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Grüne in Mecklenburg-Vorpommern: Belästigungsvorwürfe gegen Spitzenkandidat Oehlrich

Gut zehn Monate vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern rutschen die Grünen immer tiefer in die Krise. Gegen Fraktionschefin Constanze Oehlrich liegen zwei Beschwerden von Fraktionsmitarbeitern vor. Dies bestätigte eine Sprecherin der Fraktion gegenüber dem Tagesspiegel, worüber zunächst die Ostsee-Zeitung berichtete.

Wie der Tagesspiegel aus Parteikreisen erfuhr, soll es sich bei den Vorwürfen unter anderem um Machtmissbrauch und Belästigung handeln. Es gab Liebesbekundungen und unerwünschte Berührungen von Oehlrich.

Die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion in Schwerin wollte sich zu dieser Darstellung nicht äußern. „Um die Persönlichkeitsrechte zu schützen und die Integrität des Prozesses zu wahren“, werden keine Einzelheiten der Beschwerden veröffentlicht. Das „seit einiger Zeit“ laufende Verfahren werde von einer „spezialisierten Anwaltskanzlei“ fachlich und juristisch begleitet, hieß es.

73,3

Prozent Constanze Oehlrich erhielt den Preis, als sie bei der Landtagswahl als Spitzenkandidatin der Grünen antrat. Es gab keine Gegenkandidatur.

Für die Grünen im Nordosten ist der Vorgang äußerst brisant, denn der 50-jährige Oehlrich soll die Partei bei der Landtagswahl im nächsten Jahr anführen. In Umfragen liegen die Grünen bei fünf Prozent, der Wiedereinstieg könnte zu einer Zitterpartei werden.

Bereits vor einigen Wochen hatte ein schwerer Streit die kleine Fraktion belastet. Gemeinsam mit der Parlamentarischen Geschäftsführerin Jutta Wegner stellte Oehlrich im September einen Antrag auf Abwahl von Hannes Damm als stellvertretendem Fraktionsvorsitzenden.

Dem Energie- und Umweltexperten der Grünen im Schweriner Landtag, der sich im Untersuchungsausschuss zu Nord Stream 2 über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat, wurde damals ein „massiver Vertrauensbruch“ vorgeworfen. Worin das bestand, wurde nicht erklärt. Mit den Stimmen von Oehlrich, Wegner und den beiden anderen Grünen-Abgeordneten wurde Damm endgültig seines Amtes enthoben.

Wenige Tage später, auf dem Landesparteitag in Wismar, scheiterte Damm mehrfach mit seinem Versuch, einen aussichtsreichen Listenplatz zu ergattern. Fragen zu den Ereignissen rund um Damm waren auf dem Parteitag nicht gestattet. Stattdessen wählten die Delegierten den Landesvorsitzenden der Grünen, Ole Krüger, auf Platz zwei der Liste. Oehlrich wurde mit dem schwachen Ergebnis von 73,3 Prozent ohne Gegenkandidaten zum Spitzenkandidaten gewählt.

Kein Zusammenhang zwischen Abwahl und Beschwerde?

Es bestehe kein Zusammenhang zwischen Damms Abwahlantrag und den Beschwerden gegen Oehlrich, versicherte die Fraktionssprecherin auf Tagesspiegel-Anfrage. „Es besteht kein Zusammenhang zwischen den laufenden Personalverfahren und dem Vertrauensverlust, der zur Abwahl von Hannes Damm durch die Bundestagsfraktion geführt hat.“

In einem internen Brief von Damm, der vor dem Landesparteitag an hochrangige Vertreter des Landesverbandes verschickt wurde und der exklusiv dem Tagesspiegel vorliegt, stellte der 33-Jährige dies grundsätzlich anders dar. Auf Nachfrage des Tagesspiegels am Donnerstag wollte sich Damm dazu jedoch nicht äußern.

Die Landesvorsitzende der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern, Katharina Horn, wollte die Vorwürfe gegen Oehlrich auf Nachfrage nicht bewerten: „Als Landesvorstand ist uns grundsätzlich klar, dass Arbeitgeber eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmern haben“, antwortete sie dem Tagesspiegel schriftlich. Sollte es dennoch zu Fehlverhalten kommen, sei klar: „Die Ermittlungen müssen strukturiert und vor allem fair gegenüber den Betroffenen sein.“

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