
AUDIO: Hamburg beschließt Referendum zum Grundeinkommen (1 Min)
Stand: 12. Oktober 2025 7:44 Uhr
Am Sonntag konnten rund 1,3 Millionen Wahlberechtigte beim Volksentscheid „Hamburg testet Grundeinkommen“ abstimmen. Dabei handelte es sich um einen dreijährigen Modellversuch. An 185 Orten konnte bis 18 Uhr abgestimmt werden
Nach dem Gesetzentwurf der Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ soll ein Modellversuch über drei Jahre laufen. Insgesamt sollen 2.000 Menschen aus einem Stadtteil Geld vom Staat erhalten, mindestens 1.346 Euro plus Krankenversicherung. Der Betrag soll jährlich entsprechend der Inflationsrate steigen. Allerdings sollte das eigene Einkommen berücksichtigt werden. Als Faustregel gilt: „Je geringer das eigene Einkommen, desto höher das ausgezahlte Grundeinkommen.“
Das Experiment sollte wissenschaftlich begleitet sein
Für die Stadt Hamburg erwarteten die Initiatoren Kosten von rund 50 Millionen Euro. Davon waren rund 42 Millionen Euro für die Grundsicherung und rund 8 Millionen Euro für die Vorbereitung und Begleitforschung vorgesehen. Der Modellversuch soll wissenschaftlich ausgewertet werden. Zu den Fragen, die untersucht werden sollten, gehören: Wie verändert es Menschen, wie sie miteinander umgehen oder Bildungschancen, wenn man nicht erst sicherstellen muss, dass grundlegende materielle Bedürfnisse befriedigt werden?
Wissenschaftler und Linke für das Experiment
Unterstützung erhielt die Initiative beispielsweise von Wissenschaftlern wie dem ehemaligen Leiter des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar – und von der Linken Hamburg.
Kritik: Es werden falsche Anreize gesetzt
CDU, AfD, SPD und Grüne sprachen sich dagegen gegen den Versuch aus. SPD und Grüne halten das Modell für zu teuer und es biete keinen wissenschaftlichen Mehrwert, weil es andernorts bereits Modellversuche gebe. Zudem ist das Grundeinkommen nicht bedingungslos, da das Einkommen berücksichtigt wird. Für die CDU wäre das Volksbegehren „ein teures, unausgegorenes Abstimmungsprojekt, das mehr Fragen aufwirft als es beantwortet“. Die AfD beendete ihre Empfehlung für ein Nein zum Grundeinkommen mit einem einfachen „Ihre Steuern – Ihre Entscheidung“.
Allianz: „Teuer und nutzlos“
Auch in einem überparteilichen Wahlaufruf, der auch von zahlreichen Wirtschaftsvertretern unterzeichnet wurde, heißt es, dass falsche Anreize gesetzt würden. Zum „Nein“ zum Grundeinkommen schrieb das Bündnis in einem zentralen Satz: „Diese Frage können wir in Hamburg überhaupt nicht regeln, es wäre daher ein teurer und nutzloser Versuch.“
Kritik der Hans-Böckler-Stiftung
Und auch die mitarbeiterorientierte Hans-Böckler-Stiftung riet von einem steuerfinanzierten Grundeinkommen ab. Die Gefahr eines Trojanischen Pferdes sehen ihre Forscher unter anderem darin, dass die Kosten als Argument für die Streichung aller Transferzahlungen, auch der Renten, dienen könnten. Aus Sicht der Stiftungsforscher wäre es sinnvoller, Ausbildung, Familiengründung oder Unternehmensgründung durch großzügigere Transfers zu unterstützen.
Die Initiative blieb zuversichtlich
Laura Brämswig, Sprecherin der Grundeinkommensinitiative, zeigte sich dennoch zuversichtlich. Umfragen haben gezeigt, dass eine Mehrheit für den Modellversuch ist. Entscheidend ist laut Brämswig, dass genügend Hamburgerinnen und Hamburger wählen gehen. Aus Sicht der Initiative wäre ein Grundeinkommen ein Schritt hin zu einer gerechteren, solidarischeren Gesellschaft und damit ein Schutz der Demokratie. „Mit einem Grundeinkommen können sich Menschen entwickeln, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem Kontostand“, heißt es. Bisher ist das nicht der Fall. In Hamburg sind 27,8 Prozent der unter 18-Jährigen armutsgefährdet, 43 Prozent der Alleinerziehenden sind armutsgefährdet – obwohl viele arbeiten. Darüber hinaus handelt es sich bei 40 Prozent der Arbeitsplätze um Aushilfs-, Aushilfs- oder Minijobs.
Zweiter Modellversuchsversuch
Es war der zweite Versuch der Initiative, einen Modellversuch für ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Anfang 2020 hatten die Initiatoren bereits die nötige Anzahl von 10.000 gültigen Unterschriften gesammelt. Ein anschließend geplanter Volksentscheid wurde jedoch im Sommer 2023 vom Hamburger Verfassungsgericht auf Antrag des rot-grünen Senats gestoppt. Anschließend überarbeiteten die Initiatoren ihren Gesetzesentwurf und starteten die neue Initiative.
Hamburger könnten wählen
Wer bisher noch nicht von seinem Briefwahlrecht Gebrauch gemacht hat, konnte seine Stimme am 12. Oktober zwischen 8 und 18 Uhr in einem von 185 Wahlzentren abgeben. Am Abend wurden die Stimmen ausgezählt. Die Mehrheit der Wahlberechtigten in Hamburg stimmte gegen einen Modellversuch.
Neben dem Volksentscheid zum Grundeinkommen konnten die Hamburgerinnen und Hamburger am Sonntag auch über den „Hamburger Zukunftsbeschluss“ abstimmen. Diese Initiative war erfolgreich. Damit soll die Stadt bis 2040 klimaneutral werden – fünf Jahre früher als vom rot-grünen Senat geplant. Um Klimaneutralität zu erreichen, wollen die Initiatoren unter anderem jährliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festlegen, die durch Monitoring überprüft werden.