Google: Der versteckte Sieg der EU in ihrer Niederlage gegen Google

Google: Der versteckte Sieg der EU in ihrer Niederlage gegen Google

Das Gericht der EU hat eine hohe Wettbewerbsstrafe aufgehoben, die die EU-Kommission gegen Google verhängt hatte. Die Richter kritisierten die Beweisführung der Kommission. Berufung wird es wohl nicht geben, denn das Urteil bringt die EU in einem entscheidenden Punkt weiter.

Im Streit um eine Wettbewerbsstrafe von 1,49 Milliarden Euro hat Google vor dem EU-Gerichtshof einen Sieg errungen. Die EU-Kommission habe nicht ausreichend nachgewiesen, dass Google seine marktbeherrschende Stellung bei der Suchmaschinenwerbung beim Dienst „AdSense for Search“ missbraucht habe, entschieden die Richter. Gegen das Urteil kann noch Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt werden.

Mit dem Google-Dienst „AdSense for Search“ können andere Websites Google-Suchformulare einbinden und im Gegenzug Dienste anbieten. Die Vereinbarungen mit Google enthielten allerdings zunächst Klauseln, die die Anzeige konkurrierender Dienste einschränkten oder ganz untersagten. Mehrere Unternehmen beschwerten sich bei den Kartellbehörden, darunter Microsoft, Expedia und die Deutsche Telekom. Google nahm daraufhin Änderungen am Modell vor.

Finanziell ist „AdSense“ für das Unternehmen eher ein Nischenprodukt. Die EU-Kommission hatte 2019 Verstöße von Google zwischen 2006 und 2016 festgestellt und daraufhin ein Bußgeld verhängt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Microsoft seine Klage allerdings bereits zurückgezogen – der Fall handelte es sich aus Sicht von Marktbeobachtern eher um ein Randthema, und auch Google hatte die entsprechenden Klauseln geändert.

„Dass die Kommission in diesem Fall 200 Seiten Begründung investiert hat, hat mich schon 2019 überrascht. Aus Sicht von Wettbewerbsexperten hätte es sicherlich drängendere Fragen gegeben“, kommentiert Thomas Höppner, Partner der Kanzlei Hausfeld und Experte für Kartellrecht.

Die Richter des zweithöchsten EU-Gerichts bestätigten zwar die meisten Feststellungen der EU-Kommission, erklärten die Wettbewerbsstrafe jedoch für nichtig. Die Brüsseler Behörde habe bei der Beurteilung, ob die Vertragsklauseln von Google missbräuchlich seien, nicht alle relevanten Umstände berücksichtigt. Insbesondere seien die Fristen in den Klauseln relativ kurz gehalten und niemand sei dauerhaft an Google gebunden.

„Wir freuen uns, dass das Gericht Fehler in der ursprünglichen Entscheidung erkannt und die Geldbuße aufgehoben hat“, erklärte Google. Der Fall betrifft eine sehr begrenzte Kategorie reiner Textsuchanzeigen, die auf den Websites einer kleinen Zahl von Publishern platziert werden.

Die Frage ist nun, ob die Kommission Berufung einlegt und den Fall vor die nächste Instanz, den EuGH, bringt. Experte Höppner bezweifelt dies angesichts des aktuellen Urteils: „Die Richter bestätigen in ihrem Urteil den Großteil der Feststellungen der Kommission.“

Aus Sicht der Wettbewerbshüter ist vor allem ein Punkt des heutigen Urteils eher ein Sieg der Kommission: „Die Richter haben die sehr klare Marktabgrenzung der Kommission im Online-Werbemarkt bestätigt.“

Gericht bestätigt, dass es mehrere Märkte für Online-Werbung gibt

Das Gericht bestätigt damit, dass es aus Wettbewerbssicht nicht nur einen großen Markt für Online-Werbung gibt, sondern separate Märkte für Produktwerbung, Online-Werbung, Suchmaschinenwerbung usw. Jeder dieser einzelnen Märkte kann auf Kartellverstöße untersucht werden.

Damit können sich die Wettbewerbsbehörden auch in allen künftigen Verfahren gegen die US-Internetkonzerne auf diese Marktabgrenzung stützen. „Die Kommission wird die Entscheidung zu dieser Marktabgrenzung in einem Rechtsmittelverfahren nicht gefährden wollen. Ich glaube deshalb nicht, dass die Kommission nun den Weg zum EuGH beschreiten wird.“

Die Werbemarktdefinition der EU-Wettbewerbsbehörden wird weltweit bereits in anderen Verfahren als Maßstab verwendet. So führt das US-Justizministerium derzeit in den USA ein Wettbewerbsverfahren, bei dem es um die Werbevermittlungsplattform von Google geht.

Vergangene Woche musste Google vor dem Europäischen Gerichtshof eine Niederlage einstecken: Die Richter bestätigten eine von der EU-Kommission verhängte Geldbuße in Höhe von 2,4 Milliarden Euro im Zusammenhang mit Googles Preisvergleichsdienst Google Shopping.

Der Tech-Riese missbrauchte seine Marktmacht, indem er auf der allgemeinen Suchergebnisseite die Ergebnisse seines eigenen Preisvergleichsdienstes gegenüber denen der Konkurrenz bevorzugte. Hier hatte Google bereits vor dem Urteil Änderungen vorgenommen.

In Brüssel wird seit Jahren darüber gestritten, wie sich Wettbewerbsverzerrungen durch die Tech-Riesen verhindern lassen. Neben Gesetzen wie dem Digital Markets Act (DMA), der die Dominanz großer Online-Plattformen bekämpfen soll, verhängten die Wettbewerbshüter der EU-Kommission in den vergangenen Jahren mehrere Bußgelder gegen Google in einer Gesamthöhe von gut acht Milliarden Euro.

Das Unternehmen konnte diese Veränderungen mit seinem florierenden Online-Werbegeschäft schnell verarbeiten, musste in einigen Fällen jedoch sein Geschäftsmodell ändern.

Benedict Fuest ist Wirtschaftskorrespondent für Innovation, Netzwelt Und ES.

Mit dpa

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