Tating (Schleswig-Holstein) – Uwe Seeler steht stolz vor dem Reetdachhaus, im Hintergrund parkt sein S-Klasse-Mercedes. Es ist ein Bild aus dem privaten Fotoalbum der 2022 verstorbenen HSV-Legende und zeigt den Tag im Juli 1975, als „Uns Uwe“ die Renovierung seines Ferienhauses in Nordfriesland beendete. Jetzt, 50 Jahre später, soll es verkauft werden.
Das Haus in Tating lag fast ein halbes Jahrhundert lang am Fluss Nordseeküste das Herz der Familie Seeler. Hier konnte Uwe Seeler von der Hektik des Lebens als Fußballlegende abschalten.
Sie verbrachten jeden Urlaub mit ihren drei Töchtern in Tating: Uwe Seeler, seiner Frau Ilka (heute 88) und Alette, der Dackeldame
1974 besaß die Familie das alte Bauernhaus entdecktes Baujahr 1850. Weit weg, mitten in der Natur, das Eiderstedter Moor. 5500 qm Grundstück, keine direkten Nachbarn. Nur eine schmale Straße führt vorbei. Die Initialen „US“ stehen auf dem Briefkasten und einer steht auf dem Gartenweg HSV– Diamant eingelassen, an der Tür hängt ein Keramikschild: „Hier wohnen Ilka & Uwe“.
Hier war Uwe Seeler kein Star, sondern ein Familienmensch
Oben im Dachgeschoss steht noch die Tischtennisplatte, an der der HSV-Star mit seinen Kindern spielte. Im Regal: „Sei nicht böse“ und Mau-Mau-Karten. „In unserem Zweitwohnsitz hatten meine Schwestern und ich unseren Vater ganz für uns alleine“, sagt Tochter Frauke Seeler-Öztunali (58) bei unserem Treffen mit BILD. „Wir haben hier Weihnachten, Ostern und Silvester gefeiert und haben nur wunderschöne Erinnerungen.“
Blick von der Klingeltür in den Garten. Auf einem Schild steht: „Hier wohnen Ilka und Uwe“
Darf nicht fehlen: die HSV-Raute im Pflaster. Uwe Seeler stürmte bis 1972 für den HSV, bestritt 587 Pflichtspiele, schoss 507 Tore und nahm an vier Weltmeisterschaften teil
Gemütlichkeit statt Prunk und Prunk
Uwe Seeler half selbst bei der Renovierung. Aus dem alten Bauernhof wurde ein geräumiges Haus mit 350 Quadratmetern und sieben Schlafzimmern. Keine Show, keine Protzerei – aber viel Gemütlichkeit: ein offener Kamin in der Wohnküche, ein Kachelofen im Wohnzimmer, freiliegende Holzbalken in der Tenne – die ehemalige Tenne mit einer Deckenhöhe von sechs Metern, eine große Fensterfront und Blick ins Grüne.
Uwe und Ilka Seeler bei der Gartenarbeit. Tochter Frauke: „Meine Eltern haben hier selbst mitgeholfen. Als sie das Haus kauften, war es noch ein reiner Bauernhof. Unsere Schlafzimmer waren der Kuhstall.“
Uwe Seeler bei der Einweihung der Auffahrt – gebaut mit Hilfe seiner HSV-Kollegen
„Alle waren von dem Haus begeistert“, sagt Frauke. Und damit ist nicht nur die Familie gemeint. Auch Freunde und Weggefährten, Menschen, mit denen ihr Vater Fußballgeschichte geschrieben hat. Und die gerne bei ihnen in Tating vorbeischauten. „Hier wurde richtig gefeiert, mein Vater stand persönlich am Zapfhahn.“
Wer Uwe Seeler besuchte, erhielt ein frisch gezapftes Bier
Makler Mike-Lu Volquardsen (l.) schaut sich mit BILD-Reporterin Franziska Ringleben alte Familienalben an, die Tochter Frauke Seeler-Öztunali (will nicht fotografiert werden) herausgesucht hat
In der „Tenne“ wurde immer gelacht und gefeiert. Regelmäßig kamen Freunde aus der Sportwelt zu Besuch nach Tating, darunter Harry Bähre, Gerd Krug, Peter Wulf und Klaus Neisner
Kleine Festivals, große Namen
Zu den Gästen gehörten Erwin Piechowiak, ein ehemaliger HSV-Teamkollege, und Max LorenzNationalspieler und Freund aus Seelers DFB-Zeit. Und natürlich zwei der ganz Großen: Weltmeister-Kapitän Fritz Walter und „Kaiser“ Franz Beckenbauer. Walter schwärmte später im Gästebuch von „diesem wunderschönen Bauernhof an einem wunderbaren Ort“.
Bei allem Ruhm blieb Seeler bodenständig und ein Nordlicht. Wer ihn beim Spaziergang mit Dackel Alette traf, bekam stets ein „Moin“. Als der Touristenzug aus St. Peter-Ording vorbeifuhr, sagte der Lokführer über das Mikrofon: „Da wohnt Uwe Seeler!“
Elternschlafzimmer: Uwe und Ilka Seeler haben hier übernachtet
Im Wohnzimmer sorgt ein Kachelofen für wohlige Wärme, im Regal liegen Biografien von Helmut Schmidt und Heidi Kabel
1,35 Millionen Euro für ein Stück Geschichte
Drei Jahre nach Seelers Tod will sich die Familie nun von ihrem Nordseeparadies trennen. Der Preis: 1,35 Millionen Euro. „Wir drei Schwestern sind hier aufgewachsen, unsere Kinder auch. Aber unsere Mutter kann das Haus nicht mehr nutzen. Deshalb haben wir uns für diesen Schritt entschieden“, sagt Frauke Seeler-Öztunali.
Mit der Vermittlung des Deals wurde der Makler Mike-Lu Volquardsen beauftragt. Sie zeigt das Haus nur ausgewählten Interessenten – mit einer klaren Botschaft: „Es soll keinen Seeler-Tourismus geben. Interessenten müssen vorab einen Kapitalnachweis erbringen.“
Am Herd war Ilka Seeler zuständig. „Mein Vater konnte maximal Kaffee kochen. Am liebsten aß er Eintopf oder Frikadellen“, erinnert sich Tochter Frauke lachend
Im Flur steht ein signierter Fußballschuh von 1975 und auf dem Regal ein Ball
