Eigentlich sind Carsten Spohr und Michael O’Leary erbitterte Konkurrenten. Doch in einem sind sich die Chefs von Lufthansa und Ryanair einig: Fliegen in Deutschland ist im internationalen Vergleich ein teures Vergnügen, das für Fluggesellschaften zunehmend unwirtschaftlich wird. Dies ist vor allem auf eine Vielzahl von Steuern und anderen staatlichen Abgaben zurückzuführen, die ebenfalls rasant gestiegen sind – deutlich schneller als die allgemeine Inflation.
Inlandsflüge lohnen sich oft nicht
Immer mehr Regionen in Deutschland werden vom Flugverkehr abhängig, weil es sich für eine Fluggesellschaft wie Lufthansa oft nicht mehr lohnt, kleinere Flughäfen anzufliegen. Vorstandsvorsitzender Carsten Spohr hat kürzlich zwei konkrete Kandidaten für eine Absage genannt: Laut Spohr stehen die Verbindungen von München nach Münster/Osnabrück und Dresden auf dem Prüfstand.
Lufthansa verweist auf Steuern und andere staatliche Abgaben, die an deutschen Flughäfen teilweise siebenmal höher seien als beispielsweise am Flughafen Madrid.
Steuern und Gebührenvergleich: Madrid gut, München schlecht
Laut Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) belaufen sich die Steuern und Gebühren an den großen Drehkreuzen in Deutschland auf 4.000 bis 5.000 Euro für einen Mittelstreckenflug mit 150 Passagieren.
In München gibt es solche 4.400 Euro. Zum Vergleich: In Madrid sind es laut BDF weniger als 700 Euro. Luftfahrtverbände beklagen, dass sich diese Kosten hierzulande innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppelt haben. Sie befürchten, im internationalen Vergleich das Nachsehen zu haben. Die Passagierzahlen in Spanien liegen inzwischen 18 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau, während sie in Deutschland 13 Prozent darunter liegen.
Umstrittene Luftverkehrssteuer – Fluggesellschaften reagieren
Eine konkrete Forderung der Branche ist die Senkung der Luftverkehrssteuer, der sogenannten Ticketsteuer. Auch die schwarz-rote Bundesregierung hatte dies im Koalitionsvertrag vereinbart, es jedoch noch nicht umgesetzt. Allein für das kommende Jahr rechnet der Bund mit Einnahmen von rund zwei Milliarden Euro.
Als Reaktion auf die hohen Standortkosten ergreifen die Fluggesellschaften nun Maßnahmen. Sowohl Ryanair als auch die Lufthansa Group gaben in den vergangenen Tagen bekannt, dass sie ihr Angebot reduzieren würden. Betroffen ist unter anderem Nürnberg. In der Vergangenheit hatten Lufthansa und Tochtergesellschaften wie Swiss und Austrian Airlines die Verbindungen zu den großen Umsteigedrehkreuzen München, Zürich und Wien entweder komplett gestrichen oder durch Busverkehr ersetzt. Auch Lufthansa-Manager Jens Ritter hatte die Integration Nürnbergs in das Streckennetz der Airline grundsätzlich in Frage gestellt. Auch am Albrecht-Dürer-Flughafen und anderen deutschen Flughäfen will Ryanair sein Programm ausdünnen.
Es mangelt an Geschäftsreisenden
Allerdings ist die Situation nicht in allen Luftverkehrssegmenten schlecht. Die Nachfrage nach touristischen Flügen, beispielsweise zu Zielen rund um das Mittelmeer, boomt weiterhin. Ein Sprecher des Albrecht-Dürer-Flughafens sagte gegenüber dem BR, dass es wohl möglich sei, den Umstand zu kompensieren, dass die Lufthansa-Tochter Eurowings im kommenden Sommer vier Ziele wie Rom oder Rhodos ab Nürnberg nicht mehr anfliege.
Schwieriger ist die Situation bei Geschäftsflügen. Angesichts der schwachen Konjunktur sparen viele Unternehmen bei Geschäftsreisen. Darüber hinaus wurde ein erheblicher Teil der Besprechungen online durchgeführt. Dadurch wurden viele Geschäftsreisen einfach überflüssig.