Herdecke – Um 16:57 Uhr betrat Iris Stalzer (57, SPD) im dunkelgrauen Outfit den Ratssaal. Der neue Herdecker Bürgermeister nahm die vielen auf sie gerichteten Kameras offenbar gelassen zur Kenntnis. Es war ihr erster öffentlicher Auftritt, seit sie vor fast einem Monat beinahe getötet worden wäre!
Davon gehen Polizei und Staatsanwaltschaft aus ihre Adoptivtochter (17) der Politiker im Keller des Hauses buchstäblich mit einem Messer gefoltert. Als Stalzer ihr versprach, sie nicht zu verraten, soll sich der Teenager schließlich Hilfe geholt und von einem Raub erzählt haben.
In ihrer Antrittsrede ging die Bürgermeisterin auch auf den Angriff auf sie ein – den Herausforderungen des Amtes sei sie dennoch gewachsen
Im holzgetäfelten Ratssaal schien es am Dienstagabend so, als ob der Anwalt es getan hätte dieser Angriff gut überstanden. Wenige Minuten nach der Begrüßung von Karin Striepen legte sie ihren Amtseid ab: „Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Gewissen ausüben, die Verfassung und die Gesetze befolgen und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und allen gegenüber Gerechtigkeit üben werde.“
Am 7. Oktober wurde Iris Stalzer mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus geflogen
„Ein Tag des Scheiterns und ein Tag der Verletzlichkeit“
Stalzer trat ans Rednerpult und bedankte sich selbstbewusst bei den Wählern für ihr Vertrauen. Dann sprach sie über den Anschlag: „Der 7. Oktober, heute vor genau vier Wochen, war für mich ein Tag des Scheiterns und ein Tag der Verletzlichkeit. Dieses Scheitern und diese Verletzlichkeit gehören mittlerweile genauso zu mir wie meine Stärke und meine Verlässlichkeit. Kann ich den Herausforderungen, die das Büro mit sich bringt, noch gewachsen sein? Deshalb habe ich das Amt angetreten, in das ich gewählt wurde.“
Dann ging es zurück in die Politik: „Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit, vielen Dank“, schloss Iris Stalzer. Elf Sekunden lang gab es Applaus.
Iris Stalzer wurde in einer Stichwahl am 28. September mit 52,2 Prozent der Stimmen gewählt; fast die Hälfte der 18.992 Wahlberechtigten stimmten ab.
