „Was Sie buchen, wird Ihnen im letzten Schritt vor der Buchung angezeigt.“ Andere lachen über das „Gejammer“ und gehen mit ihren Kommentaren unter die Gürtellinie.

Programmierer beschwert sich über Train-App: „Massiver UI-Fehler“

Allerdings gibt es auch Verständnis für den Frust. Ein Nutzer testet die App selbst: „Ich habe sie gerade durchgespielt. Sie wird in der App tatsächlich nicht eindeutig angezeigt. Das Symbol für ‚eine Person‘ hat einen grünen Punkt. Am Ende, kurz vor dem Bezahlen, wird mir sogar gesagt, dass das Ticket für mich ist, inklusive Anzeige meines Namens. Erst wenn ich jetzt meinen Namen auswähle, sehe ich, dass ich offensichtlich ein Kind bin.“ Sein Fazit: „Es zeigt, für wen man bucht, aber nicht, wer man ist.“ Die zuvor kritische Userin gibt zu, dass sie es „vehement“ zurücknimmt, „weil es wirklich etwas undurchsichtig ist“ und fügt hinzu: „Irgendwie dachte ich, es wäre offensichtlicher, aber das ist es wirklich nicht.“

Ein anderer Nutzer zeigt, wie die Zug-App aussieht: „Wer das lustig findet: So sieht es in der Zug-App aus.“ Er fragt: „Ist Ihnen klar, dass Sie für ein Kind gebucht haben? Sehr schlechte App-Bedienung.“ Ein Frontend-Entwickler urteilt hart: „In allen Unternehmen, für die ich bisher gearbeitet habe, würde so etwas als massiver UI-Fehler angesehen und verbessert werden.“ Ein Elternteil gibt jedoch zu, dass er den gleichen Fehler bereits erlebt hat: „Das ist mir schon mehrmals passiert.“

Deutsche Bahn zeigt keinen guten Willen – ProBahn kritisiert das Unternehmen

Die Reaktion der Bahn auf die Kritik: Es gebe keinen guten Willen. „Unser Online-Portal ist für Selbstbucher gedacht. Hier verzichten Sie bewusst auf eine Beratung durch unsere Mitarbeiter und sind selbst für die Einträge verantwortlich“, erklärt das Unternehmen. Angesichts der Schließung von Schaltern im ländlichen Raum und der oft einzigen Buchungsalternative per App hält der Fahrgastverband ProBahn diese Aussage für inakzeptabel. (Quellen: eigene Recherche, ProBahn, Threads) (cgsc)

Die mobile Version verlassen