Stand: 10.10.2022 17:02 Uhr
Nach der von Antisemitismusvorwürfen überschatteten documenta nahmen zwei Mitglieder des Kuratorenkollektivs Ruangrupa Gastprofessuren an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg an. Die Jüdische Gemeinde und Hamburgs Antisemitismusbeauftragte kritisieren das scharf.
Die Hochschule für bildende Künste Hamburg (HfBK) bestätigte am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die beiden Ruangrupa-Mitglieder Reza Afisina und Iswanto Hartono eine Gastprofessur in Hamburg antreten werden. Die Bewerbung erfolgte nach Angaben einer Sprecherin der Hochschule im Januar – also vor Beginn der documenta.
Scharfe Kritik aus der jüdischen Gemeinde
Die Gastprofessur rief scharfe Reaktionen sowohl im Hamburger Senat als auch in der Jüdischen Gemeinde der Stadt hervor. So nennt die Jüdische Gemeinde die Veranstaltung eine „Schande für Hamburg“ und auch Hamburgs Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel findet deutliche Worte: „Ich denke, es ist an der Zeit, dass eine Grundsatzdebatte darüber geführt wird, wie sich der Kulturbetrieb in Hamburg verhalten soll seine Haltung gegenüber israelbezogenen Themen, Antisemitismus und gegenüber der jüdischen Gemeinschaft als Ganzes.“ Was an der HfbK in Hamburg passiert, ist laut Hensel schockierend.
Antisemitismusvorwürfe gegen Ruangrupa
Dem Kuratorenkollektiv der diesjährigen documenta, Ruangrupa, wird unter anderem eine Nähe zur BDS-Bewegung vorgeworfen. Kurz nach Eröffnung der documenta Mitte Juni wurde ein Werk mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und demontiert. Auch danach wurden weitere Werke mit antijüdischen Stereotypen entdeckt.
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Auf Gastprofessuren an Hochschulen hat der Senat keinen Einfluss
Auch Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank meldete sich zu Wort. In einer Stellungnahme der Senatspressestelle heißt es, dass die Hamburger Hochschulen bei der Besetzung ihrer Gastprofessuren autonom seien und dies von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt sei. Gerade Universitäten sollten Orte der kritischen Auseinandersetzung sein. Aber akademische Freiheit kann und darf niemals eine Lizenz für antisemitische Ideen sein.
Anke Frieling von der CDU sagt, die Uni hätte im Sommer die Reißleine ziehen und die beiden Ruangrupa-Vertreter entladen sollen. Die Freiheit der Kunst deckt niemals Antisemitismus ab.
Protest der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft teilte mit, dass ihr Präsident Volker Beck in einem Schreiben an die zuständigen Stellen im Auswärtigen Amt gegen die Vergabe der Gastprofessur an Hartono und Afisina protestiert habe. Darin schrieb Beck von einem „fatalen Signal für die deutsche Auswärtige Kulturpolitik und das Bekenntnis zur Sicherheit und Existenz Israels im Koalitionsvertrag: ‚Für uns ist die Sicherheit Israels Staatssache‘“. Deutscher Bundestag zur Anti-Israel-Boykottbewegung BDS. Darin verurteilte der Bundestag Boykottaufrufe gegen Israel.
Afisina und Hartono haben weitere Gastprofessuren in Kassel
Afisina und Hartono teilen sich zudem eine Gastprofessur an der Kunsthochschule Kassel, bestätigte ein Sprecher. Sie waren bereits im Sommersemester 2022 dort tätig und werden ihr Engagement im kommenden Wintersemester fortsetzen. Kuratoren der documenta übernehmen traditionell Veranstaltungen, teilte die Universität mit.
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